Aus der Werkstatt

Wochenrückblick KW06/2023

veröffentlicht: 12.02.2023 · Franziska Köppe | madiko

Zeichnung eines Bunsenbrenners mit Kolben an einem Stativ, Reagenzglas mit Setzling und ein Prisma als Symbole für eine wissenschaftliche Werkstatt / Wissensarbeiter:innen. Dazu der Titel Aus der Werkstatt 2023.

Die Themen der Woche: Fährst Du Fahrrad? Hast Du schon mal darüber nachgedacht, wie stark das Einspurige Dich und Dein Leben beeinflusst (hat)? Kann ich empfehlen, das zu reflektieren. Ich unterhielt mich mit Frank Glanert darüber, der ein Buch dazu verfasst hat. Ansonsten weiter viele Podcasts gehört, eine Auswahl findest Du im Bericht. Es geht um Klimawandel, Energie, Gesundheit, Wissenschaftskommunikation, Max Planck, Kalter Krieg China – USA, Privilegierte der Verkehrspolitik. Zuguterletzt fand ich eine wunderbare Inspiration zum Umgang mit Blockaden und kreativen Schaffenspausen. Wie gerufen kommt sie!

Aus der Werkstatt 2023
[ 2023 Franziska Köppe | madiko ]

Es ist Donnerstag, frühe Abendstunden. Ich bin frisch geboostert. Es ist meine zweite Auffrischungsimpfung. Damit hat mein Körper die Chance, sich gegen Omicron BA.4-5 zu verteidigen, wenn es darauf ankäme. Die letzte Impfung war über ein Jahr her. Da ich weiterhin eine Infektion mit SARS-COV-2 vermeiden konnte – so erstaunlich das ist, entschied ich mich dafür. Mal schauen, wie es mir die nächsten Tage geht. Ich stelle mich auf vier, fünf Tage Ruhe und Erholung ein. Dem Körper Zeit geben, sich zu regenerieren und an die Antikörper zu erinnern. Die Seele baumeln lassen und die Welt Welt sein lassen. Das tut mir sicher insgesamt gut.

Nachtrag: Keine drei Stunden, nachdem ich beim Arzt war, fiel ich in den komatösen Zustand des Schlafs, den ich mittlerweile mit den Impfungen verbinde. Jetzt ist Sonntag und ich fühle mich endlich wach(er) im Kopf. Uff, diese Immunisierungen hauen bei mir echt rein.

frisch geboostert (Ich halte ein winziges Fläschchen für 6 Impf-Dosen für Erwachsene von Comirnaty Omicron BA.4-5 von BionTech). Bild: copy Franziska Köppe | madiko

frisch geboostert (Ich halte ein winziges Fläschchen für 6 Impf-Dosen für Erwachsene von Comirnaty Omicron BA.4-5 von BionTech)
[ 2023-02-09 Franziska Köppe | madiko ]

Ansonsten kann ich zur allgemeinen Lage nicht viel Neues schreiben. Ich kämpfe weiter mit der Sehnenscheidenentzündung. Sie ist treuer, als mir lieb ist. Verflixte Sache. Ein bisschen habe ich selbst Schuld. Ich bin viel zu ungeduldig. Sobald es mir einen Tag besser geht, stürze ich mich in die Arbeit. Und zahle prompt die Gebühr in Schmerzen. Gleichwohl liegt darin ja auch die Hoffnung, dass ich mich tatsächlich endlich auf dem Weg der Besserung befinde… Also zaghaft weitermachen. So sanftmütig wie mir der Umgang mit mir selbst gelingt.

Wohlan, gehen wir in die Werkstatt:

Life Cycle

Im Oktober letzten Jahres lernte ich Frank kennen. Im Grunde waren wir uns schon seit einer gefühlten Ewigkeit via Twitter, LinkedIn und Mastodon immer wieder begegnet. Nun ergriffen wir die Gelegenheit, persönlich miteinander zu sprechen – wenngleich virtuell. Die Entfernung Varel – Stuttgart beträgt 800 Kilometer. OpenStreetMap gibt dafür rund 24 Stunden Radl-Zeit an. Jo. Dann also online.

Wer Frank nicht kennt, könnte meinen, ein Gespräch mit einem Norddeutschen sei wortkarg. Doch ganz im Gegenteil: Frank ist im besten Sinne gesprächig. Wir stellten schnell fest, dass wir viele Interessen teilen. Wir fachsimpelten über die Verkehrswende und mensch-zentrierte Stadtplanung. Wir tauschten persönliches Wissen und Erfahrungen rund ums Fahrrad. Wir schwärmten von Radtouren und vom Alltagsradeln. Wir tauschten uns über Lebens- & Arbeitswelten mit Zukunft aus. Wir gaben uns gegenseitig Tipps zum Produzieren und Publizieren von Büchern.

So kam ich letztlich mit freundlicher Unterstützung von Florian Isensee, Inhaber des gleichnamigen Verlags Isensee, zu einem Rezensionsexemplar für “Life Cycle – Wie das Fahrrad Leben verändert”. Eine sehr interessante, kurzweilige Lektüre. Kann ich nur empfehlen!

Ausgelesen: Life Cycle – Wie das Fahrrad Leben verändert. Auf einem Holztisch liegt das genannte Buch. Daneben eine leere Tasse Tee.. Bild: copy Franziska Köppe | madiko

Ausgelesen: Life Cycle – Wie das Fahrrad Leben verändert
[ 2023-02-06 Franziska Köppe | madiko ]

Aus unserem gemeinsamen Auftakt wiederum entstand die Idee, mit Frank ein Gespräch zu führen, das wir anschließend via EnjoyWork / WandelMut mit Euch teilen. Und wir vereinbarten bereits, dass auch Ihr die Möglichkeit haben werdet, mit diesem inspirierenden Menschen in einen persönliche Gedanken- und Erfahrungsaustausch zu kommen. Dazu zu gegebener Zeit mehr.

Mit allem, was im November/Dezember/Januar bei mir los war, verschob sich die Aufzeichnung unseres Dialogs leider nach hinten. Diese Woche hat es nun geklappt. Die Konversation ist im Kasten. Jetzt folgt die Transkription, Film-Post-Produktion, Redaktion und so weiter. Es wird also noch ein Weilchen dauern, bis wir es veröffentlichen können.

In jedem Fall war es super spannend und hat uns beide zu neuen Erkenntnissen und Einsichten geführt. Ich mag diese Art von tiefen, intensiven Gesprächen. Allein an den Austausch zu denken, zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Danke Frank!

Zuhören, Verstehen, Nachdenken – PodcastLiebe

Da mir wie schon geschrieben, mein Arm noch immer Schwierigkeiten bereitet, fokussierte ich mich auch in dieser Woche darauf, meine Fachkenntnisse rund um den Klimawandel beziehungsweise Klimaschutz-Maßnahmen zu erweitern. Lass mich PodcastLiebe verbreiten. Sie hat reichlich Futter erhalten:

Das Klima

Das Klima – Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise

Beim Podcast zur Wissenschaft hinter der Klimakrise schloss ich den Teil der Arbeitsgruppe 1 zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen ab. Das hatte ich schon letzte Woche gefeiert. Da mir meine Situation ja weiter die günstige Gelegenheit bot, begann ich diese Woche nun mit Teil 2. Darin beschäftigt sich der Weltklimarat (IPCC) mit den ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen des Klimawandels, Anpassung und Verwundbarkeit. Claudia und Florian steigen mit dem ersten Kapitel ein und erläutern, worin die Unterschiede von Arbeitsgruppe II zu I des IPCC sind (Folge DK032).

Besonders interessant fand ich die Definitionen von Risiko, Vulnerabilität und Anpassung im Kontext der Klimakrise. Terminologisch abgegrenzt werden dabei beispielsweise Adaption, Resilienz und Transformation. Spannend ist ebenfalls, dass Risiko einmal im Klimawandel inhärent lauert, es jedoch auch durch (versuchte und gegebenenfalls gescheiterte) Anpassungen an den Klimawandel entsteht. Mal abgesehen davon, dass wir Menschen das größte Risiko und Hauptauslöser des Klimawandels und damit die größte Bedrohung für unsere Lebensqualität selbst sind. Aber das weißt Du, die:der Du hier mitliest ja ohnehin. Nur zu gut, vermute ich.

Zurück zum Kapitel: Claudia und Florian gehen im Podcast darauf ein, dass zum Sicherheitsrisiko eines Atomkrieges die drohende Gefahr hinzukommt, dass ein Land im Alleingang irgendwelche obskuren Geo-Engineering-Experimente vornimmt und die ganze Welt davon betroffen ist. Darüber mag ich am liebsten nicht weiter nachdenken. Gruslig. Doch real erscheint es mir im Angesicht aktueller Entwicklungen schon (siehe auch unten zur Lage der Nation).

In den nun folgenden Kapiteln stellen Claudia und Florian dann je ein Kapitel vor. 25 sind es insgesamt mit 3675 Seiten geballter Wissenschaft. Ich empfinde es als angenehm und hoch spannend, dass die Klimakrise nun nicht mehr ausschließlich aus naturwissenschaftlicher Sicht betrachtet wird. Hinzu kommen Perspektiven aus soziologischen, geisteswissenschaftlichen und ökonomischen Disziplinen und Forschung. Die beiden tun sich etwas schwer damit, was ok ist. Mir hilft das, einen gesunden Abstand zu wahren. Bin gespannt. Die nächste Folge auf meiner Liste beschäftigt sich mit “Wasser”. Wasser als wichtigstes Grundlebensmittel. Wasser als Menschenrecht. Wasser als Ressource der Energie-Erzeugung, in der Landwirtschaft, in der Wirtschaft (zum Beispiel als Kühlungsmedium). Es geht um Konflikte und Wassermangel.

Foto: Das Klima – Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise
[ Claudia Frick & Florian Freistetter ]

update: Klima & Energie

Luca Samlidis und Stefan Gsänger (jeweils im schwarz-weiß Portrait), hell-grüner Hintergrund mit dem Titel des Podcasts. Siluette einer Stadt und die Vornamen der beiden im unteren Bereich des Bildes.

Wo steht die weltweite Energie-Wende? Wer sind die Akteure und was sind die diskutierten Themen? Stefan Gsänger, Generalsekretär der World Wind Energy Association, unterhält sich mit Rainer Hinrichs-Rahlwes, Vizepräsident der European Renewable Energies Federation (EREF) und EU-Beauftragter des Vorstands der German Renewable Energy Federation (BEE) über IRENA, die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien und ihre gesellschaftliche Wirkung (social impact). Sie berichten vom jährlichen Treffen und öffnen einen Blick hinter die Kulissen internationaler Zusammenarbeit in Sachen (erneuerbare) Energien und den weltweiten Ambitionen in der Energie-Wende.

IRENA wurde 2009 auf Initiative von Deutschland gegründet. Die Agentur hat ihren Hauptstandort interessanterweise in Abu Dhabi, ja genau in der Hochburg der fossilen Energien. Es war und ist ausdrückliches Ziel, ein Gegengewicht zur Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) oder der Internationalen Energie-Agentur (IEA) zu schaffen. Die Jahresversammlung der 167 Regierungs- und Nichtregierungs-Organisationen sowie der Wirtschaft bestimmt maßgeblich die globale energie-politische(n) Debatte(n). Die beiden stellten zufrieden fest, dass nach 2 Jahren COVID-19-bedingter Pause, wohl Mitte Januar alles erschienen war, was Rang und Namen hat. (Auf der Seite finden sich verschiedene Videos von der Live-Übertragung, falls Du näheres Interesse an den Ergebnissen und Publikationen hast.)

Besonders interessant fand ich, dass sich eine gerechte und inklusive Energie-Wende – neben dem Beschleunigen der Energie-Wende an sich – als übergreifende Themen in der Diskussion herauskristallisierten und den Diskurs dominierten. Offenbar scheinen zudem selbst die Organisation der erdöl-exportierenden Länder (OPEC) und Atom-Energie-Organisationen eingesehen zu haben, dass die Energiewende notwendig ist und sie beschleunigt werden muss. Rainer konnte sich im Podcast jedoch nicht die ironische Nebenbemerkung verkneifen, dass hier von unterschiedlichen Beschleunigungsstufen ausgegangen wird. Wonach die Vertreter:innen der Erneuerbaren natürlich ein deutlich höheres Tempo vorsehen als die oben genannten. Und (zu) oft wird noch von “Sauberer Energie“ (“clean energies”) statt von Erneuerbaren (“renewable energies”) gesprochen.

Nichtsdestotrotz: Offensichtlich scheinen die fossilen Energie-Organisationen es verstanden zu haben und Weichen zu stellen. Rainer sagt: “Im öffentlichen Diskurs kommt zum Glück in der Regel an, es handele sich um Erneuerbare, und die Erneuerbaren sind es, die vorangebracht werden müssen. Das ist gut. Im öffentlichen Diskurs kommt niemand mehr daran vorbei. […] Das Bekenntnis ist allgegenwärtig.”1 Holla! Beim Thema Gerechtigkeit ging es zum Einen um das Umverteilen von Arbeitskräften von fossilen zu erneuerbaren Energie-Produzenten und um Arbeitsbedingungen im Energie-Sektor (z. B. Frauen in der Solar-Industrie). Ferner ging es um den Public-Private-Dialog – den Dialog von Politik und Zivilgesellschaft – sowie um Gerechtigkeit zwischen globalem Norden und Süden. Schließlich spielte noch Gerechtigkeit im Hinblick auf die weltweite Verfügbarkeit von Ressourcen für erneuerbare Energien eine Rolle. Und darauf aufbauend das Schaffen von zukunftsrobusten Lieferketten und Wertschöpfungsketten. Ein Thema, das ich für extrem wichtig und für eines der größten Risiken bezüglich Antifragilität in der internationalen Zusammenarbeit als auch in der Souveränität und Unabhängigkeit (als Basis für Frieden) halte.

Leider scheinen in der IRENA wieder einmal die großen Konzerne am längeren (politischen wie ökonomischen) Hebel zu sitzen. Stefan und Rainer diskutieren in diesem Zusammenhang das schwierige Thema “Ausschreibungen”. Jedoch schien mir, dass insbesondere die beiden Herren sich auf internationalem Parkett für eine starke Zivilgesellschaft sowie eine Chancengerechtigkeit für kleine und mittelständische Unternehmen und Bürger-Energie-Projekte einzusetzen. Gesteuert wird das unter anderem über die “Coalition of Action”, die bei der Zusage zur Mitgliedschaft versprochen Wort mit tatsächlichem Handeln abgleicht. Das fand ich spannend, da es sich aus meiner Sicht in außergewöhnlicher Weise vom üblichen Vorgehen einer (politischen) Organisation unterscheidet.

Das nur als kleiner Auszug aus den zahlreichen Aspekten, die die beiden rund um IRENA diskutieren. Hör am besten rein und bilde Dir Deine eigene Meinung: update: Klima & Energie, Folge 38: Wo steht die weltweite Energiewende und welchen Beitrag leisten internationale Organisationen? Bericht von der IRENA-Generalversammlung

Darüber hinaus bietet der Jahresbericht IRENA weitere Informationen und ist vor allem mit seinen Zahlen/Daten/Fakten lesenswert.

[ 1 ] Podcast “update: Klima & Energie – Folge 38”, min 16’44’‘.

Foto: update: Klima & Energie
[ 2021-03 Luca Samlidis und Stefan Gsänger ]

Klimawandel und Gesundheit

Im Hintergrund: Warming Stripes für Leipzig. Darüber das Logo Scientists For Future Leipzig plus ein Icon von einem Mikrofon (in schwarz).

Dominic Memmel von den Scientists For Future Leipzig unterhält sich mit Dr. med. Dieter Lehmkuhl, einem der zentralen Gründerväter von KLUG, der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit. Zum einen ist der Dialog interessant, um mehr über die Entstehung von KLUG zu erfahren. Zum Zweiten erklärt Dieter Lehmkuhl eindringlich die Zusammenhänge zwischen planetarer und menschlicher Gesundheit. Aus meiner Sicht ein guter Einstieg, um sich dem Thema zu nähern.

Allen, die sich die Grundlagen bereits erarbeitet haben, empfehle ich direkt den Besuch auf der Seite der Allianz. Es ist unglaublich, was die Organisation inzwischen an Publikationen und Studien im Akkord veröffentlicht – angefangen von konkreten Handlungsempfehlungen zum Umstellen von Kliniken und Arztpraxen hin zu mehr Nachhaltigkeit, über betriebliches Gesundheits-Management bis hin zu den wissenschaftlichen Grundlagen hinsichtlich Prophylaxe und Notfallplänen zu den zentralen Themen saubere Luft, Ernährung, Hitze und psychischer Gesundheit.

Foto: Interviews For Future / Podcast S4F Leipzig
[ 2020-03 Dominic Memmel / Scientists For Future Leipzig ]

Sternstunde Philosophie

Schwarz-Weiß-Foto einer Skulptur in der Landschaft. Sie zeigt eine überdimensionale Wippe. Links steht eine Frau mit einem Fernrohr. Rechts (nicht im Bildausschnitt, bekannt jedoch von anderen Formaten) ein Mann ebenfalls mit Fernrohr. Dazu der Schriftzug des Namens des Podcasts plus Herausgeber.

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim war zu Gast in der Sternstunde Philosophie. Titel der Folge ist “Der Wow-Effekt der Wissenschaft”. Im Gespräch mit Wolfram Ellenberger erkundet sie “wie wissenschaftliche Aufklärung heute aussehen muss, welche Methoden und Kenntnisse dafür erforderlich sind und nicht zuletzt, wann und wozu die Wissenschaft besser schweigen sollte” (zitiert von ebenda, ich hätte es nicht besser ausdrücken können).

Mai erzählt davon, dass sie an der Uni eher gelernt hat, wie man schlechte, denn gute Vorträge hält und wie hinderlich das für ihr Engagement in Sachen Wissenschaftskommunikation war. Heute ist sie Dozentin am NaWik (Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation), um diese Lücke bei anderen gar nicht erst entstehen zu lassen. Mai und Wolfram berühren ferner das heikle Thema Wissenschaftsleugnung und wie man diesem Phänomen begegnen sollte. Sie sprechen über wissenschaftlichen Ethos (sehr interessant!), kritisches Denken und wie man sich richtig streitet, also wissenschaftlich basiert und konstruktiv streitet.

Es gibt auch ein Video davon (ich binde es unten ein).

Foto: Sternstunde Philosophie
[ SRF Kultur ]

LiteraturCafé

literaturcafe.de Podcast

So viele anstrengende und fordernde Themen! Ich brauchte eine Abwechslung. Dafür lachte mich eine neue Folge von Wolfgang Tischer an. Wolfgang hatte Steffen Schroeder zu sich ins literaturcafe eingeladen.

Mir war Steffen bisher nur als Kriminal-Kommissar der SOKO Leipzig (2012-2021) ein Begriff. Beziehungsweise kannte ich ihn als Schauspieler in verschiedenen Rollen im deutschen Fernsehen. Überhaupt nicht auf dem Schirm hatte ich ihn als Schriftsteller.

Mit Wolfgang spricht er über sein im August 2022 erschienenes Werk “Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor”. Anhand historischer Dokumente, unter anderem Briefen aus der Gefangenschaft, entstand der Roman um die wohl schwierigste Entscheidung zwischen Moral und Liebe, die ein Vater (Max Planck) im Angesicht des drohenden Todes seines Sohnes treffen muss.

Foto: literaturcafe.de Podcast
[ 2018-07 Wolfgang Tischer / literaturcafe.de ]

Herbst 1944. Max Planck sitzt am Schreibtisch. 86 Jahre ist der Physiker und Nobelpreisträger von 1918 mittlerweile alt. Sein Leben lang hat Planck versucht, sich aus der Politik herauszuhalten. Doch nun wurde sein Sohn Erwin von den Nazis verhaftet. Ihm droht die Hinrichtung, da er zum Kreis der Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 gehört. Gleichzeitig liegt Max Planck ein Gesuch der Reichskanzlei vor, er möge für eine Broschüre ein »Bekenntnis zum Führer« ablegen. Was soll Planck antworten? Was soll er schreiben? Kann er seinen Sohn vor dem Tode retten?

Wolfang Tischer

literaturcafe.de

Ich bin sehr positiv überrascht von Steffen Schroeder. Es macht großen Spaß, den beiden zuzuhören. Interessant und für mich als Musikerin gut nachzuvollziehen ist das, was er über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Schauspiel und Schreiben berichtet. Wie sich beides befruchtet und wo es sich im Weg steht. Ich bin beeindruckt, wie akribisch Steffen recherchierte und wie penibel auf Detail-Treue er achtet, wenn er sorgfältig abwägend Wahrheit und so wenig Fiktion wie möglich miteinander verwebt. Ein Autor, der definitiv bei mir von nun an mit auf der Leseliste steht.

Lage der Nation

Podcast: Lage der Nation

Nachdem ich die Folge letzte Woche übersprungen hatte (keine Lust auf Politik ¯\_(ツ)_/¯), hörte ich diese Woche wieder rein bei Philip Banse und Ulf Buermeyer. Sie beschäftigen sich mit dem Erdbeben in der Türkei und Syrien, dem Ukraine-Krieg und deutsche Waffenlieferungen, Deutschlands und Europäische Flüchtlingspolitik. Mich interessierte vor allem, was sie zum sich zuspitzenden Spannungsverhältnis “China – USA” sowie zur “Verkehrswende und steuerlichen Privilegien von Autofahrenden” zu sagen hatten.

In Sachen Kalter Krieg der Großmächte USA und China (jepp, es ist wieder so weit) hatten sie Thorsten Benner vom Global Public Policy Institute zu Gast. Ich hörte unter anderem auch deswegen aufmerksam zu, um das Gesagte mit den Zukünfte-Szenarios abzugleichen, die wir im Rahmen von “D2030 – Deutschland neu denken” entwickelten. Ich hatte in meiner Rückblende “Eine neue Weltordnung: Wie beeinflusst Krieg unsere Zukunft?” davon berichtet. Nun scheint die Nadel in eines der von mir keineswegs favorisierten Szenarien zu tendieren. Gar nicht gut.

Es wird nicht besser: auch das Verkehrswende-Thema war frustrierend. Politik-Talk-Sendungen wie “Anne Will” schaue ich nicht. Meine Filter via Mastodon greifen so gut, dass ich von den Aufregern in Social Media verschont bleibe. Dennoch kenne ich natürlich aus meiner FAHRRADkultur-Filterblase die ewige Diskussion um Privilegien aller Art für Autofahrende. Jede:r, die:der sich mit innovativen Mobilitäts- und Stadtplanungs-Konzepten auseinandersetzt, weiß um die mangelnde Gerechtigkeit im Straßenverkehr. Und um die strukturellen Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten unserer Gesellschaft, die sich nicht nur an steuerlichen Vorteilen im Individual-Verkehr festmachen lassen.

Bei Philip und Ulf kam ich auf neuesten Stand nur um festzustellen: Alles beim Alten. Es hat sich nichts getan. Nichts ist auf dem Weg. Seit Europe Calling mit Robert Habeck (ich hatte letzte Woche davon berichtet), wissen wir ja, dass das Verkehrsministerium extrem mit seinen Reformen hinterherhinkt und vieles aktiv verzögert. Offensichtlich trifft das ebenfalls aufs Finanzministerium in Sachen Verkehr zu.

Unsereiner kann nur hoffen, dass auch beim Letzten irgendwann der Groschen fällt, dass es bei der Mobilitätswende um die Freiheit geht, unsere Verkehrsmittel eigenverantwortlich zu wählen – und nicht auf das Auto angewiesen zu sein. Und um lebenswerte Städte, um Gesundheit und Wohlergehen.

Foto: Podcast: Lage der Nation
[ 2016-03 Lage der Nation. Philip Banse und Ulf Buermeyer. ]

Tagebücher & Blogs

Maximilian Buddenbohm hielt heute unter der Rubrik Währenddessen in den Blogs fest:

Gaga über Tagebücher und Blogs. Ich führe kein Tagebuch mehr nebenbei, die Unvollständigkeit der beiden Seiten hat mich irre gemacht, ich bin zu ordnungsverliebt für so etwas. Ich hatte immer das Gefühl, ich müsste beide Notate passend zusammenbringen, wie bei einem Puzzle. Das war selbstverständlich Unsinn, aber eben Gefühl, was willste machen. Ich beschränke mich aufs Bloggen, habe nunmehr nur noch eine unvollständige Seite zu befüllen und lasse also viel weg. Ein erheblicher Teil des Alltags steht hier nicht, ich finde das für mich richtig so. Ich schreibe mir mein Leben zurecht. Wie vermutlich alle, die schreiben.

Maximilian Buddenbohm

Das weckte mein Interesse und ich las bei Gaga Nielsen weiter. Sie fragt unter anderem:

Führt jemand von Euch ein ganz privates Tagebuch, das niemand sonst je sieht und liest, außer Euch selbst? Handschriftlich in einem schönen oder auch profanen Notizbuch oder Taschenkalender oder als fortlaufende Datei? Einträge, in denen schmerzhafte oder erfreuliche Begebenheiten festgehalten und erörtert werden, mit Gefühlen und Daten und Namen? Besondere Begegnungen, Liebesleid und Liebesfreud, so privat, dass es niemand sonst zu Lebzeiten lesen soll, darf?

Gaga Nielsen

Das wiederum ließ mich nachdenken. Und so kommentierte ich dort Folgendes, das ich gern hier zum Thema festhalte – schon, weil ich nicht sicher bin, ob mein Kommentar dort angenommen wurde. WordPress mochte mich nicht. Seisdrum. Ich schrieb also:

Vielen Dank fürs Teilen, Gaga. Darin finde ich mich wieder. Gleich auf mehrerlei Art.

Ganz früher, als ich mit dem Tagebuch-Schreiben anfing (so mit elf, zwölf muss das gewesen sein), trieften meine Einträge von Emotionen und Befindlichkeiten. Für den Moment war das heilsam. Es war raus aus Kopf und Körper, aufgeschrieben. Ich konnte es loslassen. Daher schrieb ich auch nicht täglich. Und wenn, dann sehr lang. Alte Tagebuch-Einträge las ich bewusst nie wieder. Das war eher so ein Prozess der inneren Reinigung. Andernfalls hätte ich mich vermutlich in Depressionen verirrt. Ganz offen konnte ich nie sein. Oder ich schrieb es auf und verbrannte die Seiten dann heimlich im hintersten Eck unseres Hofs. Ich wuchs in einem Überwachungsstaat auf. Da ging das einfach nicht. Nicht als “schwarzes Schaf” in der linien-treuen Familie.

2016 brachte mich Dr. med. Eckart von Hirschhausen auf die Idee, ein reines Glückstagebuch zu führen. Die Herangehensweise gefiel mir. Er rät, täglich nicht mehr als eine DinA6-Seite zu beschreiben. In dieser Begrenzung liegt für mich der Reiz. Ich frage mich: Was habe ich heute gelernt? Was hat mich erfreut? Was war schön? Wem oder was bin ich begegnet? Ich habe da in der Regel drei bis fünf Dinge, die mir einfallen. Nicht mehr. Nicht weniger. Und dieses Büchlein, ein Moleskin, wird bei Bedarf und in der Not tatsächlich von mir hin und wieder rausgeholt. In der schnelllebigen, herausfordernden Zeit ist das zuweilen nötig und gibt mir Kraft, wenn sie mir ausgeht. Ich mag das.

Parallel schreibe ich einen Blog. Ich fing 2012 damit an. Nach einer Pause 2020/21 Inzwischen wieder wöchentlich. Ich nenne ihn Bericht aus der Werkstatt. Darin halte ich alles fest, was mich beschäftigt und umgetrieben hat. Oft dient es der Reflexion und kann schnell zur Langstrecke werden. Wenn es passt, steht da auch mal etwas, das in meinem persönlichen Glückstagebuch stand. Oder ich ziehe ein Liedchen / Musik-Stück aus meiner Plattensammlung. Ich schreibe hauptsächlich für mich. Vielleicht auch ein Zeitzeugnis. Und freue mich, wenn andere daran Spaß haben, meine Texte zu lesen und mir auf meiner Reise des Verstehens ein Stück des Wegs folgen.

Letztlich hat sich für mein Wohlbefinden herausgestellt, dass das Bloggen wichtiger als das tägliche Glückstagebuch ist. Fällt Ersteres weg, fällt mir das viel schneller und deutlicher auf. Zweiteres wirkt eher langfristig und schleichender. Es ist wie ein Grundbedürfnis, bei dem man nicht direkt merkt, wie es vernachlässigt wird, bis es einen in den Popo beißt. Das kann also recht schmerzhaft werden. Daher versuche ich beides. Nehme das alles jedoch nicht allzu perfektionistisch und habe Mut zur Lücke in der Chronik.

Danke für die Inspiration.

Franziska Köppe

Quelle: 09. Februar 2023 (Kommentar zum Blogbeitrag von Gaga Nielsen), vermutlich im digitalen Bermudadreieck verschwunden. Hier dennoch festgehalten.

Zuguterletzt

Bist Du ein:e Künstler:in? Und das meine ich so im Sinne, wie es einst Joseph Beuys ausdrückte:

Jeder Mensch ist ein Träger von Fähigkeiten, ein sich selbst bestimmendes Wesen, der Souverän schlechthin in unserer Zeit. Er ist ein Künstler, ob er nun bei der Müllabfuhr ist, Krankenpfleger, Arzt, Ingenieur oder Landwirt. Da, wo er seine Fähigkeiten entfaltet, ist er Künstler. Ich sage nicht, dass dies bei der Malerei eher zur Kunst führt, als beim Maschinenbau.

Foto: zitatinte: Joseph Heinrich Beuys / Jeder Mensch ist ein Künstler
[ 2021-09-19 Franziska Köppe | zitatinte ]

Nun, dann kennst Du sicher diese peinigende Zeit einer Blockade. Du weißt, wie es ist, wenn Du mit nichts zufrieden bist. Wenn alles langweilig, matt, stumpf, unsinnig und öde erscheint. Wenn Dir nichts gelingen will. Du mit allem unzufrieden bist, was Deine scheinbar versiegte Schaffenskraft unter Qualen hervorbringt.

Ich hätte da was für Dich. Für mich. Für uns in Zeiten der Not. Dann einfach die folgenden sechs Minuten Benedict Cumberbatch zuhören. Er liest einen Brief von Sol LeWitt an Eva Hesse aus dem Jahr 1965.

Ein Hoch auf Benedict, dem man den amerikanischen Akzent genauso glaubt wie den britischen. Und dem es gelingt, diesen wunderbaren Brief so großartig lebendig werden zu lassen.

Genug der Worte! Tu es!

In diesem Sinne! Und: Bleib neugierig,
Franziska (handschriftliche Signatur)

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Adieu Andreas

2024-02-08

Mein persönlicher Nachruf auf Natenom – lang-jähriger Freund, Weggefährte und Verbündeter im Bestreben, Fahrrad-Fahren in Deutschland sicherer zu machen. Welch Tragik in diesem Satz steckt. Doch von vorn…

Aus der Werkstatt [ KW51 ]

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Die Themen der Woche: Jahres-Endspurt mit Organisatorischem, Sortieren, Lochen, Scannen, Ablegen und Ausmisten. Strukturen und Prozesse für 2024 anlegen. Reflexionen zu meiner Informations-Sammel-Wut als Auftakt zur Besserung hinsichtlich der all-jährlichen Zettel-Wirtschaft. WandelMut: keine Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten. Scientists For Future 2024: Ankündigung und Angebote zum Wissens- & Erfahrungsaustausch – inklusive Abwägen der Neuausrichtung unserer Rolle(n). Podcast-Liebe: Kreative Blockaden erkennen und auflösen – Analyse und Lösungsansätze. Zuguterletzt: Endlich ein neues zitatinte.

Aus der Werkstatt [ KW50 ]

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Die Themen der Woche: Keine drehenden Teller für mich: COVID-19 ist nicht vorbei – die gemeinschaftliche Fürsorge von Vulnerablen sowie Eigenschutz. REXlive am Lagerfeuer: REDAXO und Maschinen-Lernen. Mein Engagement für quell-offene Programme: GitHub ausgepackt. Verkehrssicherheit für Radfahrende: zum aktuellen Stand von OpenBikeSensor. PodcastLiebe: WandelMut beim Tagesspiegel, mediasres zu künstlicher Intelligenz. Rechtsanwälte sind die wahren Künstler:innen: konstruktiver Aktionismus vom Zentrum für politische Schönheit. Zuguterletzt: 199 kleine Held:innen.


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