Aus der Werkstatt
Wochenrückblick KW46+47 / 2023
veröffentlicht: 25.11.2023 · Franziska Köppe | madiko
Aus der Werkstatt 2023
[ 2023 Franziska Köppe | madiko ]
Es ist Samstag. Ich blicke zurück auf zwei Wochen, in denen ich eigenverantwortlich über meine Zeit entscheiden konnte. Mithin: Es waren Wochen des Zeitwohlstands. Ich hatte ein wunderbares Treffen mit einem Freund, den ich viele Jahre schon nicht mehr gesehen hatte. Wir saßen uns Aug in Aug bei einem leckeren französischen Frühstück gegenüber: Frische Croissants aus dem Elsass und aufgeschäumte Hafermilch mit einem Schuss Espresso. Sehr lecker. Und vor allem sehr unterhaltsam.
Bemerkenswert an unserem Gespräch war, dass er viel von persönlichen Dingen erzählte, während sich bei mir der aktuelle unternehmerische Fokus aufdrängte. Nach zwei Stunden stellten wir da ein gewisses Missverhältnis fest. Es ist ein Muster und ich sollte da gegensteuern, mahne ich mich an dieser Stelle selbst. Nun denn, WandelMut ist einfach auch das, was mich derzeit am stärksten beschäftigt. Keine Frage. Immerhin: Da ging es gut voran. Dazu gleich unten mehr.
Aufgefallen an diesem Dialog ist mir ferner, dass uns ein ausgesprochen optimistisch-positives Gespräch mühelos gelungen ist. Und das, obschon wir beide intensive Phasen der Wandlung unserer Lebensumstände durchleben, die uns – jede:n auf seine:ihre Weise – stark fordern und viel abverlangen. Kein Wehklagen. Kein Weltschmerz. Kein selbst-zerstörerischer Altruismus. Das war großartig. Getragen ist’s von der Freundschaft, die uns verbindet. Erfreut stelle ich fest, dass sie lange Unterbrechungen eines Kontaktes stabil standhält. Leichthin knüpfen wir an und bauen sie aus. Ich mag diese Arten von Beziehungen. Sie machen das Zusammensein um so vieles einfacher und schöner. Jedes Treffen zahlt ein auf die Selbstwirksamkeitserwartung. Auch dafür ein Danke.
Das kann ich in Kürze erneut in der Praxis prüfen und mich in einer ausgewogeneren Balance der unterschiedlichen Lebenssphären üben. Die nächste Verabredung mit einem anderen Freund ist getroffen. Ich freue mich sehr darauf. Er gehört ebenfalls zu der Sorte, bei denen ich mich im Gespräch stets loseisen muss und ein Gesprächsende von uns beiden herausgezögert wird.
Beschwingten Schrittes, das Herz erfüllt, Herbstwind um die Nase drehte ich anschließend meine Runde im Quartier und startete voller Tatendrang mein Tagwerk. Und so kann ich berichten aus der Werkstatt. Wohlan!
WandelMut
Aus der Manufaktur der Bewegung und Kooperative
Im Zentrum meiner Arbeit steht weiterhin die WandelMut LeseLust. Meinem Plan folgend widmete ich mich der Qualitätssicherung des REDAXO-AddOns “Books” und dem Test der Funktionen für Redakteure. Nun kann ich verkünden: Es ist vollbracht. Die Erweiterung für die Plattform ist fertig. Daten können von mir – später auch von den Nutzer:innen– eingetragen werden.
Nächster Schritt: Module erarbeiten, um die Daten aus der Datenbank je nach Bedarf auszulesen und – aufgehübscht – Nutzer:innen anzuzeigen. Mit diesem Teil der Programmierung geht es kommende Woche weiter.
Schauen wir uns das Ganze genauer an, denn es gab wieder viel zu lernen und zu entdecken:
Wunder der Technik
Beim Programmieren und Testen stellte ich aufs Neue fest, dass zwei technisch identische Systeme nicht zwangsläufig zu gleichen Ergebnissen kommen müssen. Was in einem System fehlerfrei funktionierte, läuft im Entwicklungssystem nicht. Merkwürdig. Was da wie dazwischen funkt? Ich habe bis heute die Ursache nicht gefunden. Tipps aus der REDAXO-Community testete ich und konnte sie ausschließen. Immerhin.
Da das System, in das ich das AddOn einbaue, funktioniert wie es soll, werde ich meine Entwicklungsumgebung platt machen. Ich werde es auf Basis des funktionierenden Systems neu aufbauen. In der Hoffnung, dass beide dann wieder synchron laufen. Diese Arbeit würde ich mir gern sparen. Nun denn. Jammern nützt nix. Vermutlich bekomme ich den Fehler über das Einspielen eines Backups schneller eliminiert als mich länger in den Untiefen des Codes mit Versuch und Scheitern voranzutasten.
Bücher-Datensätze in die Datenbank schreiben ✔
Das größte Erfolgserlebnis der Woche: Ich bin nun in der Lage, Bücher und Hörbücher unterschiedlicher Kategorien samt Verlagen in die Datenbank einzupflegen und zu indexieren. Ferner klappt es, Urheber:innen mit ihren verschiedenen Werken und den jeweiligen Rollen (Autor:in, Herausgeber:in, Illustrator:in, Übersetzer:in, Sprecher:in usw.) miteinander zu verknüpfen. Dabei ist egal, ob ich vom Buch aus die Urheber:innen zuordne – oder bei einer Urheberin, bei einem Urheber Werk und entsprechende Rolle.
Ferner konnte ich im Backend für die Daten-Pflege das Design mit minimalen Eingriffen verbessern. Mein Ziel war es, dass es optisch einfacher wird, redaktionell den Überblick zu behalten. Dabei achtete ich auf Barriere-Freiheit. Herausgekommen ist eine Lösung, die Farb-Kontraste berücksichtigt. Zudem sind sämtliche Formulare per Tastatur bedienbar. Ich übe, auf die Maus zu verzichten. Dirk klingeln vermutlich jetzt die Ohren. Ich find’s klasse. Ich arbeite gern ohne abzusetzen. Es heißt ja nicht für ungefähr “key short cuts” – Abkürzungen. Ich bin viel schneller.
Insgesamt sieht das Backend also nicht nur gut aus, es ist barrierefrei und zukunftsrobust. Sehr schön. Was meinst Du?
Bildschirm-Foto REDAXO AddOn Books – Bücher als Liste (Test-System)
[ 2023-11-25 Franziska Köppe | madiko ]
Bildschirm-Foto REDAXO AddOn Books – Bücher Formular für Redaktion
[ 2023-11-25 Franziska Köppe | madiko ]
Parallele Marktplätze für gedruckte Bücher, elektronische Bücher und Hörbücher
Nachdem ich für gedruckte und elektronische Bücher ein Häkchen machen konnte, wandte ich mich den Hörbüchern zu. Rudimentär kann ich Audio-Medien anlegen. Sie mit Verlagen, Urheber:innen und Katalogisierung zu verknüpfen, klappt auch. Das hatte ich ja frisch gelernt, wie es geht. Die Programmierung war daraufhin zügig umgesetzt. Hier wartete die Überraschung an anderer Stelle.
Als ich mich an die konkrete Ausgestaltung der Formulare für die Hörbuch-Formate und Bestell-Möglichkeiten setzte, öffnete sich mir eine gänzlich neue Welt. Die Branche entpuppt sich als weit verzweigtes Ökosystem, in das ich drohe hineingezogen zu werden. Ich ramme also die Hacken in den Grund und ziehe an den Zügeln meines Perfektionismus.
Hörbücher sind Teil einer lebendigen Multi-Media-Landschaft. Ich halte grob als Zeitzeugnis die gängigsten Formate fest, die mir im Bereich Lebens- & Arbeitswelten mit Zukunft mit Fokus auf Wissenschaften, Wirtschaft, Kunst & Kultur rund um Sachliteratur begegnen:
- Lesungen (ungekürztes Vorlesen des Buches).
- Vorlesung(en) zum Buch (für Audio didaktisch überarbeite Inhalte aus dem Buch).
- Podcast zum Buch (zumeist eine Mischung aus Lesung, Vorlesung und Gesprächen rund ums Buch, die Dialoge können Teil des Fach-/Sachbuchs sein oder es ergänzen, in der Regel initiiert von den Urheber:innen).
- Audio-Reportage (hierbei steht die auditive Dokumentation im Vordergrund, sie findet sich oft als Transkript in gedruckter oder elektronischer Form wieder. Sie ergänzt Text und visuelle Medien).
- Audio-Handbücher (quasi das Pendent zum visuell-textlichen Handbuch. Ihr Schwerpunkt liegt auf der praktischen Anwendung des Gehörten, was in Bedienungsanleitungen geschrieben, als Grafik oder Illustration steht, wird auditiv adaptiert und didaktisch aufgearbeitet).
- Live-Mitschnitte (hier entstand erst das Audio, aus dem gegebenenfalls andere Medien entwickelt werden/wurden).
Der Vollständigkeit halber: In den Bereichen Belletristik sowie Kinder- und Jugend-Hörbücher gibt es noch Hörspiele. Sie sind bei Hörer:innen als Einschlaf-Hilfe beliebt. Hörbuch-Apps haben daher in aller Regel eine In-den-Schlummer-Funktion.
All diese Konzepte fließen in die unterschiedlichsten Publikations-Formate. Wie Audio unter die Leute gebracht und vermarktet wird, reicht vom CD-Verkauf über Angebote zum Herunterladen bis hin zu Abo-Modellen oder On-Demand-Diensten. Ich hinterfrage den Nutzen, den ich mit WandelMut aufgreifen und bedienen möchte. Für all diese Ansätze ein technisches System aufzubauen, das mit der Vielfalt im Sachliteratur-Markt klar kommt, ist herausfordernd.
Verlage, die drucken, veröffentlichen mit hoher Wahrscheinlichkeit heute auch elektronische Bücher. Hörbücher werden hingegen von (unabhängigen) Hörbuch-Verlagen, Streaming-Dienstleistern und Rundfunk-Anstalten publiziert. Autor:innen (denglisch als content creator bezeichnet), Blinden-Organisationen, Zivil-Gesellschaft und Handel sind dabei ebenfalls wichtige Markt-Begleiter und Treiber der Entwicklung.
Ein spannender Fun-Fakt: Anbieter aus Schweden sind Vorreiter im Hörbuch-Markt. Dazu unten eine Podcast-Empfehlung (wie kann es anders sein). Lennart Schneider unterhielt sich via “Subscribe Now” mit Kathrin Rüstig von BookBeat. Nachdem ich mich eingelesen hatte, war das eine meiner Quellen der Recherche.
Dynamische Kräfte-Verhältnisse auf dem Buch-Markt
Hoppla, den “Bücher-Markt” hatte ich verkannt. Meine Einschätzung war falsch, dass es sich beim Vertrieb von Druck, E-Books und Hörbüchern um einen (mehr oder weniger) homogenen Marktplatz handle. Vielmehr sind es Parallel-Universen mit ihren je eigenen Regeln, Strukturen und Mustern. Die Brücke vom Druck zum Audio ist das elektronische Lese-Buch. E-Books finden sich auf beiden Online-Märkten.
Ferner gibt es verschiedene Verbindungen zwischen Formaten und Markt-Schauplätzen. Herausgeber und/oder Autor:innen bereiten Inhalte zunehmend multi-medial auf. Das zeigt sich insbesondere für Hörbücher. Sie sind nicht mehr nur Zweit-Vermarktung gedruckter Werke (Lesungen). Mir fallen eine ganze Reihe Podcaster:innen ein, die Bücher herausgeben. Beispielsweise auch, um ihren Podcast quer zu finanzieren. Sie streben danach, ihre Inhalte einem breiteren Publikum anzubieten. So gelingt es ihnen, über ihre eigenen Kreise hinauszukommen. Sie stellen dabei fest, wie schön es ist, ein Buch in Händen zu halten. Es wird greifbar, was sonst nur über den Äther geht.
Im Zuge der Papier-Krise der letzten Jahre fragten sich viele, ob sie sich gedruckte Bücher leisten wollen. Teilen, Leihen und sekundäre Nutzung sind im Büchermarkt nicht neu. Schon die alten Ägypter teilten ihre Papyrus-Rollen. Allerdings muss so mancher Verlag mit spitzem Bleistift kalkulieren. Wobei ich mich dabei ja eher frage, warum wir nicht den Massen-Markt der schnelllebigen Billig-Wegwerf-Bücher und Magazine hinterfragen… Anderes Thema, das zu zirkulärem Wertschöpfen gehört und ich hier ausklammere.
Zukünftig also Bücher nur elektronisch?! Auch das hat seine Tücken. Ich verstand zum Beispiel lange nicht, wieso ich nicht unbegrenzt E-Books via OverDrive, meiner Online-Bibliothek, ausleihen kann. Wieso gibt es Wartezeiten auf die On-Leihe? Sind die Daten hochgeladen – so mein laienhafter Gedanke – müsste es doch der Plattform egal sein, wer alles vom Werk Gebrauch macht. Dabei ging ich davon aus, dass sie erfassen, wie oft welches Buch ausgeliehen und gelesen beziehungsweise gehört wird. Damit – so meine Annahme weiter – sind Tantiemen problemlos errechenbar und nutzungsgesteuert an Verlag und Urheber:innen auszuzahlen.
Buch- und Hörbuch-Markt funktionieren jedoch anders. Das finanzielle Risiko trägt die Plattform. Sie schließt ihre unternehmerische Wette darauf ab, wie oft welche Bücher abgerufen werden und zahlt Lizenzen für das Gesamt-Paket pro Laufzeit (mit entsprechenden Limits) an die Herausgeber:innen. Eine Markt-Macht der Verlage, die sich zukünftig als fragil erweisen wird. Denn es ist eine künstliche Verknappung eines technisch verfügbaren Gutes. Warten sind Konsument:innen immer weniger gewohnt.
Die Leser:innen und Hörer:innen-Perspektive ist interessant: Die hohe Verfügbarkeit und das riesige Angebot gefallen und überfordern uns gleichermaßen. So stöhnen wir über die Vielzahl der Abonnements, die wir jonglieren. Die Angst, etwas zu verpassen. Die Lust daran, alles besitzen und nutzen zu wollen, was uns dargeboten wird. Alles vergleichen, abwägen, entscheiden. HILFE! Also wollen wir nicht drölfzig Abos mit ihren jeweiligen Abo-Geschäftsmodellen. Wir wollen nicht ständig den Umgang mit Apps neu lernen. Wir wünschen uns kuratierte Inhalte zu unseren vielfältigen Interessen. Und das möglichst an einem Ort, zumindest gebündelt mit der Option unsere Lieblinge zu filtern und für unsere Bedürfnisse zu optimieren.
Wir wünschen uns Angebote, die mit unserem Nutzungsverhalten in Einklang stehen – weder zu umfangreich noch zu klein. Gleichwohl machen uns die Algorithmen zu Recht Sorgen. Denn sie entmündigen uns und führen in die erlernte Hilflosigkeit. Auf Basis vergangener Entscheidungen – unserer eigener und die anderer Nutzer:innen – wird uns die Auswahl eingeschränkt und vorselektiert. Die Geister, die ich rief in elektronischer Form. Im Zuge der digitalen Transformation ist ferner zu beobachten, dass sich in Deutschland nach und nach die Erkenntnis breit macht, dass ein solches, qualitativ hochwertiges Kuratieren und ein bedienerfreundliches Design der Applikationen seinen Wert hat. “Geiz ist geil” und Schnäppchen-Jäger:innen ebben ab. Das ist gut so! Viele Aspekte also, die hier zusammenspielen und auf den Markt wirken.
Ich bin gespannt, wie die Akteure das Zusammenspiel der Kräfte von Autor:innen – Produzent:innen – Online-Plattformen – Hörer:innen weiter beeinflussen werden. Den Wandel verstärken innovative Formen der (Re)Finanzierung, wie beispielsweise Schwarm-Finanzierung. Alle Akteure sind experimentierfreudig. Als neue Spieler mischen vor allem Streaming-Plattformen den Markt auf und hinterlassen ihren eigenen Charakter. Manche versuchen über exklusive Inhalte und Kooperationen, ihre wankelmütige Abonnentenschaft an sich zu binden. Andere sind Bühne der Akteur:innen und gehen bewusst nicht in Konkurrenz zu ihnen. Gleichwohl zeigt sich, dass das nicht nötig oder sinnvoll ist. Als Gesellschaft sind wir ohnehin überfordert von all den Möglichkeiten und Angeboten. Veränderungen vollziehen sich hoch dynamisch. In jedem Fall spannend und interessant zu beobachten.
Zwischen-Fazit & Ausblick
Meine bisherige Recherche und Markt-Beobachtung hat mich so weit in die Lage versetzt, dass ich die Buch-Branche(n) grob überblicke. Was mich zurück zur WandelMut LeseLust bringt. Mit dem REDAXO-AddOn “Books” sollte ich einen guten ersten Aufschlag hinbekommen haben für unseren kuratierten Buch- und Hörbuch-Marktplatz.
Dafür habe ich bei den Streaming-Anbietern den ein oder anderen Abstrich bei meinen hohen Maßstäben an Hacking-Ethik in Kauf genommen. Das ist vergleichbar zu den Kompromissen im Bücher-Markt bezüglich Amazon. Als nächsten Schritt werde ich die Recherche durchlaufen, inwiefern ich Affiliate-Optionen habe, die ein Re-Finanzieren meiner Arbeit langfristig ermöglichen.
Zusammenfassend stelle ich also fest, dass ich im Abarbeiten der Aufgabe, das AddOn auf Qualität und seine Praktikabilität zu prüfen, gleich mehrere Rollen wechselnd annahm und erfüllte:
- Testerin und Qualitätsprüferin der Software
- Redakteurin für die WandelMut LeseLust
- Software-Entwicklerin im Überarbeiten der Schwachstellen an den Funktionen
- UX-Designerin fürs REDAXO-Backend des Portals
- Web-Designerin im Adaptieren des UX an die gewünschten Änderungen
- Strategie-Entwicklerin fürs Unternehmen
- Projekt-Leiterin, die Zeit und Budgets im Auge behält und entsprechend steuert.
Im Arbeitsalltag sind die Übergänge zwischen den Rollen fließend. Eh klar. Das birgt für Perfektionistinnen wie mich eine hohe Gefahr: Ohne die Abgrenzung je nach Sachverhalt kann ich mich in der Fülle der Aufgaben und zum Teil widersprüchlichen Anforderungen gehörig verheddern. Daher lohnt es sich, mir meiner Rollen bewusst zu werden. Sie aufzudröseln und ihnen Richtungskompetenzen zuzuweisen. So kann ich in der konkreten Situation klüger und wohl-dosierter agieren.
Bei aller Vernunft und unternehmerischem Kalkül bleibt indes eines außen vor. Lass uns da mal genauer draufschauen, was diese Woche bei mir ungebeten reinfunkte: Gefühle!
Unternehmerische Entscheidungen anhand der gesellschaftlichen Wirkung fällen
Sinn-Kopplung im Spannungsverhältnis von Vernunft und Resonanz
Neben dem rudimentären Reinfinden in den Buch-Markt kann ich Fortschritte in meinen Fachkompetenzen als Hackse verbuchen. Ich spielte bezüglich der Programmierung für die Datensatz-Pflege ein neues “Level” hinsichtlich multi-direktionaler Relationen auf – und das führt zu Gefühlen und Wünschen, die für mich aktuell extrem schwer zu ignorieren sind.
Neue Handlungskompetenzen
In REDAXO heißt die Funktion zum Steuern multi-direktionaler Relationen “be_manager_relation”. Sie wird von Yakamara zur Verfügung gestellt mit dem REDAXO AddOn YForm. Es geht um Beziehungen 1:n und m:n zwischen normalisierten Daten. Ziel dieses Vorgehens ist es, Datensätze so sparsam und effizient wie möglich einzusetzen. Dopplungen vermeiden.
Auf diese Weise kann Speicherbedarf reduziert werden. Datenbank-Abfragen werden effektiver. Nutzer:innen erhalten bessere Ergebnisse beim Filtern und Suchen. Wobei mir bewusst ist, dass ich ihre Wahl-Möglichkeiten mit dem Normalisieren und der Programmierung einschränke. (Die Verantwortung der Software-Entwickler!) Daher orientiere ich mich an allgemeinen Standards, beispielsweise dem für Audio-Books oder dem für Rezensionen.
Hinter den Links verbergen sich US-amerikanische Normen. Ich gleiche sie darum stets ab mit dem, was am Markt in Europa üblich und bedienerfreundlich im Sinne der humanistisch-aufgeklärten Eigenverantwortung der Nutzer:innen ist. Mein Ziel ist ja, dass es Nutzenden einfacher werden soll, sich aus dem kuratierten Angebot das herauszugreifen, was sie in ihrem Arbeitsalltag für Klima-Resilienz und zirkuläres Wertschöpfen benötigen.
Das sind Gedanken, die mich beim Programmieren dieser 1:n und m:n-Beziehungen umtreiben. Diese werden in Tabellen – als sogenannte Relationen – zusammengefasst. Tricky ist, was Redakteur:innen im Arbeitsprozess beim Befüllen der Datensätze angezeigt wird. Ich hatte oben die Formulare für Redakteur:innen als Bildschirm-Foto eingebunden. So sieht das Ganze aus Sicht einer REDAXO-Administratorin aus:
Bildschirm-Foto REDAXO AddOn Books / YForm Table-Manager
[ 2023-11-25 Franziska Köppe | madiko ]
Bildschirm-Foto REDAXO AddOn Books / YForm Table-Manager (Detail)
[ 2023-11-25 Franziska Köppe | madiko ]
… bzw. auf Ebene der Software-Entwicklung so (Ausschnitt, insgesamt hat rex_configurator_books_books 2625 Code-Zeilen):
Bildschirm-Foto REDAXO AddOn Books – Bücher Formular für Redaktion aus Sicht der Software-Entwicklung
[ 2023-11-25 Franziska Köppe | madiko ]
Während die Technik über IDs – automatisiert vom System hochgezählte Kennziffern – die Relationen herstellt, wünscht sich unsereiner Text. Die ID einer Relation muss also aufgeschlüsselt werden in einen Buch-Titel oder die deutsche / englische Bezeichnung für eine Kategorie. Das ist komplex, wenn auch keine Raketen-Technologie. Die REDAXO-YForm-Doku ist hilfreich und umfangreich. Um die Möglichkeiten von YForm effizient für meine funktionalen Wünsche ans System anwenden zu können, habe lange und ein intensives Arbeiten mit YForm gebraucht.
Emotionen und das Abwägen von Prioritäten im Arbeitsalltag
Im Bewusstsein, einen großen Fortschritt im Lernen und Anwenden erreicht zu haben, überfällt mich unerwartet eine emotionale Herausforderung. Ich verspüre den starken Drang, meine Lernkurve als Schulungsvideo oder schriftliche Anleitung für mir nachfolgende REDAXO-Entwickler:innen aufzunehmen und zu publizieren. Ich fühle mich im Zugzwang, meine AddOns zum Teilen als Open Source der REDAXO-Community zur Verfügung zu stellen. Dieses Gefühl will einfach nicht verschwinden, obschon mir klar ist, dass damit enorm viel Arbeit verbunden ist. Warum ist das so?
Diese Affekte haben Auswirkungen auf mein Setzen von Prioritäten. Wir alle wägen täglich ab, worin wir unsere Zeit investieren. Die Aussage: “Dafür habe ich keine Zeit.” ist im Grunde falsch. “Dafür nehme ich mir keine Zeit.” ist richtiger. Doch so einfach ist das mitunter nicht. Aufkommende Emotionen, wie ich sie derzeit erlebe, können fokussiertes Arbeiten penetrant stören. Ich kenne sie als Verhaltensmuster und “alte Bekannte”. Es ist Fluch und Segen zugleich. Nicht für ungefähr liest Du hier einen langen Werkstatt-Bericht, nicht wahr?! 😉
Im konkreten Fall schwingt mein Bedürfnis, mich in die Gesellschaft einzubringen, schon eine Weile bei mir mit. Aktuell drängt es sich arg in den Vordergrund. Ich muss regelrecht dagegen ankämpfen. Es lenkt mich vom konzentrierten Arbeiten ab.
Versuche ich, meine Gefühle aufzudröseln, fällt mir als Erstes daran auf, dass ich durch meine Art zu Lernen getriggert werde. Vergangene Erfahrungen in Sachen “Lernkurven verkürzen” lehren mich, dass es anstrebenswert ist, Erkenntnisse zu teilen. Wissen so gut zu durchdringen, dass ich es anderen erklären kann – dann weiß ich mit Bestimmtheit, dass ich es mir anverwandelt habe und anwenden kann.
Ferner eröffnet mir das Erweitern der YForm-Doku und das Zur-Verfügung-Stellen meiner AddOns die Chance, die empfundenen “Schulden” auszugleichen, die ich mittlerweile in der REDAXO-Community aufgebaut habe. Denn bisher profitiere ich von der großartigen Vorarbeit der anderen. Ich konnte jedoch nur wenig in die Gemeinschaft zurückgeben, was ihnen von Nutzen sein kann. Open Source lebt vom Geben und Nehmen. Quell-offene Software zahlt auf die Souveränität und Autonomie unserer Gesellschaft ein. Alles hohe Güter, die es zu unterstützen gilt. Warum also den Gefühlen widerstehen? Es spricht doch so viel dafür, ihnen nachzugeben.
Nun, es stehen konkrete unternehmerische wie persönliche Motive dagegen. Meine Zeit ist sinnvoller in die Weiterentwicklung der Plattform WandelMut investiert. Zudem habe ich wirtschaftliche Interessen, dass WandelMut online gehen kann. Die Früchte aus langer, harter Arbeit soll ich bald ernten können. Ablenkungen kann ich also nicht brauchen. Wie komme ich zu diesem Entschluss? Und was macht er mit mir? Und warum sabberlot(!), fällt mir das alles trotzdem so schwer?
Wachrütteln & Motive hinterfragen
Vermutlich ranken sich meine Gefühle um den Wunsch nach Zugehörigkeit. Derzeit bin ich in vielerlei Hinsicht noch eine Einzelkämpferin. Mit dem Portal bereite ich die technische Basis für die “eigentliche” Arbeit, die ich mit WandelMut zur Transformation der Gesellschaft hin zu Klima-Resilienz und zirkulärem Wertschöpfen anstoßen und realisieren möchte. Das System wird mein “Handwerkszeug”, um mit anderen gemeinsam inhaltlich zu wirken. Es mit Leben und Umsetzen der Themen und Vorhaben zu füllen. Es ist ein Gefäß, der Rahmen fürs Gestalten mit vereinten Kräften. Das bleibt vorerst Zukunftsmusik. Ich sitze hier derweil allein im Büro und schaffe – so konzentriert es geht – vor mich (für mich) hin.
Die Vernunft sagt daher: Meinen Lern-Prozess kann ich ebenso gut festigen, indem ich Wissen nach eigenem Bedarf in der Praxis anwende. So werde ich sattelfest. Mit jedem AddOn, mit jeder Funktionalität, die ich fürs Portal baue, stärke ich meine Fach- und Methoden-Kompetenzen. Mithin ist das Gegenteil der Emotion das Richtige. Jede Ablenkung, der ich verfalle, verlängert die Phase der Einsamkeit. Sie ist kontra-produktiv!
Warum kann ich mich dennoch so schwer von diesem Drang lösen? Selbst jetzt noch, da ich nun schon so viele Zeilen dazu schrieb?
Niedrig hängende Früchte sind nicht immer gesund für uns
Gäbe es einen Grund, mich für die Open-Source-Community dennoch zu engagieren? Schlummert dahinter ein versteckter Gewinn und Ertrag? Was sagt mir meine Intuition, das meiner Fähigkeit zur Artikulation noch verborgen ist und auf madiko einzahlt? Offensichtlich sind mein Bauchgefühl und mein Wünschen ja in diesem Fall besonders stark. Sonst würden sie nicht so persistent an mir rütteln. Hm.
Ich spüle Geschirr. Dabei stelle ich fest, wie mein Bauch grummelt. Hunger! Ich bereite mir ein leckeres Essen zu. Ein einfaches, vegetarisches Gericht: Reis mit Zucchini, Zwiebeln, Knoblauch. Gedankenverloren streue ich Oregano und Grana Padano darüber. Gemütlich, bei schöner Musik verspeise ich mein Festmahl. Schaue hinaus aus dem Fenster. Der Wind fegt eine dichte Wolken-Decke übers Firmament. Ab und an eine Lücke. Durch sie strahlt die Sonne. Es ist ein imposantes Spiel aus Licht und Schatten. Wie ein kosmischer Scheinwerfer verwandeln sich für einen Augenblick die novembrigen Regenschauer in Regenbögen.
Und so langsam dämmert es mir. Eine Lehre aus den Anfangsjahren meiner Selbständigkeit rückt ins Bewusstsein: Seit 2009 mache ich immer wieder die Erfahrung, die besten und lukrativsten Aufträge über mein Engagement fürs Gemeinwohl erhalten zu haben. Akquise im konventionellen Sinn – Kalt-Akquise oder Werbung gar – liegen mir überhaupt nicht. Ich werde engagiert, weil Menschen mich über Projekte und Real-Experimente entdecken.
Über die sichtbaren Ergebnisse meiner Arbeit für die Gesellschaft lernen sie mich kennen und schätzen. Sie kommen auf mich zu. Wir begegnen uns offen und aneinander interessiert. Beide Seiten wissen, dass es um das Austarieren der Bedürfnisse und Wünsche geht. In der Auftragsklärung reden wir über ihre Anliegen und den Anlass zum Handeln. Wir entwerfen und verhandeln Maßnahmen zur Umsetzung in ihrer Firma, im Wissenschafts-, Kunst- oder Kultur-Betrieb. Es wird konkret. Es hat Hand und Fuß. Mir geht es um ein Begleiten und Stiften von Nutzen in der Praxis der Anfragenden. Und um eine faire Entlohnung. Ihnen darum, schnell, effektiv und wirtschaftlich robust das nächst-bessere Plateau ihrer Arbeit bzw. ihres Geschäftsmodells zu erklimmen. Darin bin ich gut. So kommen meine Engagements zustande. So verdiene ich bisher mein Einkommen.
Allerdings, und das ist der Haken für mich: So arbeite ich von der Hand in den Mund. So hangle ich mich von einem Projekt, von einem Auftrag zum nächsten. Wirtschaftlich bleibe ich klamm. Meine Real-Experimente und der Teil “Social Business” stehen immer wieder zurück zugunsten der “Kunden-Projekte”. Will ich auf gesellschaftlicher Ebene eine höhere Wirkung erzielen, kann ich zwar dafür sorgen, dass ich mit jedem dieser “Kunden-Projekte” auf die von mir angestrebte soziale Wirkung einzahle. Ich bin jedoch stark fremd-gesteuert (für den jeweiligen Fall ok, auf Dauer eher sub-optimal). Für mich möchte ich Konstanz und Ruhe in die Arbeit reinbringen. Gleichwohl soll es meinen Mitstreiter:innen leichter werden, ihren Platz in meinem Netzwerk zu finden und ihre Wirkung nach eigenen Talenten und Interessen zu entfalten. Mehr Kooperation und Kollaboration als Einzel-Aufträge. Klima-Resilienz ist zu groß und zu komplex, um es als Einzel-Kämpfer zu schaffen.
Zurück zur aktuellen Frage: Wie wäge ich eigene Projekte ab – die mittelbar die oben beschriebene Wirkung (auch auf mein Konto) entfalten sollen? Dafür hat sich bewährt, die gesellschaftliche Wirkung (social impact) zu hinterfragen. Als Rahmen setze ich mir, dass ich die benötigte Zeit nicht von meiner Erholung abknapsen werde. Es geht also um die Arbeitszeit. Und das ist gut so. Als Anhängerin der feministischen Ökonomik zahle ich damit zusätzlich aufs Gemeinwohl ein, die verdeckten Arbeiten sichtbar zu machen und an die Wasser-Oberfläche zu holen.
Feministische Ökonomie: Eisberg-Modell
(nach Mies / von Werlhof / Bennholdt-Thomsen)
[ 2021-11-03 Franziska Köppe | madiko sketchnotes ]
Emotional geht das konform zur Vernunft. Unternehmerische Verantwortung fürs Gemeinwohl zu übernehmen ist etwas, das mich stark antreibt. Sowohl mein Wissen weiterzugeben, damit REDAXO-Entwickler:innen in ihrer Arbeit darauf aufbauen können – als auch die Online-Plattform für die Bewegung und Kooperative WandelMut zu programmieren, damit die Gemeinschaft dort ihren Einfluss auf die klima-resiliente Transformation der Gesellschaft entfalten kann, sie beide sind für mich logisch und sinnstiftend. Beides zahlt auf einen Gewinn für das Gemeinwohl ein. Wie also beides gegeneinander abwägen? Nun, ich könnte über die jeweiligen Wert-Beiträge zur Gesellschaft argumentieren, die ich beisteuern kann:
Ist mein Mehrwert höher im Engagement für die Open Source Community? Schließlich versetze ich REXaner:innen damit in die Lage, mit einem der wichtigsten AddOns des Content Management Systems besser zurechtzukommen? YForm ist die Erweiterung, zu der fast täglich Fragen im Slack diskutiert werden. Es wäre eine Wirkung zu erzielen, ein aktuelles Erklärbär-Video für die komplexeren Relationen zu haben. Anderen mein Wissen weiterzugeben, eröffnet ihnen das Potenzial, sich in der Anwendung von YForm leichter zu tun. Es müheloser zu nutzen, um effektiver und effizienter Internet-Angebote zu erstellen. Social impact als 3D-Schach also.
Oder ist mein Mehrwert für die Gesellschaft größer, wenn Mittelständler ihre Transformation pro Klima-Resilienz eigenverantwortlich(er) angehen und realisieren können? Weil ich ihnen mit der Online-Plattform WandelMut.network das Handwerkszeug und den Marktplatz an die Hand geben kann, klüger und zukunftsrobuster pro Planet auf dem Markt zu agieren. Allerdings entfaltet sich diese Wirkung erst in der Zukunft. Denn noch ist das Portal nicht verfügbar. Ich arbeite ja weiterhin daran. Und das auch noch eine ganze Weile, so wie es momentan aussieht.
Wo ist der Hebel größer? Geht es um Größe? Welche Rolle spielt die zeitliche Komponente zum Erfolg? Gilt es, die Gunst der Stunde (Kairos) zu nutzen? Geht es gar um Lebenserfolg statt Erfolg im Leben? (Grüße gehen raus an Manfred und Karl.)
Erfolg im Leben oder Lebenserfolg?
Kairos (καιρός) beschreibt den günstigsten Augenblick einer Entscheidung. Im Gegensatz zu Chronos (χρόνος), der die Lebenszeit versinnbildlicht, steht er für das Zusammenwirken aller erfolgsbestimmenden Elemente zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wenn wir den Moment “beim Schopf packen”, geht das auf das Epigramm von Poseidippos von Pella (3. Jh. v. Chr) zurück. Lassen wir ihn ungenutzt verstreichen, kann sich das nachteilig auf uns auswirken.
Was wir oft intuitiv spüren, will die Kairos-Wissenschaft begreif- und erklärbar machen. Im unternehmerischen Kontext hilft sie uns, Spannungen besser zu verstehen und aufzulösen. 2018 ging ich im Gespräch mit Manfred Sieg und Dr. Karl Hofmann dem Phänomen auf den Grund.
Vernunft und Intuition versöhnt
Am Ende dieses langen Reflexionsprozesses steht für mich, dass es wichtig ist, Gefühle ernst zu nehmen. Meine eigenen und in der Zusammenarbeit die aller Beteiligten. Unsere Intuition ist Spiegel und Resonanz-Raum unserer Grundbedürfnisse. Zuweilen dauert es etwas, bis wir dahinter kommen, was wirklich los ist. Psycho-Analyse ist damit nicht gemeint. Wir sollten sie bei uns selbst und insbesondere bei Mitmenschen unterlassen (Ausnahme: Therapeuten. Sie sind dafür ausgebildet.) Die Lösung ist schlicht: Emotionen annehmen, wie sie sind. Unsere Sinn-Kopplung – Sinn-Entkopplung – Sinn-Auskopplung konfrontieren. Gefühle zulassen und aushalten. Ihnen nicht wider der Vernunft und affekt-gesteuert folgen. Indes mit einer Portion Gutmütigkeit – gegenüber uns und unseren Mitmenschen – nachsichtig sein.
An vermeintlich kleinen, unternehmerischen Alltagsentscheidungen wird ersichtlich, wie dienlich es ist, Prioritäten an der Frage der gesellschaftlichen Wirkung abzuwägen. Was zahlt auf welches Ziel ein? Was ist wichtiger? Wofür sollte ich meine (Lebens)Zeit investieren? Wofür mich einsetzen? Ist das wirklich not-wendig, was ich tue oder kann das ersatzlos weg (vom Aufgabenzettel)? Ideen à la “man könnte mal” also nicht vor sich herschieben. Nein sagen. So kann ich mir Räume der Gestaltung frei-räumen, in denen meine Ressourcen gut genutzt sind. Gleichwohl schaffe ich mir den zu Beginn meines Berichts aus der Manufaktur angeprisenen Zeitwohlstand. Ein wertvolles Gut.
Eins kann ich sagen: Auch wenn ich jetzt meine Motive besser verstanden habe, auch wenn es gelungen ist, meine Intuition zu fassen zu bekommen: Die Erkenntnisse fordern mich weiterhin in meiner Selbstdisziplin heraus. Es ist leicht, dem Irrtum anheim zu fallen, dem “schnellen Gewinn” (ob im fremden oder im eigenen Auftrag) hinterherzujagen. Die Krux ist ja, dass sich die soziale Wirkung von WandelMut erst noch zeigen muss. Mich gegen den kurzfristigen Erfolg zu entscheiden, bedeutet “low hanging fruits” bewusst auszulassen. Es geschieht, um zu gegebener Zeit die deutlich größere Wirkung zu erzielen. Ein Aufschieben der Belohnung meiner Bemühungen. Würde es mich wirtschaftlich nicht so drängen, wäre vielleicht beides zu tun kein Widerspruch. Die Situation ist jedoch eine andere. Also bleibe ich dran an WandelMut. Vieles spricht dafür und es geht über meine gesund-egoistischen Eigen-Interessen hinaus.
So weit zu mir und den Projekten, an denen ich (mich ab)arbeite. Im Folgenden noch eine kleine Sammlung an Impulsen, die ich in den beiden Wochen des Werkstatt-Berichts aufschnappte. Lass Dich inspirieren!
Auf! Klärung!
Genialer Titel, oder? Ich zitiere ihn von Gert Scobel / 3sat. Sein Beitrag passt so wunderbar zum oben Geschriebenen. Es ist eine willkommene Zusammenfassung zur Aufklärung mit vielen interessanten Aspekten aus Geschichte und Philosophie – unterstützt von Illustrationen von Claus Ast. Was ist Aufklärung? Wie fing es an? Bei den alten Griechen natürlich. Wenn es so lange her ist, warum muss sich jede Generation dann Aufklärung neu erarbeiten? Gert spannt den Bogen von der Antike bis ins heute und seine Bedeutung für die Zukünfte:
Eine (kurze) Geschichte der Vernunft
[ 2023-11-23 Gert Scobel | 19'43'' ]
In diesem Sinne: sapere aude! Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Podcast-Liebe
Apropos Philosophie…
Die Freiheit zu gehen und zu bleiben & das Handwerk der Eigenverantwortlichkeit
Rita Molzberger und Nora Hespers diskutieren in “Fixpunkte flottierender Wesen” via “Was denkst du denn?” die Bleibe-Freiheit. Ein Begriff, der von Eva von Redecker geprägt wurde. Bleibe-Freiheit entfaltet sich sowohl örtlich als auch zeitlich.
Die Klima-Krise lässt Orte verschwinden. Sie setzt sie unter Wasser (Hamburg beispielsweise) oder verwandelt sie in Wüste (den Mittelmeer-Raum). Kriege verwüsten nicht nur Landstriche, sondern zerstören soziale Gemeinschaften. Ein einzelner Mensch kann mit 44 Milliarden Dollar (44,2 Milliarden Euro) ein internationales Medium der zwischen-menschlichen Kommunikation vernichten. Wo können wir bleiben? Wo wollen wir bleiben? Wem räumen wir bedingungslos oder unter Bedingungen welche Bleibe- und welche Migrations-Rechte ein? Was hat das alles mit mensch-gemachtem Klima-Wandel, mit Technik und den sozialen Regeln des Zusammenlebens zu tun?
Rita und Nora wandern in schillernder Vielfalt vom Individuum zur Gesellschaft, von Social Media über Sport zu Geo-Politik. Migration, Adaption und Klima-Krise verknüpfen sie mit der Freiheit, aus Voreinstellungen zu wählen. Wie viel Willens- und Wahlfreiheit bleibt uns in den verschiedenen Sphären unseres Lebens? Wie unfrei sind wir als Menschen in unwirtlicher Natur und unsozialer Infrastruktur?
Foto: Was Denkst Du Denn? Podcast
[ Nora Hespers & Rita Molzberger | Podcast Was Denkst Du Denn? ]
In der Folge zur Bleibe-Freiheit verweisen sie unter anderem auf ihr Gespräch mit Dr. Aaron Langenfeld aus dem Jahr 2018: “Das Handwerk der Freiheit”. Darin tauschen sie sich aus zum Thema Willensfreiheit. Du erinnerst Dich vielleicht. Zur Freiheit des Willens hatte ich vor nicht allzu langer Zeit (September) einen Beitrag verfasst: “Die Farben der Freiheit”. Ich zitiere mal ihre Beschreibung zur Folge mit Aaron:
Freiheit – ein großes Wort, das vor allem in der Werbung gern genutzt wird. Gern begleitet von einem weiteren großen Wort: dem Glück. Und wie erreichen wir das? Genau. Durch Konsum. Klingt komisch? Finden wir auch. Deshalb haben wir uns mal mit dem beschäftigt, was dem zu Grunde liegt. Dem freien Willen. Und weil das so viel Spaß macht, haben wir uns gleich auch noch einen Gast dazu geholt: Dr. Aaron Langenfeld, Theologe an der Uni Paderborn. Aber keine Sorge, es geht nicht um das Göttliche, sondern um das Menschliche an der Freiheit und die Frage: Müssen wir wirklich und zu jeder Sekunde frei entscheiden? Macht uns Wahlfreiheit unfrei, wenn jemand anderes entscheidet, aus welchen Möglichkeiten wir überhaupt wählen können?
Rita Molzberger & Nora Hespers
Was denkst du denn?
Quelle: Das Handwerk der Freiheit
Erfolgreiche Plattform-Marktplätze: BookBeat & Urban Sports Club
Ein weiteres Doppel-Pack für Deine Podcast-App – dieses Mal von Lennart Schneider – halte ich als hörenswert fest und lege es Dir ans Herz, beziehungsweise ans Ohr.
Bei meiner Recherche zur WandelMut LeseLust stieß ich schnell auf BookBeat. Es ist das digitale Start-up von Bonnier Books, eines der führenden Verlagshäuser Europas mit Sitz in Stockholm, Schweden. Gegründet 2015 bietet es einen Streaming-Dienst mit Flatrate-Modell für aktuell rund 500.000 Audio-Books und zirka 300.000 E-Books. Seit 2017 ist BookBeat in Deutschland verfügbar. Die App fungiert am Markt als Distributeur zwischen Hörbuch-Verlagen und Hörer:innen. Bei meiner Recherche fiel mir vor allem die Nachhaltigkeits-Strategie als Besonderheit auf.
Lennart unterhält sich mit Geschäftsführerin Kathrin Rüstig über den Hörbuch-Markt und das Geschäftsmodell. Gemeinsam erkunden sie unter anderem, wie man ein nachhaltiges (faires) und agiles Abo-Modell entwickelt – und wie wichtig eine Kultur des permanenten Ausprobierens und Hinterfragens im Team für den Erfolg ist.
Foto: Subscribe Now. Podcast über alles, was man abonnieren kann
[ 2022-07-07 Lennart Schneider ]
Eine Folge, die mir zu “Subscribe Now” allseits empfohlen wird, ist Lennarts Gespräch mit Torsten Müller vom Urban Sports Club. Zum Überbrücken eines Krankheitsfalls (fast hätte ich in Anlehnung an Axel Hacke “einer Erkrakung” geschrieben), spielte er die Episode kürzlich noch einmal aus: Wie halte ich Abonnent:innen motiviert? Und ich muss sagen: Wirklich spannend und hörenswert.
Die beiden schwurbeln zwar einiges radebrechendes Denglisch daher. Wenn es Dir gelingt, das “Start-up-Sprech” freundlich zu überhören, erfährst Du vielfältige Aspekte der Abo-Wirtschaft. Urban Sports Club bietet ein flexibles Sport-Abo an. Für eine Gebühr ab 24 Euro pro Monat kannst Du 50 Sport-Arten bei 10.000 Partnern nachgehen – in ganz Europa und natürlich bei Dir vor Ort. Fitness-Buden, Schwimm-Bäder, Yoga-Schulen, Tanz-Studios bis hin zu Wellness-Oasen konnten sie als Bündnispartner gewinnen. Das Angebot richtet sich an Einzel-Personen und Firmen.
Unter anderem diskutieren Lennart und Torsten, warum für die Motivation und das Dranbleiben im Alltagssport, das “Community-Erlebnis” besonders wichtig ist. Sie erörtern, woran der Urban Sports Club “Absprung-Kandidaten” erkennt (Sie bezeichnen die Kunden-Gruppe als “churn”). Und warum man bei manchen Nutzer:innen das Rück-Gewinnen fürs Abo nicht erst versuchen sollte. Sie erkunden die verschiedenen Aspekte der “customer journey”. Und wie es ihnen gelingt, die Bedürfnisse und Wünsche von Sport-Anbietenden und Sport-Treibenden zu einem für beide Seiten verlockenden Angebot zu verknüpfen.
Die Website vom Urban Sports Club ist im Übrigen klasse. Viel Inspiration also für mich – und nun, wenn Du magst, auch für Dich.
Zuguterletzt
Danke fürs Mitlesen und Dranbleiben bis zum Schluss. Es war eine Langstrecke. Wieder. Dennoch kein Grund, auf unseren musikalischen Absacker zu verzichten. Heute kann ich Dir nur erneut anraten, die Kopfhörer aufzusetzen. Kribbeln (nicht allein vom Subwoofer) garantiert!
Jolly Sailor Bold
[ 2023-11-20 The Bass Gang | 04'49'' ]
Ergänzend zu diesem Sea Shanty aus dem Jahr 1850, gesungen von Bobby Waters aus den USA [ 00’03’‘ ], Tomi Pizur aus Tschechien [ 01’05’‘ ], Peter Barber ebenso aus den USA [ 02’02’‘ ] und Marwan Ayman aus Ägypten [ 02’57’‘ ] – zusammen The Bass Gang – empfehle ich den Stop-Motion-Kurzfilm, genauso schaurig schön – wenngleich hier der Effekt mit Bildgewalt und weniger mit den von mir so geliebten bassi profundo erzeugt wird:
King Of Sea
[ 2022-06-14 Kwoon (feat.Babet) | 05'17'' ]
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Weitere Beiträge “Aus der Werkstatt” findest Du in der Komplettübersicht für alle Jahre.
Hier die neuesten:
Adieu Andreas
2024-02-08
Mein persönlicher Nachruf auf Natenom – lang-jähriger Freund, Weggefährte und Verbündeter im Bestreben, Fahrrad-Fahren in Deutschland sicherer zu machen. Welch Tragik in diesem Satz steckt. Doch von vorn…
Aus der Werkstatt [ KW51 ]
2023-12-22
Die Themen der Woche: Jahres-Endspurt mit Organisatorischem, Sortieren, Lochen, Scannen, Ablegen und Ausmisten. Strukturen und Prozesse für 2024 anlegen. Reflexionen zu meiner Informations-Sammel-Wut als Auftakt zur Besserung hinsichtlich der all-jährlichen Zettel-Wirtschaft. WandelMut: keine Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten. Scientists For Future 2024: Ankündigung und Angebote zum Wissens- & Erfahrungsaustausch – inklusive Abwägen der Neuausrichtung unserer Rolle(n). Podcast-Liebe: Kreative Blockaden erkennen und auflösen – Analyse und Lösungsansätze. Zuguterletzt: Endlich ein neues zitatinte.
Aus der Werkstatt [ KW50 ]
2023-12-16
Die Themen der Woche: Keine drehenden Teller für mich: COVID-19 ist nicht vorbei – die gemeinschaftliche Fürsorge von Vulnerablen sowie Eigenschutz. REXlive am Lagerfeuer: REDAXO und Maschinen-Lernen. Mein Engagement für quell-offene Programme: GitHub ausgepackt. Verkehrssicherheit für Radfahrende: zum aktuellen Stand von OpenBikeSensor. PodcastLiebe: WandelMut beim Tagesspiegel, mediasres zu künstlicher Intelligenz. Rechtsanwälte sind die wahren Künstler:innen: konstruktiver Aktionismus vom Zentrum für politische Schönheit. Zuguterletzt: 199 kleine Held:innen.
Ausblick & Flurfunk
Meine Berichte aus der Werkstatt erscheinen unregelmäßig. Ich strebe an, alle ein, zwei Wochen von meiner Arbeit und dem, was mich beschäftigt, zu erzählen. Meine Erkenntnisse und Einsichten zu teilen.
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