Schullektüre 1981-1993

Mein Lesestoff für Kinder zu DDR-Zeiten
und Jugend- plus Weltliteratur während der Wende

veröffentlicht: 15.08.2021 · Franziska Köppe | madiko

Franziska lesend (Herbst 1981, 6 Jahre)

Es gibt eine ganze Reihe Blogs, die ich vielleicht nicht täglich, doch aber regelmäßig lese. Dazu gehört “hmbl – in jawls humble opinion” von Christian Fischer. Christian bloggt schon seit 20 Jahren. Eigentlich schreibt er sogar noch viel länger in dieses Internetdingsda. Ein sehr sympathischer Landesgenosse aus dem Sauerland. Neulich schrieb er sämtliche Buchtitel auf, die sein Schulleben begleiteten. Die Idee hatte er sich bei Herrn Rau abgeschaut. Das weckte mein Interesse. Also kramte ich in meinen eigenen Erinnerungen.

Franziska lesend (Herbst 1981, 6 Jahre)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Ich komme ja jetzt in das Alter, wo man das anfängt. Ich habe Urlaub und nahm mir gern die Zeit. Da kann ich mich gleich ein wenig als Zeitzeugin üben. Schließlich lebte ich fünfzehneinhalb Jahre in der Deutschen Demokratischen Republik. Ein Stück Geschichte, das es heute nicht mehr gibt. Mal sehen, wohin mich die Reise in die Vergangenheit führt. Hier also seit langer Zeit ein Blogstöckchen. Es ist eine (sehr lange) Langstrecke. Du bist wieder gewarnt ;-)

Muss ich das wirklich lesen?

Wie ich in einem früheren Blogbeitrag schon einmal schrieb, liebe ich Bücher. Ich sehnte bereits als Kleinkind herbei, endlich selbst lesen zu können. Ich verschlang Bücher, sobald ich die Buchstaben zu sinnvollen Bedeutungen zusammensetzen konnte.

Schullektuere: Märchenbücher. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: Märchenbücher
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Ich erinnere mich noch, wie stolz ich war, als ich dann auch Fraktur und Sütterlin lesen konnte (2. Klasse?). Spätestens dann habe ich Traudel das Märchenbuch mit Märchen aus aller Welt abgeschwatzt.

"Der Kinder-Wundergarten" (Märchenbuch meiner Großmutter) – aufgeschlagen bei "Vom tapferen Schneiderlein"
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

In gleichem Maße hatte ich eine Abneigung gegen Pflichtlektüre – wobei mehr gegen die (sozialistisch-indoktrinierte) Interpretation als gegen die meisten der Werke an sich. Als verantwortungsbewusstes, braves Mädchen quälte ich mich also durch so manches der nachfolgenden Schinken. Ich rebellierte sehr früh gegen das sozialistische (Erziehungs)System. Ich erinnere mich da noch an eines dieser wunderbaren Gespräche mit meinem Großvater, wo wir dies hinterfragten. Ich war gerade mit Fontane im Klinsch (dazu unten mehr) und so kamen wir ins Denken: Warum kann es sinnvoll sein, ein Buch zu lesen, das uns schwerfällt? Rudi-Batschi fragte mich damals: Was könnte der Nutzen sein, dass Du es dennoch liest?

Ich erinnere mich vor allem an mein Staunen und die wilden Gefühle, die diese Frage seinerzeit bei mir auslösten. Daher ist sie mir auch so gut in Erinnerung geblieben. So kamen wir ins Philosophieren. Wir sprachen darüber, dass manches uns erst mit der Zeit und mit der intensiven Beschäftigung verständlich, begreiflich und zugänglich wird. Das kannte ich zu diesem Zeitpunkt schon aus der Musik (ich muss 13 oder 14 Jahre alt gewesen sein). Wir diskutierten, dass es manchmal einfacher ist, sich in das Gesellschaftssystem einzupassen. Dabei kamen wir auf interessante Aspekte, welche individuellen Vor- und Nachteile das für mich als Person hat. Interessant auch, welche Konsequenzen das für die Gesellschaft hat, wenn alle (oder zumindest die Mehrzahl) nach dieser Maxime handeln. Ein echt heißes Eisen zu DDR-Zeiten, sich überhaupt diese Frage zu stellen! Eine meiner ersten Begegnungen mit dem Kantschen Imperativ.

Rudi-Batschi und ich sprachen darüber, wie genial es sich anfühlt, wenn man ein breites Allgemeinwissen hat. Was eine Freude es sein kann, Querverweise, Anspielungen oder Zitate anderer Autor:innen in einem Buch zu entdecken – oder sie eigenständig herstellen zu können. Wie wichtig es ist, Bücher zu verdauen und sie nicht unkritisch “in sich reinzufressen”. Wir tauschten uns darüber aus, wie wertvoll es ist, sich Werke zu erlesen. Sie sich anzueignen und offen, konstruktiv-kritisch den Argumenten zu begegnen – mich also darauf einzulassen, dass Bücher mich verändern. Wir sprachen weiterhin über die Scham, in einer Buch-Diskussion nicht mitreden zu können, wenn ich es selbst nicht gelesen habe. Wie dumm man sich vorkommen kann (nicht muss). Das wiederum liegt an der Moderation des Führenden, der uns durch das Lesen eines Buchs begleitet. Etwas, das ich im Übrigen sehr am SozioPod schätze. Nils und Patrick gelingt das nämlich auf großartige Weise, mir nicht dieses Gefühl des Unterlegenseins zu geben! Danke dafür.

Franziska lesend (Sommer 1983, 8 Jahre). Bild: copy Franziska Köppe | madiko

Franziska lesend (Sommer 1983, 8 Jahre)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Genauso sprachen Rudi-Batschi und ich über die Frage, ob man jede Lektüre zu Ende gelesen haben muss, um sie wirklich beurteilen zu können. Er vertrat ganz deutlich die Meinung, dass man dies so handhaben sollte. Ich bin heute froh, dass ich mich von dieser Einstellung (die ich übernommen hatte) inzwischen wieder gelöst habe. Mut zur Bildungslücke! Es gibt so viel wunderbaren Lesestoff. Da muss ich mich nicht mehr quälen. Manches nehme ich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in die Hand und wage einen neuen Versuch. Oder aber ich gebe es endgültig auf. Dann überführe ich das Werk in den Kreislauf der Wilden Bücher. Es soll sogar schon Bücher gegeben haben, die ich entsorgte!

Meine Abneigung – früher wie heute – gilt vor allem den Schwarten, die aneinandergereihte Bandwurmsätze sind (Günter Grass oder der oben erwähnte Theodor Fontane). Oder wo die Autor:innen sich dermaßen in Details verheddern, dass man über der Beschreibung von Natur und Figuren die eigentliche Handlung vergisst und dann mühsam den roten Faden sucht. Oder auch Wälzer von Autoren (ja, meist männlich), die glauben mit Schwurbelsätzen und Pseudo-Wissen ihre Leserschaft davon überzeugen zu müssen, wie vermeintlich klug sie daherkommen können. Oder noch schlimmer: Die Missionare! Die uns belehren und bekehren wollen, die mit Hölle drohen, sollten wir uns nicht in ihrem Sinne ändern. Nein, Danke. Dafür ist mir meine Lebenszeit zu schade.

Ich liebe schöne Sprache. Ich verliebte mich in Philosophie, vor allem in die praktische. Und ich mag Autor:innen, die sich in Demut üben, uns mitnehmen auf ihre Reise des Verstehens und Staunens. Menschen, die in Konsequenz gehen und leben, worüber sie schreiben, die ihr praktisches Erfahrungswissen an uns weitergeben. Menschen mit Phantasie, die meiner eigenen Vorstellungskraft das Kopfkino bescheren.

Sozialistischer Bildungsauftrag

Ich vermisse Rudi-Batschi sehr. Er war einer derjenigen, mit dem ich wunderbar über Bücher sprechen und mich austauschen konnte. In der Schule fand ich diese sokratischen Gespräche leider nicht. Im Gegenteil, gerade die Abi-Phase hat mir seinerzeit das Lesen extrem vergällt. Da wurde gern mal locker über drei bis vier Monate ein(!!!) Buch auseinandergenommen. Wir reden hier also von 60 bis 80 Schulstunden, die wir mit einem einzigen Werk verbrachten. Grausig! Parallel hatte ich fünf oder mehr andere Bücher gelesen… Mal ganz davon abgesehen, dass Deutschunterricht der Staatsbürgerkunde sehr nahe kam: Alles war geprägt vom sozialistischen Erziehungsauftrag, der uns zu braven DDR-Bürgern formen sollte.

Der Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit wurde ein dichotomisches Freund-Feind-Schema zugrunde gelegt, das im Feindbild negative Vorurteile bündelte und eine differenzierte Beurteilung dessen, was als Feind ausgewiesen wurde, verunmöglichte.1

Die „Sozialistische Persönlichkeit“ wird in Abschnitt I („Die Entwicklung der Jugend zu sozialistischen Persönlichkeiten“) des Jugendgesetzes der DDR von 1974 beschrieben.2

Als vorrangige Aufgabe definierte das Gesetz, die Jugend so zu erziehen, dass diese

  • den Ideen des Sozialismus treu ergeben sind,
  • als Patrioten und Internationalisten denken und handeln und
  • den Sozialismus stärken und gegen alle Feinde zuverlässig schützen.

„Die Arbeit zu achten“, „Die Sowjetunion zu lieben“ und „die Grenzen zu verteidigen“ (notfalls auch mit Waffengewalt) waren Hauptkriterien für eine sozialistische Persönlichkeit.

Quellen:

Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit (Wikipedia)

[ 1 ] Vgl. Udo Margelant: Feindbilder sozialistischer Erziehung in der DDR. In: Aus Politik und Zeitgeschichte B 52-53/88, S. 24–33.

[ 2 ] Gesetz über die Teilnahme der Jugend der Deutschen Demokratischen Republik an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und über ihre allseitige Förderung in der Deutschen Demokratischen Republik-Jugendgesetz der DDR- vom 28. Januar 1974.

Ergänzt wurde dies durch die “Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik”, die uns zu Atheisten erzogen. Für uns Kinder waren sie in Form der Gebote für Jung- und Thälmann-Pioniere abgewandelt. Sie waren an die Wände der POS gemalt. Regelmäßig wurden sie in Schul-Appellen rezitiert. Sie wurden in den “Interpretationen” im Unterricht ständig aufs Neue (ab)geprüft. Sie waren uns (zumindest in den Schulen, in denen ich unterrichtet wurde) omnipräsent:

  1. Du sollst Dich stets für die internationale Solidarität der Arbeiterklasse und aller Werktätigen sowie für die unverbrüchliche Verbundenheit aller sozialistischen Länder einsetzen.
  2. Du sollst Dein Vaterland lieben und stets bereit sein, Deine ganze Kraft und Fähigkeit für die Verteidigung der Arbeiter-und-Bauern-Macht einzusetzen.
  3. Du sollst helfen, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu beseitigen.
  4. Du sollst gute Taten für den Sozialismus vollbringen, denn der Sozialismus führt zu einem besseren Leben für alle Werktätigen.
  5. Du sollst beim Aufbau des Sozialismus im Geiste der gegenseitigen Hilfe und der kameradschaftlichen Zusammenarbeit handeln, das Kollektiv achten und seine Kritik beherzigen.
  6. Du sollst das Volkseigentum schützen und mehren.
  7. Du sollst stets nach Verbesserung Deiner Leistung streben, sparsam sein und die sozialistische Arbeitsdisziplin festigen.
  8. Du sollst Deine Kinder im Geiste des Friedens und des Sozialismus zu allseitig gebildeten, charakterfesten und körperlich gestählten Menschen erziehen.
  9. Du sollst sauber und anständig leben und Deine Familie achten.
  10. Du sollst Solidarität mit den um nationale Befreiung kämpfenden und den ihre nationale Unabhängigkeit verteidigenden Völkern üben.

Dieser Bildungsauftrag fand seinen Einklang in das polytechnische Bildungsprinzip, nachdem unsere Schulbildung einen praktischen Bezug erhielt. Zweck war die „Verbindung der Schule mit dem Leben“ (Quelle: ebenda). Diese enge Verknüpfung von (Natur)Wissenschaften und praktischer Arbeit hat mich stark geprägt. Vielleicht einer der Gründe, weswegen ich “unnützes Wissen” als Lebensverschwendung sehe oder es mich zumindest irritiert.

Dieser Bildungsauftrag ging sehr weit und zog sich ausnahmslos durch alle Schulfächer und Lebensbereiche. Wir waren schon als junge Kinder einem ständigen politischen Bekenntnis ausgeliefert. Kein falsches Wort, keine laut geäußerte Kritik am System an sich. Denn das hatte Konsequenzen – vom Ausgegrenztsein in der Gemeinschaft (darunter litt ich ganz besonders, meine Heimat in der Musik und der dort aufgebaute Freundeskreis linderten das) bis hin dazu, dass Dir der Weg zu Deiner Wunsch-Ausbildung und damit dem Wunschberuf und letztlich Wunsch-Leben verwehrt wurde. Um Dich zu strafen und zu einem:einer angepassten, systemtreuen Genossin bzw. Genosse zu formen.

Die planmäßige Erziehung zum neuen sozialistischen Menschen setzte im Vorschulalter ein und durchzog alle Unterrichtsfächer auf allen Stufen des einheitlich organisierten Erziehungssystems. Die im Erziehungsprozess vermittelten Wertorientierungen und Verhaltensweisen erfüllten ihre Funktion nur dann, wenn sie mit den Zielen von Partei und Staat in Übereinstimmung lagen.

Wenn ich also im Folgenden die Bücher, mein Erleben der Lektüre und die Auseinandersetzung im Unterricht damit rauskrame, so ist dies stark von meinem schon von Kindesbeinen (durch meinen lieben Großvater geförderten) humanistisch-aufgeklärten Blick gefärbt.

Meine Schule (damals: W.I. Lenin POS, heute Saalbachtal-Schule im Grünen). Bild: copy Grundschule

Meine Schule (damals: W.I. Lenin POS, heute Saalbachtal-Schule im Grünen)
[ 2021-08 Grundschule "Saarbachtal", Scheubengrobsdorf (bei Gera) ]

Ein allerletzter Aspekt ist vielleicht noch interessant: Sämtliche Bücher wurden uns im Rahmen der Schulbibliothek für die Zeit der Pflichtlektüre geliehen. Mit Glück konnte ich – wenn Exemplare übrig waren – Bücher der “großen Klassen” ergattern. Rückgabe spätestens am letzten Schultag vor den Sommerferien. Nur einen verschwindend kleinen Anteil leistete ich mir von meinem spärlichen Taschengeld. Ich bekam ab der Schule 50 Pfennig pro Woche. Ab der 7./8. Klasse dann 1 Mark und ab der 9. Klasse 2 Mark. Das jedoch nur, wenn ich sämtliche Hausarbeiten erledigt hatte (wöchentlich Treppe putzen, täglicher Abwasch, Gartenarbeiten usw.). Falls Du Dich fragst: Ja, das war auch zu DDR-Zeiten wenig. Ab und an steckten mir die Großeltern großzügig etwas zu. Dort konnte ich mir zudem gut Bücher wünschen. In ein Buchgeschäft gehen und Bücher kaufen oder gar Bücher (im Internet) bestellen, so wie heute – das war damals unmöglich. In Leipzig und mit ihren “Vitamine B”* rund um die Buchmesse hatten sie zudem mehr Möglichkeiten, Bücher zu ergattern. So wuchs meine Bibliothek. Danke dafür! Absurderweise wurde ich fürs Zeugnis bezahlt. 2 Mark für eine “Eins” und 1 Mark für eine “Zwei”. Darüber schwang die Drohung, dass ich bei “Dreien”, “Vieren”, “Fünfen” dann je 1 Mark wieder zurückgeben hätte müssen. Vom Taschengeld bestritt ich Busfahrten (1 Mark, um nach Gera zu fahren), Klamotten (bis auf Unterwäsche trug ich nur “Zweite Hand”), Pflegeprodukte, Schreibwaren und Süßigkeiten. Da blieb nicht viel Geld für Bücher, die noch dazu sehr teuer waren. Falls ich je Geld “übrig” hatte, investierte ich es in neue Saiten für meine Geige, das Neubespannen des Bogens, Kolophonium und Noten. Und in Theater und Kabarett natürlich. Anders als heute, war das für uns jedoch erschwinglich (genauso teuer wie Kino). Tja nun.

[ * ein Euphemismus zu Zeiten der DDR für Beziehungen und gute Netzwerke. ]

Meine Penne: Gymnasium Rutheneum (Goethe Gymnasium/Rutheneum seit 1608). Bild: cc gravitat-OFF

Meine Penne: Gymnasium Rutheneum (Goethe Gymnasium/Rutheneum seit 1608)
[ 2009-09-25 gravitat-OFF ]

Zu meinem Bedauern hatte ich sonst wenig Berührungspunkte mit Büchereien. Der Dorfbibliothek war ich schnell entwachsen (gute Kinderbücher, Märchen und Sagen!). Interessante Bücher für Jugendliche hingegen waren rar. Die Stadtbibliothek war zu weit entfernt und zu umständlich zu erreichen. 30 Min mit dem Linienbus, der zwischen 5 und 17 Uhr alle 30 min und danach bis 21 Uhr ein Mal pro Stunde fuhr. Ich befürchte, keines der Werke je ohne Mahnung zurückgebracht zu haben. Schande über mich. Das änderte sich erst zu Abi-Zeiten. Da war die Stadtbibliothek mit 5 Minuten Fußweg in unmittelbarer Nähe zur Penne. Das nutzte ich jedoch auch nicht übermäßig, eher für Literatur rund um Theater und so. Damals war Musik und die Musik- und Noten-Bibliothek sowie die Wissenschaftliche Allgemeinbibliothek (Beweisfoto unten) deutlich interessanter geworden.

Ich hatte dann einen Moped-Führerschein und düste mit meiner Simson S51 in die Stadt. Benzin und Öl klaute ich bei meinem Vater (ich glaube, er ahnte es, schaute jedoch geflissentlich darüber hinweg). Das war wohl der Beginn meiner eigenen “Sturm und Drang”-Zeit.

Liste der Autor:innen

Zurück zur Schullektüre. Nach dieser Einordnung nun also die Bücherliste meiner Schulzeit und was ich dazu an Erinnerungen herauskramen kann. Ich sortiere mal nach:

Das waren die Autor:innen, die ich las – also die, an die ich mich erinnere:

  • Alexander Melentjewitsch Wolkow
  • Alexander Sergejewitsch Puschkin
  • Alexandre Dumas der Ältere
  • Alexei Maximowitsch Peschkow (Maxim Gorki)
  • Anna Seghers
  • Anne(liese Marie) Frank
  • Antoine de Saint-Exupéry
  • (Arthur Ignatius) Conan Doyle
  • August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
  • Benno Pludra
  • Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist
  • Bertold Brecht
  • Bruno Apitz
  • Carlo Collodi
  • Charles (John Huffam) Dickens
  • Christa Wolf
  • Christian Johann Heinrich Heine
  • (Dame) Agatha (Mary Clarissa) Christie, Lady Mallowan
  • Daniel (De)Foe
  • Dieter Noll
  • Elizabeth Shaw
  • Émile Zola
  • Erich Kästner
  • Erich Maria Remarque
  • Ernest Miller Hemingway
  • Ernst Theodor Amadeus Hoffmann
  • Erwin Strittmatter
  • Fjodor Michailowitsch Dostojewski
  • Franz Fühmann
  • Franz Kafka
  • Friedrich Dürrenmatt
  • Friedrich Schiller
  • Friedrich Wolf
  • Georg Büchner
  • George Orwell
  • Gerhard Holtz-Baumert
  • Gottfried Herold
  • Gottfried Keller
  • Gotthold Ephraim Lessing
  • Hannes Hüttner
  • Hans Christian Andersen
  • Hans Fallada
  • Hans Theodor Woldsen Storm
  • Heinrich Böll
  • (Heinrich Christian) Wilhelm Busch
  • Heinrich Mann
  • Herman Melville
  • Hermann Karl Hesse
  • Hermann Kant
  • Homer
  • Horst Beseler
  • Jack London
  • Jacob und Wilhelm Grimm (Gebrüder Grimm)
  • James Krüss
  • Jane Austen
  • Johann Wolfgang Goethe
  • Johannes R. Becher
  • Jonathan Swift
  • Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
  • Jules-Gabriel Verne
  • Jurek Becker
  • Jutta Kirschner
  • Karl Liebknecht
  • Karl Marx
  • Klaus Töpfer
  • Kurt Held
  • Marion Hedda Ilse Gräfin Dönhoff
  • Mark Twain (Samuel Langhorne Clemens)
  • Nikolai Alexejewitsch Ostrowski
  • Paul Thomas Mann
  • Peter Brock
  • Richard von Weizsäcker
  • Rosa Luxemburg
  • Siegfried Lenz
  • Stefan Zweig
  • Theodor Fontane
  • Tschingis Torekulowitsch Aitmatow
  • Ulrich Plenzdorf
  • Walther von der Vogelweide
  • Wilhelm Hauff
  • William Shakespeare
  • Wladimir Iljitsch Lenin

Pflichtlektüre aus meiner Schulzeit:
Belletristik

Ok, was fällt mir noch an Romanen und Erzählungen ein, die ich während der Schulzeit (erstmals) gelesen habe? Fangen wir mit meiner Zeit auf der Politechnischen Oberschule (POS) “Wladimir Ilijitsch Lenin” an. Mithin meine erste bis achte Klasse in der Zeit von 1981 bis 1989.

Die weiland untergegangene DDR hatte sich die Pflege und Aneignung des “kulturellen Erbes” zum Ziel gesetzt. Dies geschah bekanntlich mit dem Vorsatz der Parteilichkeit und mit dem Zusatz der Zensur. Aber es entsprang auch dem Willen, die Überlieferung nicht abreißen zu lassen. Geschichte ist nicht nur die Geschichte der Könige und der Generäle und nicht nur die der Bauern und der Arbeiter, sie ist auch die Geschichte der Dichter und der Philosophen, die Geschichte von Büchern, von Dramen, von Gedichten. Darin sind die Träume aufbewahrt, die Ängste und die Hoffnungen der Menschen.

Ulrich Greiner

Autor DIE ZEIT

Jupp, so war das. Und ich muss sagen, dass ich sehr froh um diese Allgemeinbildung bin. Wenngleich ich nicht alles mit derselben Begeisterung las (siehe oben). Hm, wenn ich es mir genau betrachte, so kann ich doch beides zusammenfassen. Denn das gilt im Grunde auch für die Belletristik meiner Zeit an der Erweiterten Oberschule (EOS) Rutheneum, später Goethe-Gymnasium. Eingeschult wurde ich am 1. September 1989, das war dann Klasse 9 bis 12. Von nun an waren wir jedoch mutiger im Einfordern eines konstruktiven Umgangs mit den Werken. Ich war auf einem humanistisch-musischen Gymnasium. Offiziell Rutheneum, das den Namen eines großen Dichters, Denkers und Naturwissenschaftlers trug:

Johann Wolfgang Goethe

[ 1949 … 1832 ]

Hier hat mich meine Großmutter Traudel (die Frau vom oben erwähnten Rudi-Batschi, die Muter meines Vaters) schon von klein an stark geprägt. Wir waren in unserer Familie leidenschaftliche Goethe-Fans. Von daher sog ich alles auf, das mir zu Schulzeiten in die Finger kam. Es war eher die Herausforderung, mir meine Liebe zum ersten Multi-Talent, das ich kennenlernte, nicht vom Schulsystem verderben zu lassen.

  • Reinecke Fuchs (Original, vorher schon die für Kinder nacherzählte Version von Franz Fühmann, illustriert von Werner Klemke siehe unten)
  • Die Wahlverwandschaften (herausfordernd, aber gut)
  • Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre
  • Reisebericht (italienische Reise – nur in Auszügen)
  • Dichtung und Wahrheit (nur in Auszügen, hab ich dann später erst komplett gelesen, steht heute in meinem Bücherregal)
  • Die Leiden des jungen Werthers

Apropos: “Die Leiden des jungen Werthers” fand ich zäh. So richtig cool fand ich sie erst, nachdem wir direkt im Anschluss “Die neuen Leiden des jungen W.” von Ulrich Plenzdorf gelesen und uns mit beiden Werken im Vergleich auseinandergesetzt hatten. Was für eine saloppe Sprache bei Plensdorf (gelinde gesagt). Das waren also zwei Bücher, die erst im Gesamtzusammenhang richtig Spaß mach(t)en.

Zu Goethe sind mir natürlich auch die naturwissenschaftlichen Schriften ein Begriff. Das war dann jedoch weniger Thema im Deutsch-Unterricht als in Kunst, technischem Zeichnen, Physik, Biologie, Naturkunde oder auch dem Gartenunterricht. Neben der “Farbenlehre” und “Beiträge zur Optik” finde ich vor allem “Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären” aufschlussreich, auch in der Interpretation seiner Lyrik. So richtig Zugang dazu erhielt ich jedoch erst viele Jahre später als ich Prof. Dr. Klas Diederich im Rahmen des “Weimarer Symposion Sprache und Leben” kennenlernte und wir uns Goethe über verschiedene Perspektiven näherten. Hör gern mal bei ihm rein: Goethesche Sprachkunst für Freunde des Hörens. Klas Diederich selbst ist allerdings ein schwieriger Charakter. Das gab ein interessantes Spannungsfeld zum Lernen ;-)

Goethe war übrigens auch ein eifriger Übersetzer, wofür ich ihn ebenso bewundere. Und er unterhielt zahlreiche Brieffreundschaften. Das ist ja hinlänglich bekannt und wurde in Auszügen bei uns im Unterricht für Interpretationen herangezogen.

Schullektuere: Goethe & Schiller. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: Goethe & Schiller
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Friedrich Schiller

[ 1759 … 1805 ]

Den alten Herren, der bei uns oft im gleichen Atemzug mit Johann Wolfgang Goethe genannt wurde (nun, es waren ja Freunde, die sich gegenseitig herausforderten) habe ich stets gern gelesen, auch wenn ich ihn zuweilen als etwas arrogant und hochnäsig empfand:

  • Wilhelm Tell
  • Kabale und Liebe
  • Die Räuber
  • Don Karlos (initiiert von unserem Musik-Lehrer, viele Grüße an Giuseppe Verdi)
  • Maria Stuart
  • Wallenstein (Auszüge)
  • Die Jungfrau von Orléans (Musik-Unterricht: noch einen herzlichen Gruß an Giuseppe Verdi und Pjotr Iljitsch Tschaikowski)
  • Der Jüngling und der Greis (kann aber auch eine Empfehlung von Rudi-Batschi gewesen sein)

Nach diesen für meinen Werdegang wichtigsten Autoren werde ich nun alphabetisch vorgehen. Wohlan!

Schullektuere: 'Der Zauberer der Smaragdenstadt' (Alexander Melentjewitsch Wolkow). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Der Zauberer der Smaragdenstadt' (Alexander Melentjewitsch Wolkow)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Alexander Melentjewitsch Wolkow

[ 1891 … 1977 ]

Wo man im Westen vermutlich “Der Zauberer von Oz” las, lasen wir “Der Zauberer der Smaragdenstadt”. Ich mochte diese Adaption und auch die Zeichnungen. Wolkow war einer jener Russen, die uns als glorreiches Vorbild für unsere eigene Bildung dienen sollten. Interessant ist hier die Entstehungsgeschichte des Kinderbuches – ein typisches Beispiel für die Kultur des Ostblocks:

Seit 1917 veröffentlichte Alexander Melentjewitsch Wolkow erste literarische Arbeiten. In den 1930er Jahren begann er mit dem Erlernen der englischen Sprache und übersetzte auch erste Werke ins Russische. Dabei wollte er auch die Geschichte »Der Zauberer von Oz« des Schriftstellers Lyman Frank Baum übersetzen. Die Übersetzung sollte seine schriftstellerische Arbeit nachhaltig beeinflussen.

Während des Übersetzens fügte Wolkow nach und nach verschiedene Elemente hinzu. Schließlich nahm er komplette Änderungen an den Personennamen und Begebenheiten vor und schuf damit ein eigenständiges Buch: Der Zauberer der Smaragdenstadt.

Das Werk wurde 1939 erstmals in der Sowjetunion veröffentlicht. 1959 wurde das Buch in einer überarbeiteten Fassung und mit den Zeichnungen von Leonid Wladimirski versehen neu herausgegeben. In den Folgejahren wurde das Kinderbuch in den Staaten des Ostblocks und vor allem in deutscher Sprache für die DDR erfolgreich immer wieder neu aufgelegt. Nach dem großen Erfolg des ersten Bandes verfasste Wolkow ab 1963 noch fünf weitere Bücher, welche die Geschichte des Zauberlandes weitererzählen.

Für mich war es eines der frühesten Werke, die ich las. Traudel hatte es mir bereits mundig gemacht, indem sie es als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hat. Sie hörte stets an der spannendsten Stelle auf, um uns Kinder zu animieren, selbst weiterzulesen. Hat bei mir hervorragend geklappt.

Schullektuere:

Schullektuere: "Die drei Musketiere" und "Der Graf von Monte Christo" von Alexandre Dumas
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Alexandre Dumas der Ältere

[ 1802 … 1870 ]

Bin mir nicht sicher, ob es Schulstoff war. In jedem Fall las ich es zu Schulzeiten:

  • “Die drei Musketiere”
  • “Der Mann mit der eisernen Maske”
  • “Der Graf von Monte Christo”
  • “Lady Hamilton”
Schullektuere:

Schullektuere: "Lady Hamilton" von Alexandre Dumas
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Alexei Maximowitsch Peschkow (Maxim Gorki)

[ 1868 … 1936 ]

  • “Die Mutter” (unglaublich zäh und – typisch für russische Literatur – sehr deprimierend)

Anna Seghers

[ 1900 … 1983 ]

  • Das siebte Kreuz

Wir fühlten alle, wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können bis in sein Innerstes, aber wir fühlten auch, dass es im Innersten etwas gab, was unangreifbar war und unverletzbar.

Anna Seghers

"Das siebte Kreuz" (letzter Satz)

Schullektuere:

Schullektuere: "Das Tagebuch der Anne Frank"
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Anne(liese Marie) Frank

[ 1929 … 1945 ]

Das “Tagebuch der Anne Frank” gehört mit zu den Büchern, die ich verschlungen habe, obwohl es mich tief erschütterte. Beim Tagebuch konnte ich nicht umhin mir vorzustellen, wie es wäre an ihrer Stelle zu sein. Wir waren mehr oder weniger gleichalt, als ich es las. Zudem schwang mit, dass ich das starke Gefühl hatte, hier ein wichtiges Zeitzeugnis mit Weltbedeutung zu lesen. Das Tagebuch gilt ja als ein historisches Dokument aus der Zeit des Holocaust. Anne ist Symbolfigur gegen die Unmenschlichkeit des Völkermordes in der Zeit des Nationalsozialismus. Ich fragte mich, was wohl aus ihr geworden wäre, wenn sie überlebt hätte. Ein Gedanke, der mich bis heute nicht loslässt. Genauso wenig wie die Vorstellung, wie es für einen Vater sein muss, das Tagebuch seiner Tochter postum zu veröffentlichen.

Schullektuere:

Schullektuere: "Der kleine Prinz" (Antoine de Saint-Exupéry)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Antoine de Saint-Exupéry

… eigentlich ja Antoine Marie Jean-Baptiste Roger Comte de Saint-Exupéry [ 1900 … 1944 ]

  • “Der kleine Prinz”

(Arthur Ignatius) Conan Doyle

[ 1859 … 1930 ]

Hier konnte ich mich gründlich durch die heimische Bibliothek lesen. Leider habe ich heute kein einziges der Bücher mehr. Ich liebte die Bücher. Ich weiß jedoch auch noch, dass ich mich seinerzeit mächtig darüber ärgerte, dass man als Leser genauso dumm gehalten wurde wie Dr. Watson, weil man nicht alle Informationen hatte und daher Zuschauer blieb. Dennoch: Leidenschaftlich gern gelesen! Am Stück versteht sich.

  • Eine Studie in Scharlachrot
  • Das Zeichen der Vier
  • Der Hund von Baskerville
  • Das Tal der Angst (Das Tal des Grauens?)
  • Die Abenteuer des Sherlock Holmes
  • Die Memoiren des Sherlock Holmes
  • Die Rückkehr des Sherlock Holmes
  • Seine Abschiedsvorstellung
  • Sherlock Holmes’ Buch der Fälle

Bei meiner Recherche entdeckte ich, dass ein Großteil seiner Werke im Projekt Gutenberg (DE) online lesbar sind. Da werde ich wohl mal wieder stöbern müssen ;-)

Benno Pludra

[ 1925 … 2014 ]

Unvergessen: “Bootsmann auf der Scholle”. Vom süßen Kinderbuch gibt es auch einen alten DEFA-Trickfilm:

Bootsmann auf der Scholle
[ 1962 DEFA | 17'46'' ]

Was noch?

  • Die Jungen von Zelt 13 und andere Erzählungen (eines der wenigen Bücher, die ich mir in der Bibliothek erstand – lange Wartezeiten waren das damals!)
  • Insel der Schwäne (das hatte mir Traudel empfohlen, nachdem wir in “Schwanensee” gewesen waren, war dann mal ein Sternchen-Thema im Unterricht für das Aufpolieren der Note)

Bernd Heinrich Wilhelm von Kleist

[ 1777 … 1811 ]

  • “Der zerbrochne Krug” (inklusive Theater-Besuch)
  • “Amphitryon” (ebenso)
  • “Michael Kohlhaas”
Schullektuere: 'Nackt unter Wölfen' (Bruno Apitz). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Nackt unter Wölfen' (Bruno Apitz)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Bruno Apitz

[ 1900 … 1979 ]

“Nackt unter Wölfen”. Ein Buch, das mich tief beeindruckt hat. Jetzt weniger, weil es sprachlich brillant geschrieben wäre. Es war die Geschichte, die Schicksale der Figuren. Menschliche Wärme und unmenschliche Kälte so nah beieinander. Das Unfassbare, was Menschen einander antuen können. Und wie sie unter widrigsten Umständen zusammenfinden. Wie sie abwägen zwischen einander widersprechenden Pflichten, dem Schutz des Einzelnen und der Verantwortung für die Gruppe. Ein Besuch im Konzentrationslager Buchenwald machte es dann noch einmal begreifbarer, was so unbegreiflich ist.

Das Buch sollte jede:r gelesen haben. Es hilft, das “Niemals wieder” zu verstehen und zu bewahren. Ich muss an dieser Stelle gestehen: Die Filme habe ich nie geschafft, zu Ende zu schauen, musste stets mittendrin aufhören, trotz hochkarätiger Besetzung mit Erwin Geschonneck, Fred Delmare, Armin Mueller-Stahl und Gerry Wolff. Wo ich im Buch das Kopfkino auch mal technisieren und formalisieren konnte, sind die Bilder im Film dann kaum zu ertragen. Vor allem, wenn man in Buchenwald war und dort den eisigen Wind am eigenen Leib gespürt hat.

Carlo Collodi

[ 1826 … 1890 ]

Das könnte wieder ein Buch sein, das wir im Hort lasen und nicht im Unterricht. Bin mir jedoch nicht sicher. Ich kannte es natürlich schon längst aus der heimischen Bibliothek: “Die Abenteuer des Pinocchio” (oder auch “Pinocchios Abenteuer”). Wunderschönes Märchen!

Charles (John Huffam) Dickens

[ 1812 … 1870 ]

  • Oliver Twist (natürlich, darf nicht fehlen! Inklusive Theater-Besuch)
  • Eine Weihnachtsgeschichte

(Dame) Agatha (Mary Clarissa) Christie,
Lady Mallowan

[ 1890 … 1976 ]

Nachdem ich “Sherlock Holmes” (siehe oben) ausgelesen hatte, brauchte ich natürlich Nachschub. Auftritt: Hercule Poirot und Arthur Hastings. Später dann auch Miss Marple. Herrlich! Allerdings war es hier für mich schwerer, Ausgaben in der Bibliothek zu ergattern.

Hercule Poirot / Arthur Hastings

  • Das fehlende Glied in der Kette
  • Ein gefährlicher Gegner
  • Mord auf dem Golfplatz
  • Alibi (Roger Ackroyd und sein Mörder)
  • Die großen Vier
  • Der blaue Express
  • Das Haus an der Düne
  • Dreizehn bei Tisch (das mochte ich besonders, warum auch immer)
  • Mord im Orient-Express (Klassiker! Die neueste Verfilmung von und mit Kenneth Branagh ist übrigens sehr gut. Die beste bleibt für mich allerdings immer die mit Peter Ustinov.)
  • Nikotin (nachdem ich das gelesen hatte, kam ich nie in Versuchung je mit dem Rauchen anzufangen)
  • Tod in den Wolken
  • Die Morde des Herrn ABC
  • Mord in Mesopotamien
  • Mit offenen Karten
  • Der ballspielende Hund (bin mir nicht sicher, ob ich es gelesen habe oder nur den Film kenne)
  • Der Tod auf dem Nil (Klassiker!)
  • Rendezvous mit einer Leiche
  • Hercule Poirots Weihnachten (oh, ich fühlte so mit!)
  • Morphium
  • Das Böse unter der Sonne
  • Der Wachsblumenstrauß


Grandios sind hierzu übrigens die Verfilmungen mit David Suchet als Hercule Poirot, Hugh Fraser als Arthur Hastings, Philip Jackson als Chief Inspector Japp und Pauline Moran als Miss Lemon:

Miss Marple

  • Mord im Pfarrhaus
  • Die Tote in der Bibliothek
  • Ein Mord wird angekündigt
  • Fata Morgana
  • 16 Uhr 50 ab Paddington (Klassiker!)
  • Mord im Spiegel
  • Ruhe unsanft

Daniel (De)Foe

[ 1660 … 1731 ]

“Das Leben und die seltsamen Abenteuer des Robinson Crusoe”, ein Buch, das ich bei meinem Großvater im Bücherregal fand – lang bevor es überhaupt zur Schullektüre wurde. Die Räuberpistolen, die Traudel uns als “Gute-Nacht-Geschichten” vorlas, hatten hier wohl meine Vorliebe für Abenteurer geweckt. Ich bereue nichts ;-)

Dieter Noll

[ 1927 … 2008 ]

Uff, da fällt mir nur “Die Abenteuer des Werner Holt” ein. Ich weiß nur noch schemenhaft, dass ich mich mit der Hauptfigur des Werner Holt identifizieren konnte. Ich liebte ja auch die klassische Musik und bin von klein an ein tief pazifistischer Mensch. Das Buch diente vor allem dazu, den 2. Weltkrieg zu thematisieren. Ich fand es grauslig und drückte mich lieber vor derartiger Lektüre. Schlief dann schlecht, was der Gesundheit ja auch nicht gerade zuträglich ist. Sagte ich eigentlich schon, dass ich stets mit Buch ins Bett ging?

Schullektuere: 'Geschichten für Kinder

Schullektuere: 'Geschichten für Kinder" (Elizabeth Shaw)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Elizabeth Shaw

[ 1920 … 1992 ]

Ich bin mir nicht sicher, ob ihre “Geschichten für Kinder” Pflichtlektüre der ersten Klasse waren oder ob wir es einfach schon lesen konnten, weil es Teil der heimischen Bibliothek war. Elizabeth Shaw schrieb so charmant und konnte ihre Geschifhten wunderbar illustrieren. Ich mochte sie ausgesprochen gern. In Erinnerung geblieben sind vor allem

  • Die Schildkröte hat Geburtstag
  • Der kleine Angsthase
  • Guten Appetit
  • Zilli, Billi und Willi
  • Landmaus und Stadtmaus
Schullektuere: Zilli, Billi und Willi (Elizabeth Shaw). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: Zilli, Billi und Willi (Elizabeth Shaw)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Émile Zola

[ 1840 … 1902 ]

  • “Nana” (ob Schullektüre oder tatsächlich nur im Regal der Großeltern gefunden – ich weiß es nicht mehr so genau)
Schullektuere: 'Der Blaumilchkanal' (Ephraim Kishon). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Der Blaumilchkanal' (Ephraim Kishon)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Ephraim Kishon

[ 1924 … 2005 ]

Schon als Jugendliche einer meiner Lieblingsautoren. Ich mag den jüdischen Humor, wenngleich ich ihn oft als sehr schräg und bizzar empfinde. Mal schauen, an welche Satiren kann ich mich erinnern?

  • Arche Noah, Touristenklasse. Neue Satiren aus Israel
  • Der Blaumilchkanal
  • Salomos Urteil, zweite Instanz. Neue Satiren
  • Das große Kishon-Buch. Satiren
  • ABC der Heiterkeit. Lebenshilfe für Eilige
  • Bekenntnisse eines perfekten Ehemanns
  • … und die beste Ehefrau von allen
  • Undank ist der Welten Lohn
Schullektuere: 'Das doppelte Lottchen' (Erich Kästner). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Das doppelte Lottchen' (Erich Kästner)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Erich Kästner

[ 1899 … 1974 ]

Als Kind und heute einer meiner Lieblingsautoren!

  • “Emil und die Detektive”
  • “Pünktchen und Anton”
  • “Das fliegende Klassenzimmer”
  • “Die Konferenz der Tiere”
  • “Das doppelte Lottchen”
  • “Als ich ein kleiner Junge war” (habe ich sogar mal für Freunde, Verwandte und Familie eingelesen als Hörbuch)

Erich Maria Remarque

[ 1898 … 1970 ]

  • “Im Westen nichts Neues”
Schullektuere: 'Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber' (Ernest Hemingway). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber' (Ernest Hemingway)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Ernest Miller Hemingway

[ 1899 … 1961 ]

  • “Der alte Mann und das Meer” (großartig!)


Zusätzlich las ich:

  • “Wem die Stunde schlägt”
  • “In einem andern Land” (Kurzgeschichte, nicht der Roman)
  • “Das kurze glückliche Leben des Francis Macomber”
  • “Schnee auf dem Kilimandscharo”

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann

[ 1776 … 1822 ]

  • “Das Fräulein von Scuderi” (wieder so ein Buch, bei dem ich nicht sicher bin, ob es im heimischen Bücherregal stand oder auch Schullektüre war)
  • “Nußknacker und Mausekönig” (liebe Grüße an Pjotr Iljitsch Tschaikowski)
Schullektuere: 'Tinko' (Erwin Strittmatter). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Tinko' (Erwin Strittmatter)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Erwin Strittmatter

[ 1912 … 1994 ]

Ich weiß noch, dass ich das Buch gut nachvollziehbar fand, da ich selbst auf dem Dorf aufwuchs. Und auch das Pro und Kontra in Sachen Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) konnte ich nachvollziehen. Davon hatte ich über Erich, meinen Großvater einiges mitbekommen, wenn ich ihn auf seinen Esel-Fahrten (Traktor mit Holzsäge) im Dorf begleitet hatte. Ansonsten ist leider nicht viel aus der Lektüre hängengeblieben. An das Titelbild kann ich mich noch erinnern und es gibt einen DEFA-Film “Tinko”, der mir auch irgendwie bekannt vorkommt.

Fjodor Michailowitsch Dostojewski

[ 1821 … 1881 ]

  • Schuld und Sühne (nur in Auszügen und ich las es bis heute auch nie komplett)
  • Die Brüder Karamasow (ebenso)

Franz Fühmann

[ 1922 … 1984 ]

Ein Kinderbuch-Klassiker der DDR, der auch von der DEFA verfilmt und in der “Flimmerkiste” an einem Samstagnachmittag ausgestrahlt wurde: Die Suche nach dem wunderbunten Vögelchen.

Zudem ein vielgelesener Klassiker bei uns zu Hause: “Reineke Fuchs” (erzählt den Klassiker von Goethe – siehe oben – nach, grandios illustriert von Werner Klemke).

Schullektuere: 'Reineke Fuchs

Schullektuere: 'Reineke Fuchs" (Franz Fühmann)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Franz Kafka

[ 1883 … 1924 ]

  • “Das Urteil”
  • “Die Verwandlung”

Fand ich beides großartig. Es war so schräg und skuril. Ich verstand mehr das Gefühl denn die Worte. Und fand das gut. Insgeheim feixte ich auch über die bemühten Interpretationen vom Lehrpersonal. Da bröckelte das Bild des Allwissenden. Das fand ich ebenso gut anzuschauen und emanzipierte mich dadurch auch noch ein Stück mehr.

Friedrich Dürrenmatt

[ 1921 … 1990 ]

Schulstoff war vermutlich nur “Der Besuch der alten Dame”, ich las jedoch auch:

  • “Der Richter und sein Henker”
  • “ Die Physiker” (schon mehrere wirklich großartige Theater-Aufführungen dazu gesehen)

Friedrich Wolf

[ 1888 … 1953 ]

Unvergessen: Die Weihnachtsgans Auguste. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir der Entenbraten von Traudel an Weihnachten dennoch mundete. Allerdings versuchte ich mich eifriger im Stricken und brachte einen ganz stattlichen Schaal (gestreift natürlich!) zustande.

Schullektuere: Doppelband 'Das Wolkenschaf' (Fred Rodrian) und 'Die Weihnachtsgans Auguste' (Friedrich Wolf). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: Doppelband 'Das Wolkenschaf' (Fred Rodrian) und 'Die Weihnachtsgans Auguste' (Friedrich Wolf)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Georg Büchner

[ 1813 … 1837 ]

Das war dann schon Prima, glaube ich – 12. Klasse vermutlich. Wir beschäftigten uns mit Alban Berg im Musik-Unterricht und da gehörte “Woyzeck” natürlich auch mit dazu. Einordnen in die Geschichte und den Gesamtzusammenhang. Warm geworden bin ich damit jedoch nie. Die Unterdrückung, der Mord. 12-Ton-Musik ist jetzt ja auch nicht gerade meins. Das war dann irgendwie stimmig. Ich machte nur das Notwendige und betrachte es als “mal gehört”, abgehakt.

Gerhard Holtz-Baumert

[ 1927 … 1996 ]

Ein Buch, das ich sicher nicht ohne Pflicht gelesen hätte: “Alfons Zitterbacke” fand ich doof. Und zu “sozialistisch-linientreu”. (Kein Wunder, bei dem Autor!)

Schullektuere: 'Das gläserne Rätsel' (Gottfried Herold). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Das gläserne Rätsel' (Gottfried Herold)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Gottfried Herold

[ 1929 … heute ]

  • “Das gläserne Rätsel, Wie die Röntgenstrahlen entdeckt wurden “

Gottfried Herold steht für mich als “Naturwissenschaften in Roman-Form”. Davon hätte ich gern mehr gelesen. Ich fand das Leben von Wissenschaftler:innen stets genauso spannend wie ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse. Daher las ich – dann zusätzlich zur Pflichtlektüre – auch “Entdeckung neuen Lichtes” (historisch-biographische Erzählung über Wilhelm Conrad Röntgen, “Erwachsenen-Version” der Biographie, wenn ich mich recht erinnere) und “Hoffnung kocht in den Retorten” (historisch-biographische Erzählung über Justus von Liebig). Das waren Bücher aus der Stadtbibliothek. Ich weiß noch, dass ich sie schneller ausgelesen hatte, als es Nachschub gab. Irgendwann las ich dann die Naturwissenschaftler:innen auch selbst, zum Beispiel “Das Universum in der Nussschale” von Stephen Hawking. Nicht Teil des Lehrplans, jedoch meine Leidenschaft, entdeckt zu Abi-Zeiten durch einen großartigen Lehrer, der immer bereitwillig Buchtipps mit uns teilte. Danke Gogo!

'Das Universum in der Nussschale

'Das Universum in der Nussschale" (Stephen Hawking)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Gottfried Keller

[ 1819 … 1890 ]

  • “Kleider machen Leute”
  • “Romeo und Julia auf dem Dorfe” (lasen wir im Zusammenhang mit Shakespeare)

Gotthold Ephraim Lessing

[ 1729 … 1781 ]

Von Lessing lasen wir vor allem Fabeln. Da kann ich mich jedoch leider nicht mehr genau erinnern. Nur, dass ich sie mochte. Ich mochte die Bildlichkeit und das Kopfkino. Und auch “Die Moral von der Geschicht”. Da bin ich wohl empfänglich…

Und dann natürlich…

  • Nathan der Weise
  • Emilia Galotti
  • Minna von Barnhelm (Auslöser war ein Besuch im Theater – Gera oder Leipzig, ich weiß es nicht mehr)
Schullektuere: 'Das Blaue vom Himmel' (Hannes Hüttner). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Das Blaue vom Himmel' (Hannes Hüttner)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Hannes Hüttner

[ 1932 … 2014 ]

Eines der Bücher, an das ich mich erinnere, sie aus unserer Dorfbibliothek ausgeliehen zu haben: “Das Blaue vom Himmel”. Fand ich eher lala, gehört aber wohl zu den beliebtesten Kinderbüchern zu DDR-Zeiten.

Hans Christian Andersen

[ 1805 … 1875 ]

Seine Märchen und Erzählungen sind wunderbar! Ich habe sie alle geliebt, auch wenn sie oft traurig und ohne kitschiges “Happy End” sind. Eine kleine Auswahl meiner Lieblingsmärchen zur Erinnerung (es gab jedoch so viele mehr!):

  • Däumelinchen
  • Die Prinzessin auf der Erbse
  • Die kleine Meerjungfrau (das Original, nicht die Disney-Version!)
  • Des Kaisers neue Kleider
  • Die wilden Schwäne
  • Das hässliche Entlein
  • Die Schneekönigin
  • Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern
  • Der kleine Tuk

Hans Fallada

[ 1983 … 1947 ]

  • “Kleiner Mann, was nun?”
Winter in Kühlungsborn an der Ostsee. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Winter in Kühlungsborn an der Ostsee
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Hans Theodor Woldsen Storm

[ 1817 … 1888 ]

In jedem Fall las ich die Märchen

  • Der kleine Häwelmann
  • Die Regentrude

Bei den Novellen bin ich mir nicht sicher, ob ich diese nicht im Bücherregal von Traudel, meiner Großmutter und ihrerseits große Storm-Liebhaberin, fand und / oder sie Teil des DDR-Bildungskanons waren:

Heinrich Böll

[ 1917 … 1985 ]

  • “Haus ohne Hüter”
  • “Gruppenbild mit Dame”
  • “Das Vermächtnis”

Heinrich Mann

[ 1871 … 1950 ]

  • “Der Untertan”

Herman Melville

[ 1819 … 1891 ]

  • “Moby Dick” (bin mir allerdings nicht mehr sicher, ob es empfohlene Lektüre in der Schule war oder ob ich es von Rudi geschenkt bekam)

Hermann Kant

[ 1926 … 2016 ]

  • “Die Aula”

Horst Beseler

[ 1925 … 2020 ]

“Käuzchenkuhle” war eines der wohl erfolgreichsten Kinder- und Jugendbücher zu DDR-Zeiten. Ich gestehe, dass ich nur noch das Zitat aus der Verfilmung mit Manfred Krug im Kopf habe: “Sonne lacht? Blende acht!” Vielleicht auch wieder, weil es ein geflügeltes Wort in unserer Famlie von begeisterten Fotographen war? Hier vermengen sich Text (Buch), Film und Familien-Tradition so eng, dass ich nicht weiß, was davon jetzt wie stattgefunden hat.

Jack London

[ 1876 … 1916 ]

Das waren Bücher aus den Regalen meines Vaters und Großvaters. Bin mir nicht sicher, ob sie “Schulstoff” waren, in jedem Fall habe ich sie verschlungen:

  • “Ruf der Wildnis”
  • “Der Seewolf”
  • “ Wolfsblut”
  • “Lockruf des Goldes”
  • “Abenteuer eines Ballonfahrers”
Schullektuere: 'Grimms Märchen' (Jacob und Wilhelm Grimm). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Grimms Märchen' (Jacob und Wilhelm Grimm)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Jacob und Wilhelm Grimm
(Gebrüder Grimm)

Jacob Grimm [ 1785 … 1863 ] · Wilhelm Grimm [ 1786 … 1859 ]

Sämtliche “Kinder- und Hausmärchen”. Wir hatten sie als Sammelband. Ich erinnere mich, dass sie im Hort gelesen wurden, um Lesen zu üben.

Meine Großeltern schenkten mir dann noch “Deutsche Sagen” (2 Bände) und “Irische Elfenmärchen”. Die Sagen fand ich großartig. Die Elfenmärchen las ich zwar gern, sie waren mir jedoch nicht so eingängig und heute könnte ich keines davon frei aus dem Kopf erzählen. Leider haben meine Eltern die Bücher irgendwann weiterverschenkt.

James Krüss

[ 1926 … 1997 ]

  • Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen
Schullektuere: 'Sense and Sensibility' (Jane Austen). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Sense and Sensibility' (Jane Austen)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Jane Austen

[ 1775 … 1817 ]

  • “Verstand und Gefühl” (später, im Studium erstand – und las – ich das Werk dann in Englisch)
  • “ Stolz und Vorurteil”

Später las ich dann noch “Emma”, das ich in der Stadtbibliothek fand. Jane Austen hat mich beeindruckt und es waren mit die besten Schulstunden, die wir je in Deutsch hatten.

Jonathan Swift

[ 1667 … 1745 ]

  • “Gullivers Reisen”
Schullektuere: 'Ahnung und Gegenwart' (Joseph von Eichendorff). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Ahnung und Gegenwart' (Joseph von Eichendorff)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff

[ 1788 … 1857 ]

  • Ahnung und Gegenwart
  • Aus dem Leben eines Taugenichts
  • Das Marmorbild
  • Eine Meerfahrt
  • Das Schloß Dürande

Jules-Gabriel Verne

[ 1828 … 1905 ]

  • Die Reise zum Mittelpunkt der Erde
  • Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer
  • Reise um die Erde in 80 Tagen (Ich liebe die Verfilmung mit Peter Ustinov, Pierce Brosnan, Eric Idle und Julia Nickson-Soul von 1989 – großartig besetzt und kurzweilig)

Wenn ich mich recht erinnere, las ich auch “Die Gebrüder Kip”. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob ich wirklich das Buch las oder irgendwann den tschechischen Film sah. Aah, die Erinnerung…

Jurek Becker

[ 1937 … 1997 ]

  • “Jakob der Lügner”
Schullektuere: 'Känguruh Konrad' (Jutta Kirschner). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Känguruh Konrad' (Jutta Kirschner)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Jutta Kirschner

[ ? ]

Eines meiner frühesten Jugenderinnerungen ist das Buch “Känguruh Konrad” von Jutta Kirschner. Das hatte ich in der Schulbibliothek gefunden als ich mal den Bus verpasst hatte. Statt nur rumzusitzen war ich durch die Bücherregale spaziert und hatte wahllos etwas aus dem Regal gezogen. Den zweiten, letzten Bus verpasste ich dann auch noch. Das heißt, ich lief also mit meiner neuen Errungenschaft über eine Stunde durch den Wald aus dem Tal den Berg nach oben bis nach Hause. An die Geschichte selbst kann ich mich gar nicht mehr so gut erinnern. Ich fand Konrad auf jeden Fall fetzig, vor allem seine Mütze! Die Standpauke meiner Mutter und die Tracht Prügel meines Vaters, die unerbittlich folgten, ertrug ich. Im Kopf die Bilder und die Geschichte von Konrad.

Schullektuere: 'Die rote Zora und ihre Bande' (Kurt Held). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Die rote Zora und ihre Bande' (Kurt Held)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Kurt Held

[ 1897 … 1959 ]

Die rote Zora und ihre Bande. Ich kann mich nur noch erinnern, dass es mir zu lang war – so spannend scheint es also nicht gewesen zu sein. Wobei ich vermute, dass ich es einfach zu spät gelesen habe. Ebenfalls ein Werk aus dem heimischen Bücherregal, das ich auch heute noch besitze.

Schullektuere: 'Tom Sawyer & Huckleberry Finn' (Mark Twain). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Tom Sawyer & Huckleberry Finn' (Mark Twain)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Mark Twain (Samuel Langhorne Clemens)

[ 1835 … 1910 ]

“Tom Sawyer” und “Huckleberry Finn” sind natürlich unvergessen.

Ich las jedoch noch mehr (ob es Schulstoff war – ich weiß es nicht mehr, glaube jedoch eher nein):

  • Der Prinz und der Bettelknabe

Nikolai Alexejewitsch Ostrowski

[ 1904 … 1936 ]

Standardwerk zu DDR-Zeiten war natürlich der Roman “Wie der Stahl gehärtet wurde”.

Das Wertvollste, was der Mensch besitzt, ist das Leben. Es wird ihm nur einmal gegeben, und er muss es so nützen, daß ihn sinnlos verbrachte Jahre nicht qualvoll gereuen, die Schande einer kleinlichen, inhaltslosen Vergangenheit ihn nicht bedrückt und daß er sterbend sagen kann: Mein ganzes Leben, meine ganze Kraft habe ich dem Herrlichsten in der Welt – dem Kampf für die Befreiung der Menschheit – geweiht. Und er muß sich beeilen, zu leben. Denn eine dumme Krankheit oder irgendein tragischer Zufall kann dem Leben jäh ein Ende setzen.

Nikolai Alexejewitsch Ostrowski

"Wie der Stahl gehärtet wurde"

Hier war es wie so oft: Das Buch an sich war gar nicht schlecht. Vor allem wurde mir das dann im Landeskunde-Semiar während meines Studiums noch einmal deutlich: Was wir daraus über die russische Seele und Kultur lernen können. Doch die Interpretation und der stets erhobene Zeigefinger machten mir die Erarbeitung in der Schule zum Graus. Ich habe daraus eigentlich nur gelernt, dass ein Auseinandersetzen mit einem Werk mehr über die Person des Interpretators sagt und über das, was dann als offizielle Antwort in der Klassenarbeit aufgeschrieben werden muss – als über mich und was ich mithilfe der Lektüre über Land und Leute, Kultur und Gesellschaft lernen kann.

Was mich heute wundert: Wir lasen das Buch in Deutsch. Nicht etwa in Russisch. Nicht mal in Auszügen.

Paul Thomas Mann

[ 1875 … 1955 ]

  • Buddenbrooks – Verfall einer Familie (sehr gern gelesen, wenn auch elendig lang)
  • Der Zauberberg
  • Lotte in Weimar (als Goethe-Fan natürlich ein Muss, war vermutlich “Sternchen-Lektüre”)
  • Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
  • Der Tod in Venedig
  • Herr und Hund. Ein Idyll
  • Mario und der Zauberer
Schullektuere: 'Ich bin die Nele' (Peter Brock). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Ich bin die Nele' (Peter Brock)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Peter Brock

[ 1916 … 1982 ]

“Ich bin die Nele” (…und heiße Sonntag). Ich mochte das Kinderbuch sehr. Mir kam aber für meinen Geschmack zu viel “Pioniernachmittag” vor. Immerhin: So wusste ich, was dort passierte. Meine Klassenkamerad:innen lachten sich kringelig und bestätigten, dass das alles genau so war. Ich hatte glücklicherweise mittwochs Orchesterprobe und war daher ausnahmsweise befreit. Ich musste dafür zu den Anlässen in der Schule immer Geige spielen (habe es gehasst). Der Preis war jedoch ok, dafür, dass ich dadurch von weiterer sozialistischer Prägung befreit war.

Siegfried Lenz

[ 1926 … 2014 ]

  • “ Deutschstunde”

Erschreckend, ich lese den Inhalt und erinnere mich kaum noch. Ich weiß, dass wir es lasen. Doch hinterlies es keinen bleibenden Eindruck. Ich glaube, es war einfach die Fülle von “Nachkriegsliteratur”, die mich auf die Dauer ermüdete. Ich war jung. Ich wollte nicht ständig deprimierende Bücher lesen. Die Schuld und Sühne fand ich irgendwann aufgesetzt und nicht mehr echt.

Schullektuere: Stefan Zweig. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: Stefan Zweig
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Stefan Zweig

[ 1881 … 1942 ]

  • Verwirrung der Gefühle. Drei Novellen. (Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau, Untergang eines Herzens, Verwirrung der Gefühle – sehr geliebt)
  • Sternstunden der Menschheit. Fünf historische Miniaturen. (Nur in Auszügen, habe ich mir erst kürzlich wieder vorgenommen, sie noch einmal zu lesen)
  • “Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam” (im Unterricht lasen wir es nur in Auszügen, da mir Zweig gefiel, las ich alles)
  • “Magellan. Der Mann und seine Tat” (Buch, das unser Geschichtslehrer nach der Wende heranzog, um mit uns über Recherche von Quellen und das Prüfen ihrer Echtheit zu sprechen. Fand ich seinerzeit sehr interessant)
  • “Schachnovelle” (eines meiner Lieblingsbücher, ich weiß nicht, wie oft ich das schon gelesen habe!)
  • “Rausch der Verwandlung” (fand ich vor allem klasse, als wir dann Kafka lasen und über unterschiedliche Interpretationen eines Themas diskutierten)

Wir lasen auch aus den diversen Briefwechseln. Fand ich damals aber weniger spannend als die Romane und Novellen.

Theodor Fontane

[ 1819 … 1898 ]

“Es ist ein weites Feld, Luise.” Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaahrg.

Wie ich diesen Satz habe zu hassen gelernt. Fontane mit seinen elendigen Schachtelsätzen über mehrere Seiten. Nix für mich. Den Rest hat mir gegeben, dass wir (wohl aufgrund der Liebe unserer Lehrerin zu diesem Autor) monatelang in “Effie Briest” lasen. Es nahm und nahm kein Ende. Ich las das Buch nicht bis zum Schluss. Und erst kürzlich nutzte ich das Angebot in Netflix, mir mal eine filmische Interpretation des Schinkens anzuschauen. Nun ja. Nix verpasst, würde ich sagen.

Weitere Werke, mit denen ich gequält wurde:

  • Irrungen, Wirrungen (das fand ich irgendwie ehrlich – Schreibstil und Thema passen zusammen)
  • Der Stechlin (nur kurz aufgeschlagen und außer der ersten drei Seiten nix von gelesen)

In dieser Phase lernte ich, wie ich Klassenkamerad:innen klever in Gespräche über die Bücher verwickle (Danke Rudi-Batschi, mein Lehrmeister) und mir so ausreichend Wissen aus dritter Hand aneignete, um die Klassenarbeiten zu bestehen. Und natürlich im Unterricht gut aufpassen. Mehr Zeit investierte ich in diese Schwarten nicht. Mut zur Lücke!

Tschingis Torekulowitsch Aitmatow

[ 1928 … 2008 ]

“Djamila” muss eines der letzten Bücher gewesen sein, dass ich noch an der POS las (8. Klasse). Ich erinnere mich an die peinliche Gerührtheit in der Klasse, mit der wir schüchtern unsere eigenen Liebeleien zu kaschieren versuchten. Vergeblich natürlich. Jeder wusste, dass ich in Daniel Zimmermann schon seit der ersten Klasse verschossen war. Acht Jahre unglücklich verliebt und in dem Moment, da ich bekannt gab, den Klassenverbund zu verlassen, näherten wir uns zaghaft an. Was für eine Tragik! Ich war damals kreuzunglücklich.

Ulrich Plenzdorf

[ 1934 … 2007 ]

  • Die neuen Leiden des jungen W (siehe Goethe)
Schullektuere: Märchenbücher. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: Märchenbücher
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Wilhelm Hauff

[ 1802 … 1827 ]

Da ich als Kind Märchen aus aller Herren Länder las, schenkten mir meine Großeltern irgendwann auch das Märchenbuch von Wilhelm Hauff. Geschichten, an die ich mich auch heute noch erinnere:

  • Die Geschichte vom kleinen Muck
  • Märchen als Almanach (“In einem schönen fernen Reiche, von welchem die Sage lebt, daß die Sonne in seinen ewig grünen Gärten niemals untergehe…”)
  • Die Karawane
  • Die Geschichte von Kalif Storch
  • Zwerg Nase
  • Das Wirtshaus im Spessart
  • Das kalte Herz

Pflichtlektüre aus meiner Schulzeit:
Lyrik

Widmen wir uns der Dichtung in Versform, den Gedichten. Hier kann ich leider nicht mehr in POS und EOS unterscheiden. Da verwischen die Erinnerungen zu sehr, um es noch mit Sicherheit unterscheiden zu können. Ich fand die Art und Weise interessant, mit der wir uns den Werken näherten: Wir lasen den Text – still, vorgelesen von der Lehrerin/dem Lehrer, in verteilten Rollen. Wir beschäftigten uns mit unterschiedlichen Interpretationen – vor allem aus der Musik. Das fand ich stets sehr spannend! Wir rezitierten. Wie öde! Drölfzig Mal dasselbe??? Ich nehme an, es sollte dem dienen, dass wir die Gedichte wirklich auswendig drauf hatten.

Was ist nach nunmehr drei Jahrzehnten von damals hängengeblieben? Wohl nur der “Osterspaziergang” (Faust I von Johan Wolfgang Goethe). Und das auch nur, weil meine Großmutter Traudel ihn mit uns alljährlich zu Ostern rezitierte. So ein bisschen wie die Weihnachtslieder an Weihnachten, die man auch nur über die Jahre durch unzählige Wiederholungen verinnerlicht.

Alexander Sergejewitsch Puschkin

[ 1799 … 1837 ]

  • Ruslan und Ljudmila (Gruß geht an Michail Iwanowitsch Glinka für die Vertonung)
  • Boris Godunow (Gruß an Modest Petrowitsch Mussorgski)

Mit Puschkin verschwimmt Dichtung mit Musik mit Malerei. Irgendwie muss ich dabei auch immer an Ilja Repin und “Die Wolgatreidler” denken. Schon seltsam, wie die Erinnerung Verbindungen zieht und Erinnerungsfetzen zusammenbaut zu interessanten Gebäuden.

Бурлаки на Волге (Die Wolgatreidler, 1870-1873) von Ilja Jefimowitsch Repin (1844-1930). Bild: cc gemeinfrei

Бурлаки на Волге (Die Wolgatreidler, 1870-1873) von Ilja Jefimowitsch Repin (1844-1930)
[ 2021-08 gemeinfrei ]

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

[ 1798 … 1874 ]

Der alte Hoffmann wurde ja oft vertont. Insofern sind mir seine Natur-Gedichte vor allem in Liedform begegnet. Und auch die ein oder andere Prosa weckt positve Erinnerungen. War der Liebling meiner Großmutter mütterlicherseits. Wir nannten sie manchmal Lärche, weil sie so gern sang. Insofern habe ich diese wohl auch nicht vergessen. In meinen ersten acht Schuljahren (bis ich 14 war) waren mein Bruder und ich mittags und nachmittags bei ihr. Ihr machte es immer eine Freude, wenn wir ein Gedicht oder Liedchen aus der Schule mitbrachten. Bevor wir Racker uns also austoben mussten, war immer auch eine musische Minute für


Pfeifen mochte Lotte übrigens überhaupt nicht. Da musste ich mir dann diesen Spruch anhören: “Mädchen die pfeifen und Hähne die krähn, den muss man beizeiten den Hals umdrehn.” Wenn mir also der Text nicht mehr einfiel, musste ich auf la-la-la-la-la zurück greifen, bevor es böse Blicke hagelte. Heute lache ich herzlich darüber. In jedem Fall hat es seinerzeit meine Textfestigkeit geschult. Von der ersten bis zur letzten Strophe.

Bertolt Brecht

[ 1889 … 1956 ]

Ich liebe Bertold Brecht. Dieses Trockene. Die Schärfe. Das Gewitzte. Gleichwohl empfinde ich ihn als intellektuelle Herausforderung. Diese Theater-Kultur, bei der man den Kopf hebt, Brust raus, Arsch rein und am besten auch eine Nickel-Brille auf die Nase. Und das aber nicht als wahrender Anschein, sondern von innen kommend. Ich weiß nicht, ob ich das hier gut ausdrücke. Mit Brecht fühle ich mich jedenfalls stets ein wenig klüger als vorher.

Und jetzt erinnere Dich noch mal an die Ethik und Moral des sozialistischen Bildungsauftrags von oben, an die konstante Überwachung der Stasi, an die “Pseudo-Wahlen” – und nun lies Dir diese kleine Textstelle aus “Der Jasager” durch. Genau!

Wichtig zu lernen vor allem ist Einverständnis
Viele sagen ja, und doch ist da kein Einverständnis
Viele werden nicht gefragt, und viele
Sind einverstanden mit Falschem. Darum:
Wichtig zu lernen ist Einverständnis.

Bertold Brecht

Der Jasager

Wie war das zu DDR-Zeiten? Ich war zu jung, um es gut beurteilen zu können. Hier einer, der es wissen muss, über Brecht:

Für mich ist Brecht in jedem Fall auch mit der Friedensbewegung verbunden. Ich erinnere mich vor allem an heimliche Theater- und Kabarett-Besuche mit Brecht-Programm. Meinen Eltern (sehr linientreu) erzählte ich besser nichts davon. Das steht im Widerspruch zu dem, wovon Gysi spricht. Vielleicht bekomme ich das irgendwann doch noch auseinandergedröselt. Aus seinem Werk in jedem Fall in Erinnerung geblieben sind mir:

  • Die Dreigroschenoper
  • Der Jasager (Gruß an Paul Hindemith und Hanns Eisler)
  • Mutter Courage und ihre Kinder
  • Leben des Galilei
  • Die Verurteilung des Lukullus (Musik-Unterricht: Paul Dessau, war nicht mein Fall)
  • Und weil der Mensch ein Mensch ist (Hans Eisler, Arbeiterlied)


Definitiv erst gegen Ende meiner Schulzeit, als auch der 17. Juni (zögerlich) aufgearbeitet wurde, war dann auch das Gedicht “Die Lösung” bei uns Schulstoff:

Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
Zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?

Bertold Brecht

"Die Lösung"

Quelle: Buckower Elegien, 1953. In: Ausgewählte Werke in sechs Bänden. Dritter Band: Gedichte 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1997. S. 404

Mein absolutes Lieblingslied von Brecht heute? Das Lied von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens (Musik: Kurt Weill, gesungen von Brecht selbst):

Der Mensch lebt durch den Kopf
der Kopf reicht ihm nicht aus
versuch es nur; von deinem Kopf
lebt höchstens eine Laus.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht schlau genug
niemals merkt er eben
jeden Lug und Trug.

Ja; mach nur einen Plan
sei nur ein großes Licht!
Und mach dann noch´nen zweiten Plan
gehn tun sie beide nicht.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht schlecht genug:
doch sein höch´res Streben
ist ein schöner Zug.

Ja; renn nur nach dem Glück
doch renne nicht zu sehr!
Denn alle rennen nach dem Glück
Das Glück rennt hinterher.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht anspruchslos genug
drum ist all sein Streben
nur ein Selbstbetrug.

Der Mensch ist gar nicht gut
drum hau ihn auf den Hut
hast du ihn auf den Hut gehaut
dann wird er vielleicht gut.
Denn für dieses Leben
ist der Mensch nicht gut genug
darum haut ihn eben
ruhig auf den Hut.

Bertold Brecht

“Lied von der Unzulänglichkeit des menschlichen Strebens”

(Christian Johann) Heinrich Heine

[ 1797 … 1856 ]

Heinrich Heine war klasse, mochte ich von Anfang an. Heute sind mir seine Gedichte größtenteils arg kitschig. Als Mädchen liebte ich das. So was wie Die Nixen zum Beispiel. Oder Waldeinsamkeit. Heute muss ich lachen, wenn ich es lese. Meine Güte war ich naiv! Doch Ritter, Edelfrauen, Helden und Heldinnen hatten es mir damals angetan. Ich liebte Märchen und vor allem Sagen. Und Heine war das halt in Reimform.

An ihm beeindruckte mich jedoch vor allem, wen er kannte und mit wem er Freundschaften pflegte. Ich hab das gerade noch mal recherchiert: zum Beispiel die von mir geschätzten Alexander von Humboldt, Alexandre Dumas, Franz Grillparzer, Frédéric Chopin, Hector Berlioz und Richard Wagner. Zu DDR-Zeiten war diese Internationalität ein Wunder, das uns leider durch die Reisebeschränkungen verwehrt war. Dabei hatte ich noch Glück. Meine Großeltern hatten eine große Wohnung. In Leipzig waren zu Messezeiten die Hotelzimmer stets knapp und so gab es die Vorgabe der Stadt, dass – unter strengen Auflagen und feinmaschiger Beobachtung der Stasi – Fremdenzimmer angeboten werden mussten. Für uns war es ein Fest, wenn jährlich im Frühjahr und im Herbst internationales Flair hereinströmte. Wir saßen dann oft zu zwölft oder mehr an der langen Tafel, unterhielten uns mit Händen und Füßen, kosteten die ein oder andere exotische Speise (Gewürze, Nüsse, Südfrüchte – Raritäten zu DDR-Zeiten), hörten und sangen fremde Lieder. Wir redeten uns um Kopf und Kragen. Ich liebte das!

Vielleicht mag ich daher auch dieses Zitat von Alexander von Humboldt so sehr:

zitatinte: Alexander von Humboldt -- Weltanschauung
[ 2017-09-08 Franziska Köppe | madiko ]

Das Wissen um das gegenseitige Besuchen und Verweilen an Orten der Begegnung zu Heines Zeiten war einer der Momente in meiner Schulzeit, in denen ich verstand, wie alles zusammenhängt – Geschichte, Gesellschaft, Kunst, Kultur, Krieg(e) und Frieden. Und wie viel einfacher ich mich tue im Lernen, wenn ich diese unsinnigen Trennung zwischen den Schulfächern auflöse. Das ich es am eigenen Leib im Haus meiner Großeltern erlebte, machte es mir begreifbar. Wirklich bedauerlich, dass das nicht mehr von den Lehrplänen gefördert wurde. Wir mussten selbst draufkommen und es uns hart erarbeiten. Wieder einen großen Dank an meinen Rudi-Batschi, der mir half, diese Verwirrungen und Verbindungen aufzudecken! (Ich möchte lieber nicht wissen, wie viel davon von der Stasi mitgehört wurde.)

Welche Werke blieben mir von Heine hängen? Da wären unzählige Lieder. Allen voran das Lied von der Loreley, das Lotte fast täglich trällerte. Eines meiner liebsten ist “Leise zieht durch mein Gemüt” und ich kann hier nicht sagen, was mich mehr bewegt der Text oder die Vertonung für Chor von Felix Mendelsohn Bartholdi. Es ist gar nicht so einfach, eine hörbare Version davon zu finden. Am besten gefällt mir die Interpretation vom Dresdner Kreuzchor. Sie kommt an die Schlichtheit heran, die ich dabei im Kopf und Herzen habe.

Und dann wäre da natürlich Deutschland. Ein Wintermärchen und Nachtgedanken. Ich war fünfzehn als wir die Werke lasen. Mir offenbarte das Gedicht, dass ich kein enges Verhältnis zu meinen Eltern hatte. Es war der Beginn des äußerlichen Abnablungsprozesses von meiner biologischen Familie. Und es war ein Empanzipieren in der Friedensbewegung, der ich mich (heimlich) angeschlossen hatte.

Heute, mit Blick auf die Bundestagswahl im September kommt mir das Zitat wieder in den Sinn: “Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.” Das ist wohl auch in meinem Sprachgebrauch tief eingegraben. Beide Werke wecken die Erinnerung an eine Zeit als 1990 Woche für Woche neue Erkenntnisse über die SED-Regierungsmitglieder ans Licht kamen, die uns bis ins Mark erschütterten. Die unser Weltbild ins Wanken brachten und so gräßlich unüberschaubar offenlegten, wo sozialistische Ideale und sozialistische Realität auseinanderklafften. Für mich (und wohl auch für meine Klassenkamerad:innen) war das “Wintermärchen” ein Anker. Ein Startpunkt, um über das Unaussprechliche ins Gespräch kommen zu können. Es war Metapher und Impulsgeber für zahlreiche Diskussionen. So ist es eng verwoben mit meiner heutigen Biographie.

Kommt Dir alles bekannt vor? Hat sich nicht viel verändert? Ja, leider. Das passiert, wenn (Berufs)Politiker zu lange auf ihren Posten verharren. Das System wird starr und verliert seine Fähigkeit, große gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen.

Friedrich Schiller

[ 1759 … 1805 ]

Natürlich ebenfalls ein Muss! Seine Lyrik war mir nie so eingängig wie die Goethes. Heute, da ich dies schreibe, bin ich selbst irritiert, wie eng ich die beiden stets in einen Topf werfe. Gut, dass mir das auffällt und ich es damit überwinden kann! Was blieb im Gedächtnis?

An allererster Stelle steht wohl “Die Huldigung der Künste”. Auch heute noch empfinde ich einen Baum als Symbol der Heimat in Vereinigung mit den sieben Künsten (Architektur, Malerei, Musik, Poesie, Skulptur, Schauspielkunst und Tanz) als etwas Wunderbares, Erstrebenswertes.

Und wie der Baum sich in die Erde schlingt
Mit seiner Wurzeln Kraft und fest sich kettet,
So rankt das Edle sich, das Treffliche,
Mit seinen Thaten an das Leben an.
[…]
Denn aus der Kräfte schön vereintem Streben
Erhebt sich, wirkend, erst das wahre Leben.

Friedrich Schiller

Die Huldigung der Künste

Sicher nur wenige der Verse, die meine Liebe zur Natur, zum Generalistentum und humanistischer Bildung stark prägten. Ehrlicherweise muss ich jedoch hier zugeben, dass die Auswahl zu Schulzeiten wohl hauptsächlich darauf zurückzuführen war, dass dieses letzte dramatische Werk Schillers zu Ehren der Erbprinzessin Maria Pawlowna, Tochter des russischen Zaren Paul I., am 12. November 1804 in Weimar uraufgeführt wurde. Russland-Nähe (Druschba Tawarischtsch!) und dann noch Heimat-Bezug – da konnte kein:e Lehrer:in dran vorbei.

Zweites Werk, das heute noch einen aktiven, wichtigen Teil in meinem Leben ausmacht: “An die Freude”. Hier wird meine Erinnerung mindestens an Silvester aufgefrischt, doch als intensive Beethoven-Hörerin hat sich der Text natürlich mit der 9. Sinfonie tief ins Unterbewusstsein eingegraben. Unvergessen. Wichtiger, wertvoller Teil meines Lebens.

Was noch?

  • Der Handschuh
  • Der Ring des Polykrates (gefundenes Fressen für die Moral und Ethik der DDR)
  • Der Kampf mit dem Drachen
  • Die Bürgschaft
  • Das Lied von der Glocke


Ich bilde mir ein, wir hätten auch behandelt:

  • Die Kraniche des Ibykus

… kann jedoch sein, dass ich es einfach mitlas, während wir uns wieder elendig lang über Interpretationen ein und desselben Werks beugten.

Gotthold Ephraim Lessing

[ 1729 … 1781 ]

Hm, hier wird es dünn in meiner Erinnerung. Bekannt kommt mir nur vor Die drey Reiche der Natur … und sei es, dass es als Beispiel für Paarreime bzw. Jambus von uns herangezogen wurde? Ich weiß es nicht mehr. Wir lasen da wohl eher die Fabeln und Geschichten (siehe oben).

Winter in Kühlungsborn an der Ostsee. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Winter in Kühlungsborn an der Ostsee
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Hans Theodor Woldsen Storm

[ 1817 … 1888 ]

Hier muss ich wieder aufpassen, wer mich beeinflusst hat. In jedem Fall war er, wie ich ja schon schrieb, einer der Lieblingsautoren von Traudel. Wenn wir am Ostsee-Strand wanderten, war klar, dass irgendwann Am grauen Strand, am grauen Meer (Die Stadt) rezitiert wurde. Und da wir – wenn nicht im Winter (Febuar/März) – im Oktober/November an der Ostsee waren, folgte bald darauf auch “Herbst”. Dunkel kann ich mich auch noch an “Hinter den Tannen” erinnern. Dann eher als Gedicht-Buch, das Traudel mir am Bett las bevor sie eine Räubergeschichte herausholte, die mich dann in den Schlaf wiegen sollte.

An Weihnachten war es natürlich Knecht Ruprecht, der von draußen, vom Walde her kam und verkündete “es weihnachtet sehr”.

Schullektuere: Lehrer Lämpel (Wilhelm Busch). Bild: cc gemeinfrei

Schullektuere: Lehrer Lämpel (Wilhelm Busch)
[ 1908 gemeinfrei ]

(Heinrich Christian) Wilhelm Busch

[ 1832 … 1908 ]

Wir hatten zu Hause das dicke “Busch-Album” mit “Max und Moritz”, “Kleine Honigdiebe”, “Das Bad am Samstagabend”, aber auch der “Frommen Helene”, Bilderpossen (“Katz und Maus”, “Hänsel und Gretel”, “Krischan mit der Piepe” und “Der Eispeter”) und vielen mehr. Ich finde auch heute noch seine Zeichnungen einfach großartig!

Ich widmete ihm daher auch eines meiner zitatinte.

zitatinte: Wilhelm Busch / Das Glück nach seinem Sinn
[ 2019-12-30 Franziska Köppe | zitatinte ]

Hermann (Karl) Hesse

[ 1877 … 1962 ]

  • Stufen (“Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne”)
  • Glück
  • In Sand geschrieben
  • Das Glasperlenspiel
  • Bekenntnis
  • Im Nebel (Mag ich ganz besonders)

Zu Schulzeiten kannte ich Hesse ausschließlich in Reimform. Erst kürzlich entdeckte ich seine philosophischen Bücher und lese aktuell “Eigensinn macht Spaß”. Nun, der Titel allein zeigt ja schon: Zu DDR-Zeiten wäre das ein Unding gewesen.

Homer

Beides! Stand auch im Regal bei Rudi und Traudel und hatte ich demnach ebenfalls gelesen, bevor es Schulstoff wurde:

  • Odyssee (hatte ich als Sage schon gelesen, weswegen ich mich mit dem Epos leicht tat)
  • Ilias (dito)

Johann Wolfgang Goethe

[ 1949 … 1832 ]

Mein absolutes Lieblinswerk ist “Faust – Der Tragödie erster Teil”. Jetzt ist es raus. Ich fand es als Kind vor allem lustig, wie viele Zitate ich aus dem familiären Sprachgebrauch schon kannte, die ich bei der Lektüre dann im Original fand. Gleich in der ersten Zeile: “Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten” – die euphemistische Umschreibung meiner Mutter, wenn mein Vater mal wieder zu tief ins Glas geschaut hatte. Oder: “Staub soll er fressen, und mit Lust” – die Aufforderung in unserem Hause, doch bitte schneller zu fahren. Ebenso oft und gern zitiert: “Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.”, wenn unsereiner sich nicht entscheiden konnte. So geht es fast Seite für Seite weiter.

Mit der Tragödie zweitem Teil, den ich selbstverständlich auch las, tat ich mich deutlich schwerer. Die griechische Mythologie ist mir zu kompliziert. :-)) Vermutlich sollte ich mal eine Sketchnotes machen mit den Familienverhältnissen der Protagonisten. Vielleicht finde ich dann einen Zugang?

Was noch?

  • Götz von Berlichingen (“Drum soll er mich…” nun ja, auch das ein geflügeltes Wort in unserer Familie)
  • Egmont (Da war wieder die Musik im Spiel. Sagte ich schon, dass wir in der Familie auch Beethoven-Fans sind?)
  • Iphigenie auf Tauris (dito)


… und dann natürlich ein Auszug aus den berühmtesten Gedichten (alle irgendwann auch mal auswendig gelernt und sofern nicht als Liedchen verinnerlicht, fast komplett wieder vergessen):

  • Heidenröslein
  • Prometheus
  • Der König in Thule
  • Rastlose Liebe
  • An den Mond
  • Wandrers Nachtlied, inklusive “Ein Gleiches” (Über allen Gipfeln)
  • Der Erlkönig
  • Der Zauberlehrling
  • Die erste Walpurgisnacht (aus Gründen der Musik wieder)
  • Vermächtnis

Johannes R. Becher

[ 1891 … 1958 ]

Urgs. Der kam uns zu den Ohren raus und hat doch keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Hymnen auf den Sozialismus (zusammen mit Hanns Eisler [ 1898 … 1962 ]). Keine wirklich überzeugend.

Schullektuere: Walther von der Vogelweide (Codex Manesse). Bild: cc gemeinfrei

Schullektuere: Walther von der Vogelweide (Codex Manesse)
[ 1305 ... 1340 gemeinfrei ]

Walther von der Vogelweide

[ um 1170 … um 1230 ]

  • Reichston (“Ich saz ûf eime steine, und dahte bein mit beine, …”)
  • “Herzeliebez vrouwelin”
  • “Under der linden”

… sehr amüsante Unterrichtsstunden, vor allem, wenn im Original rezitiert werden sollte. Zum Glück stand nebendran die hochdeutsche Übersetzung.

William Shakespeare

[ 1564 (getauft) … 1616 ]

Noch ein Klassiker, der in keinem Lehrplan fehlen darf. Mal schauen, was mir noch einfällt, das ich definitiv zu Schulzeiten las. Ein Teil meiner Erinnerungen vermischt sich mit meinem Englisch-Studium dann an der Uni…

  • Hamlet
  • Othello (Saluti Giuseppe Verdi e Gioachino Rossini!)
  • Macbeth (auch hier intensive Beschäftigung mit Interpretationen von Giuseppe Verdi, Richard Strauss und – sehr cool: Duke Ellington)
  • Verlorene Liebesmüh
  • Der Widerspenstigen Zähmung
  • Ein Sommernachtstraum
  • Was ihr wollt
  • Der Kaufmann von Venedig (Theaterbesuch)
  • Viel Lärm um nichts (Theaterbesuch)
  • Wie es euch gefällt (Theaterbesuch)
  • Die lustigen Weiber von Windsor (Theaterbesuch)


Mit Sicherheit war auch mindestens einer der Heinrichs und/oder Richard mit dabei. Das bekomme ich jedoch überhaupt nicht mehr auseinanderdividiert, da ich die Heldensagen ja auch schon als Sagen gelesen hatte und die ein oder andere Oper von meinen Großeltern kannte.

Wenn ich mich Recht erinnerte, dichteten wir auch viel von Shakespeare um, wenn wir von 1989 bis 1993 fast monatlich in der Öffentlichkeit und beim Kultusministerium dafür werben mussten, dass unser Musik-Spezialzweig erhalten bleibt. Wir waren ein Versuchsprojekt (die erste der m-Klassen) und bangten nach der Wende eigentlich ständig bis zum Abi um unseren Schulplatz. Heute genießen die Musik-Klassen am Rutheneum Weltruhm. Bin ein bisschen stolz, da mit beigetragen zu haben. Beweisfoto gefällig? Auf dem Foto der Archiv-Bildergalerie vom Konzertchor sitze ich gleich vorn links.

Duke Ellington widmete Shakespeare übrigens insgesamt 12 Stücke: Such Sweet Thunder (YouTube-Playlist). Ein bisschen Hintergrundinfo gibt die Folger Shakespeare Library in ihrem Podcast Duke Ellington, Shakespeare, and Such Sweet Thunder.

Lady Mac
[ 2017-01-26 Duke Ellington | 3'35'' ]

Pflichtlektüre aus meiner Schulzeit:
Gesellschaftspolitische Werke

Die Zeiten an der Polytechnischen Oberschule (POS) waren natürlich auch geprägt von Schwarten von Karl Marx, Wladimir Iljitsch Lenin, Ernst Thälmann (vielmehr: Irma Thälmann “Erinnerungen an meinen Vater”), Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Christa Wolf, Erwin Strittmatter, Hermann Kant und so weiter. Wir lasen hier weniger die Komplett-Werke, sondern alles in Form von Aufsätzen, Pamphleten oder Auszügen aus ihrem Œuvre.

Schullektuere: 'Von Anton bis Zylinder' (Lexikon für Kinder). Bild: copy Internetfund (Kleinanzeigen)

Schullektuere: 'Von Anton bis Zylinder' (Lexikon für Kinder)
[ 2021-08 Internetfund (Kleinanzeigen) ]

Meine wohl allererste Begegnung mit marxistisch-leninistischer Weltanschauung war das Kinder-Lexikon “Von Anton bis Zylinder”. Ich erinnere mich vor allem daran, dass es in meinem eigenen Regal stand. Ob ich es wirklich nutzte? Hm, so genau weiß ich es nicht mehr. In Wikipedia lese ich darüber nach:

“Von Anton bis Zylinder: Das Lexikon für Kinder” war das erfolgreichste Sachbuch der Kinder- und Jugendliteratur der DDR. […] Das Nachschlagewerk sollte Kindern ab etwa 7 Jahren auf belehrende, aber auch ästhetisch-ansprechende Art polytechnische, naturwissenschaftliche, gesellschaftspolitische und populärwissenschaftliche Bildung vermitteln. Dabei sollten die Kinder frühzeitig mit dem rationellen Nachschlagen von Begriffen vertraut gemacht zu werden. […] Entsprechend der konzeptionellen Vorgabe, ein Lexikon mit 700 bis 1000 Stichworten für Kinder der Unter- und Mittelstufe zu gestalten, wurde besonderes Augenmerk auf das Prinzip der Veranschaulichung und Vereinfachung der Texte gelegt. Die Texte wurden in kurzen, leicht verständlichen Sätzen abgefasst. Die Stichworte orientierten sich an den gesetzlichen Schullehrplänen. Sie sollten dabei sowohl Allgemeinbildung vermitteln als auch einen Beitrag zur politisch-weltanschaulichen und moralischen Erziehung leisten.

“Das Kapital” stand im heimischen Bücherregal. Es war im Elektronik-Studium meiner Eltern Pflichtlektüre und musste erworben werden. Ich hatte das schwarz-gebundene Buch mit dem kräftig roten Papierumschlag und Marx’ Konterfei auf dem Titelblatt oft in der Hand, las ein (halbes) Kapitel und stellte es zurück. Oftmals, ohne wirklich verstanden zu haben. Marx zu lesen war eher wie eine technische Übung für mich. Quasi meine regelmäßig wiederholte Lese-Ethüde.

Ich bin mir nicht sicher, ob mich meine Erinnerung täuscht, doch verbinde ich die gesellschaftlichen Werke und ihre Interpretationen vor allem mit dem Schulstart im September (der 01.09. als Weltfriedenstag war einheitlich für uns stets Schulstart), dem Republik-Geburtstag (7. Oktober) und natürlich dem 1. Mai, der damals “Internationaler Kampf- und Feiertag der Werktätigen für Frieden und Sozialismus” hieß. Gern auch mal der 15. Januar (Gedenktag zu Ehren von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg) oder der 7. März (Tag der Gründung der Freien Deutschen Jugend) oder am 5. Juni (Weltumwelttag) oder am 7. November (Tag der Oktoberrevolution) oder am 13. Dezember (Pioniergeburtstag, Tag der Gründung der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“).

Mithin: Es gab unzählige Anlässe, uns mit diesen Werken zu quälen ungeachtet unseres Alters. Es ist für mich nicht mehr nachvollziehbar, ich halte es jedoch für unzweifelhaft, dass ich die ein oder andere Indoktrinierung erfahren habe und sie mich heute bewusst wie unbewusst prägt. Hängen geblieben ist, dass diese Autor:innen stets als glühendes Vorbild dienten, uns die “Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik” nahezubringen. Das wiederum mit einem dermaßen penetrant erhobenen Zeigefinger, dass ich schon aufgrund der äußeren Form in Abwehrhaltung gegangen bin.

Wie ging es dann ab September 1989 weiter? Zunächst verlief meine Einschulung an die Erweiterte Oberschule (EOS) ja noch ganz nach sozialistischem Gang bis uns die Ereignisse ab November überholten. So lasen wir neben den oben Genannten natürlich auch andere Quellen. Ich erinnere mich vor allem an Richard von Weizsäcker, an Marion Hedda Ilse Gräfin Dönhoff, Klaus Töpfer (das Thema Umwelt hat mich seit frühester Jugend intensiv geprägt – wobei uns die BRD-Artikel stets als schlechtes Beispiel dienen sollten), und den ein oder andere:n “Die Zeit”-Autor:in, deren Namen mir inzwischen entfallen sind.

Schullektuere: 'Zivilisiert den Kapitalismus' und 'Macht und Moral' (Marion Gräfin Dönhoff). Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Schullektuere: 'Zivilisiert den Kapitalismus' und 'Macht und Moral' (Marion Gräfin Dönhoff)
[ 2021-08 Franziska Köppe | madiko ]

Was mir in Erinnerung geblieben ist, ist dass unsere Lehrer:innen oftmals Vergleiche zogen zwischen dem Lehrauftrag zu DDR-Zeiten und dem hessischen Bildungssystem, das wir gezwungen waren zu übernehmen (ja, man kann die Wendezeit nicht anders beschreiben). Das war vor allem deswegen bemerkenswert, weil wir alles, was nach “neuem” Lehrplan vorgesehen war, mindestens 1-2 Jahrgangsstufen zuvor schon erarbeitet hatten. Sie stellten uns stets erneut vor die Wahl und so gingen wir zumeist weiter und wiederholten den Stoff nicht. Da waren wir uns in der Klasse fast ausnahmslos einig. Genauso wie wir uns einig waren, den ganzen Quatsch der extremen sozialistischen Sozialisierung gemeinsam kritisch zu prüfen und vieles großzügig wegzulassen. Das hat den Stundenplan entspannt und so hatten wir viel Raum für Diskussionen und Austausch. Ich möchte diese Zeit nicht missen. Und ich erinnere mich, dass unsere Klasse daher auch sehr beliebt bei allen Lehrkräften war.

Relevanz heute? Von den oben Genannten begegnet mir aktuell nur Karl Marx regelmäßig wieder. Ich befürchte jedoch, dass ich ein erneutes Aufschlagen von “Das Kapital” stets zugunsten anderer Lektüre vor mir herschieben werde. Mal sehen.

Fremdsprachige Pflichtlektüre

Fremdsprachen-Unterricht zu DDR-Zeiten war passives Wissen. Wir paukten Vokabeln, Grammatik, Rechtschreibung. Doch miteinander kommunizieren? Nitscho! Nothing! Insofern ist sicher auch nicht verwunderlich, dass das folgende Kapitel kläglich ausfällt. Ich will mal versuchen, ob mir nicht wenigstens eine kleine Auswahl gelingt. Soweit ich mich erinnere, können alle Werke eingeordnet werden in die Zeit ab 1989/90. Ausnahmen notiere ich, sofern ich es noch nachvollziehen kann.

Spaßeshalber schlug ich gerade mal die “Kurze Russische Sprachlehre” auf, die hier noch in meinem Regal steht, und lese doch tatsächlich als ersten Beispielsatz für die angewandte Grammatik – erläutert wird das Verb “sein”: “Союз Сobeтcких Сoциaлиcтичecких Рecпyбик ecтъ coциaлиcтичecкoe oбщeнapoднoe гocyдapcтвo.” Zu Deutsch: “Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ist ein sozialistischer Staat des ganzen Volkes… (Aus der Verfassung der UdSSR).” Sagte ich schon, dass ich Sprachunterricht zu DDR-Zeiten nicht mochte? Ok, weiter oben, zur Erläuterung der Übersetzung von “ganz” in den unterschiedlichsten Kontexten finde ich dann dieses Beispiel, das noch hierher passt und vielleicht etwas versöhnlicher stimmt: “Я причитaлa bcю книгy.” Zu Deutsch: “Ich habe das ganze Buch gelesen. seufzend ab

Englisch

  • “Animal Farm” (George Orwell, definitiv nach der Wende)
  • “Romeo und Julia” (William Shakespeare, zweisprachige Ausgabe)
  • “A christmas charol” (Charles John Huffam Dickens)
  • “Great Expectations” (Charles John Huffam Dickens, nur in Auszügen)

Ich glaube, die ein oder andere “Short Story” war auch noch dabei. Doch bloß von wem?

Russisch

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich kaum an nur eines der Werke erinnere. Beim Stöbern oben stieß ich auf die Novelle “Слабое сердце“ (“Das schwache Herz”) von Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Wenn überhaupt, dann habe ich es jedoch vermutlich in einer deutsch-russischen Ausgabe gelesen. Im Regal meiner Großeltern stand auch “Белые ночи” (“Weiße Nächte”, ebenfalls Dostojewski). Ich kann mich jedoch nicht erinnern, es auch gelesen zu haben.

Ebenso im Dunkeln tappe ich bei Anton Pawlowitsch Tschechow. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass er Thema war. Doch was aus seinem umfassenden Werk? Am bekanntesten kommt mir noch “Дядя Ваня” (Onkel Wanja) vor.

Zuguterletzt

Ich bin fasziniert, wie viele Werke in 12 Schuljahren zusammenkamen. Es ist zwar eine stattliche Aufzählung geworden. Dennoch bleibt das Gefühl, hier nur eine unvollständige, lückenhafte Sammlung zusammengetragen zu haben.

Was mich erschreckt (wenn auch nicht verwundert) ist die extrem männlich dominierte Auswahl. Frauen waren die seltenen Ausnahmen. Das fällt mir leider immer wieder, auch bei der EnjoyWork LeseLust auf, dass ich mir die Autorinnen stärker autodidaktisch erarbeiten muss. Das wird einem nicht gerade leicht gemacht. Ich hoffe, mir wird gelingen, da zukünftig mit beizutragen, dass sich das verändert. Mir ist es bewusst – der erste Schritt und ich werde besser darin.

EnjoyWork LeseLust
EnjoyWork LeseLust

In der EnjoyWork LeseLust stelle ich Bücher aus dem Themenspektrum “Lebens- & Arbeitswelten mit Zukunft” vor. Es sind vorwiegend Fach- und Sachbücher rund um Wirtschaft und Gesellschaft, der ein oder andere Ratgeber ist ebenso mit dabei. Noch in den Anfängen ist die Rubrik Belletristik, doch auch sie wächst beständig.

Schau mal rein!

Zusammengefasst betrachtet, freue ich mich über die Vielfalt an Lesestoff, die mir in meiner Jugend mitgegeben wurde. Auf die ein oder andere (ausufernde) Interpretation hätte ich gern verzichten können. Ich atmete deutlich auf, als das nach der Schulzeit sein Ende fand. Doch letztlich hat mich das zu der gemacht, die ich heute bin. Danke dafür.

Nun genieße ich es umso mehr, mich philosophisch fragend einer Lektüre gemeinsam mit anderen zu nähern. Verständnisfragen zu stellen. Bücher zusammenzufassen. Am liebsten mit einer einzigen Sketchnotes den Kern des Werkes herauszuarbeiten (verrückt, ich weiß). Um dann die praktische Anwendung zu hinterfragen. Es so mit dem eigenen Leben in Zusammenhang zu bringen. Weniger: “Was will uns der Autor damit sagen?” Mehr: “Wie verändert sich mein Blick auf die Welt?”, “Welche neue Erkenntnis gewinnen wir?”, oder auch “Wo beobachte ich das Phänomen, das die Autorin beschreibt?” “Kenne ich Gegenbeispiele, die die These widerlegen?” bis hin zum “so what?” der Wissenschaft, die sich stets fragt: “Was folgt aus der (neuen) Erkenntnis?” “Wandelt sich mein Denken und Handeln dadurch?” “Wie?” Nächste Stufe Weltaneignung also und das Hinterfragen meiner Resonanz in der Welt.

Wer bei anderen in den Erinnerungen stöbern mag, findet unten weitere Blogbeiträge zum Thema “Schullektüre”. Kann ich nur empfehlen! Mir hat’s Spaß gemacht. Und es war kulturgeschichtlich interessant, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ost und West lagen (liegen).

Bleib neugierig,

Weiterstöbern

Das Blogstöcken von Thomas Rau (Schullektüren meiner Schulzeit) gefangen und ihre Schullektüre zusammengetragen haben:

Christian Fischer: Exkurs Schul-Lektüre

Kiki Thaerigen: Schullektüre

Walter Böhme aka Fontanefan: Schullektüren in meiner Schulzeit

Frau Novemberregen: Schullektüre

Frau Herzbruch: Schullektüren

Anne Schüssler: Schullektüre
(schon 2017 geschrieben)

Hauptschulblues: Tag 517 und Herrn Lehrerzimmers aufgefangenes Stöckchen

Matthias Lausmann aka Herr Mess: Lateinlektüren meiner Schulzeit

Hafensonne: Schullektüre

Kitty Koma: Schullektüre

Dirk Franke via Iberty as in Liberty: Schullektüren, 1987-1995

Anke Groener: Schullektüren

joel.lu: Schullektüre

Mehr? Gern bei Herrn Rau weiterlesen, der weiter fleißig sammelt. Thomas hat dazu auch einen Twitter-Thread gestartet, der einiges an Resonanz aufsichzog.

Danke für Eure Inspiration! Eure Aufzählungen haben doch die ein oder andere Schwarte zurück in mein Gedächtnis gerufen.

Danke auch ans Virtuelle DDR-Museum für Eure alphabetisch sortierte DDR-Schulliteratur-Liste. Eine Fundgrube war weiterhin der Austausch in einem Google-Forum mit dem Titel Was wir in der DDR in der Schule lasen Weiterhin eine großartige Quelle: DDR-Literatur, der Blog von Anne-Marit Strandborg mit einer unglaublich umfangreichen Sammlung von Werken, die zu DDR-Zeiten gelesen wurden. Spannend auch der Bericht der Deutschen Welle zu 30 Jahre Mauerfall: Angepasst, umstritten, aufmüpfig – Die wichtigsten Autoren der DDR-Literatur. Das ein oder andere nachlesen, um meine Erinnerungen aufzufrischen und zu prüfen konnte ich auch in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin: Populäre Kinder- und Jugendliteratur in der DDR: Eine Sondersammlung der Kinder- und Jugendbibliothek der ZLB. Und was wäre ich ohne Wikipedia! Erstaunt stellte ich fest, wie viele Werksbeschreibungen dort zu finden sind. Das hat mir im Erinnern (oder auch im Verwerfen, was wir wohl nicht studiert hatten) in jedem Fall auch stark geholfen.

So, und nun weitermachen!

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