Aus der Werkstatt
Wochenrückblick KW07/2023
veröffentlicht: 17.02.2023 · Franziska Köppe | madiko
Aus der Werkstatt 2023
[ 2023 Franziska Köppe | madiko ]
Die Bugwelle beim Bloggen ist aufgeholt. Nun bin ich wieder im gewünschten Wochen-Rhythmus. Es ist Freitag. Ich nehme mir Zeit zur Reflexion. Ich schaffe es, das direkt zu publizieren. Die wöchentlichen Gesamt-Backups und notwendigen Aktualisierungen der Programme sind glatt durchgelaufen. Das ist erfreulich. Das ebenso festhalten.
Von der Impfung letzte Woche spüre ich die verbliebenen Ausläufer. Die Nacht war kurz. Und überhaupt schadet es nicht, wenn ich früher das Wochenende einläute. Immerhin war ich heute schon draußen. Die Sonne schien. Das hebt die Stimmung zusätzlich. Bei meinem Lieblingsbäcker stand eine Schlange. Es war eine willkommene Zäsur. Umwabert von frischem Botduft ließ ich mich für ein paar kostbare Minütchen von der Sonne anblinzeln. Um mich schwirrten verkleidete, hungrige Kinder. Mir fiel auf, dass ihre Kostüme fantasievoll und selbstgenäht waren. Ich bin fasziniert, wie die (Groß)Eltern und Tanten das neben der Arbeit und all dem Haushaltskram auf die Reihe bekommen. Hut ab. Eine Goldmarie. Ein hübsch geschminkter Schmetterling. Ein Cowboy mit Stetson, Sporen, Fransen-Jacke und aufgemaltem Bart. Ein:e Gärtner:in. Ein futuristisch anmutendes Geschöpf in silbern schimmerndem Gewand. Schön fand ich, dass ich kein (binäres) Geschlecht an die einzelnen Wesen hätte pinnen können. Die anwesenden Eltern schauten liebevoll, wenngleich sehr müde. Es wurde ausgiebig gelacht. Vermutlich kamen sie alle von der großen, bunten Party und waren auf dem Weg nach Hause.
Zurück im Haus geriet ich an einen Klimawandelleugner. Eine Variante, die ich bisher nicht hatte: Er meinte, es gäbe da “noch andere Wissenschaften”. Menschgemacht, ja. Sieht er ein. Doch kalt/warm würde das Klima ja immer. Das war so skurril: Er akzeptiert den menschgemachten Klimawandel und verleugnet ihn gleichermaßen. Zudem ist er felsenfest davon überzeugt: 1,5°-Ziel ist nicht mehr erreichbar. Sein daraus abgeleitetes Ergebnis: Wir können eh nix machen. Ich war so perplex, ich wusste darauf nichts zu sagen. Ich schaute ihn nur fragend an. Offensichtlich reichte das. Er wurde über beide Ohren rot. Verflixt, ich habe ihn beschämt. Das ist nicht gut, denn es weckt Gegenwehr. Dabei wünsche ich mir doch, dass die Menschen offen sind, zuhören. Nun, ich hoffe, er merkt selbst, was für einen Stuss er erzählt. Als Heizungsbauer sollte er das. Sie sind es, die die Energiewende umsetzen sollen. Und außerdem: Müsste er – unternehmerisch gedacht – nicht die größte Motivation haben? Vermutlich ist die enorme Nachfrage das Hindernis: Er hat so viel Arbeit, dass er lieber in Sachen Klimaschutz aufgibt, als sich noch mehr Bauprojekte aufzubürden. In unserem Haus jedenfalls steht ein Heizungsprojekt an. Die Öfen der Nachbarn haben ihr Lebensende erreicht. Die Vermieterin hätte er bereits informiert. Und ich bin nun gespannt, wie die Entscheidung ausgehen wird. Vor zwei Jahren, als meine Heizung ihren Geist mitten im Winter aufgab, entschied sie sich für eine neue Gastherme. Ich kann nur hoffen, dass die Entscheidung nun nachhaltiger, klimafreundlicher ausfällt. Mal schauen. Am meisten graut mir vor der angekündigten Baustelle. Da lieber nicht drüber nachdenken. Noch ist ja Zeit, sich seelisch-moralisch darauf einzurichten.
Soweit zur allgemeinen Lage. Wohlan, auf in die Werkstatt.
Buch-Projekt
Nachdem es die letzten vierzehn Tage auf meinem Aufgabenzettel auf Priorität zwei rutschte, kam ich diese Woche in Sachen Buch-Projekt voran. Unter anderem hatte ich Strategie-Gespräche mit potenziellen Partner:innen zu Druck und Logistik. Dazu unten mehr. Ich grübelte zudem darüber nach, wie wir die Publikation angehen. Mein Gespräch mit Frank zu seinem Buch “Life Cycle” hat den ein oder anderen Impuls zum draufrumdenken gesetzt. Die Organisation und die strategischen Abwägungen sind wichtig. Es fühlt sich für mich jedoch immer konkreter, produktiver an, wenn ich am Buch selbst arbeiten kann. Schön fand ich, dass Gebhard und ich die Zeit fanden, all jene Dinge zu besprechen, die als nächstes auf dem Aufgabenzettel stehen. Das hat einiges geklärt und zurechtgerückt.
Sprachliche Überarbeitung
für Geschlechtergerechtigkeit
Diese Woche nahm ich mich weiter dem gender-gerechten Texten an. Kapitel 1 ist abgeschlossen. Gebhard und ich sind uns einig vom Stil – ohne uns groß abstimmen zu müssen. Im Grunde hatte ich auf insgesamt fünfzig Seiten nur drei Stellen, die wir zügig klärten. Das vereinfacht das Lektorieren / Korrigieren der nachfolgenden neun Kapitel. Dabei sollte ich nicht unerwähnt lassen, dass Gebhards Texte von Haus aus Männlein, Weiblein, divers mit einbeziehen oder gender-neutral formuliert sind. Es ist also nicht mehr viel für mich zu tun. Gleichwohl heißt das, ich lese das Buch zum drölfzigtausendsten Mal. Das ist angenehmer, als es klingt. Ich lese es erstaunlicherweise immer noch sehr gern, auch wenn ich es nun schon fast auswendig aufsagen kann.
Abwägen von Druck,
Logistik, Marktabdeckung
Bücher herauszugeben, ist viel Arbeit für wenig Geld. Das wussten wir vorher. Daher gilt es, sämtliche unternehmerische Entscheidungen klug abzuwägen. Gebhard und ich setzen uns seit Jahren für Nachhaltigkeit ein. Das macht die Sache im Buchhandel nicht gerade einfacher.
Unter anderem sprach ich gegenüber Gebhard mein Bauchgrummeln pro/contra Amazon Create Space – vielmehr in Bezug auf Amazon, den Konzern – an. Wir kamen zum Schluss, dass in der Abwägung aller Aspekte rund um Druck und Logistik (inklusive Zollabwicklung und internationalem Vertrieb) die Plattform ein wichtiger Baustein für uns ist. Wir wollen eine weite Verbreitung über unsere Kreise hinaus. Amazon ist und bleibt die größte Suchmaschine und Online-Handelsplattform für Bücher der Welt. Als kleiner Indi-Verlag, der ohnehin eine Nische im Bereich Wirtschaftssachbuch bedient, können, sollten und wollen wir darauf nicht verzichten. Wir werden jedoch alle Optionen von kindle Direct Publishing (kDP) nutzen – wie beispielsweise den klimaneutralen Druck und eine klimafreundliche Papierauswahl – um unseren Idealen so nahe wie möglich zu kommen.
Print on Demand ist super. Nicht nur, weil es für uns schlicht nicht leistbar ist, ein Lager mit Büchern anzulegen und die Bestell-Abwicklung zu organisieren. Wir produzieren weniger Altpapier, sollte die Auflage nicht wie erhofft “durch die Decke gehen”. Ich traue es uns fachlich und methodisch zu. Das ist es nicht. Es ist jedoch eine immense Arbeit. Und das, wo wir nicht erwarten können, nur ansatzweise profitabel zu arbeiten. Aus diesem Grund verwarfen wir auch die Idee, eine Prosumer-/Crowdfunding-Aktion zu starten. Das Verbreiten und Werben für unser Buch müssen wir anders lösen. Dafür lohnt es sich, sich dem Mainstream anzupassen. Nicht in allen Punkten gegen den Strom schwimmen. Im Inhalt gern. In der Publikation stromlinienförmiger. Ja, die kognitiven Dissonanzen. Da sind sie wieder!
Nach unserem Gespräch war ich neugierig und schlug nach: 328 Euro gaben 2020 private Haushalte für Güter und Dienstleistungen aus dem Bereich Literatur und Presse aus. Knapp ein Drittel (103 Euro) für Bücher. 14,5 % davon für Schul- und Lehrbücher bzw. 25,5 % für sonstige Bücher, worunter Sachbücher zählen. 5% (das sind ~5 Euro) für E-Books. So fasst das Statistische Bundesamt im “Spartenbericht Literatur und Presse – 2022” die Zahlen / Daten / Fakten zusammen (Seite 34 f). Beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels finde ich eine konkretere Angabe zu Sachbüchern. Der Marktanteil lag 2021 bei 11,2% (Quelle: Umsatzanteile nach Warengruppen 2021 in der Presse-Info “Pandemie, Papierkrise, Konsumflaute – Wie geht es dem Buchmarkt 2021/2022?”, Seite 15).
Preisgestaltung
Seit Ende 2021 explodieren die Druckkosten. Das liegt vor allem am enorm gestiegenen Papierpreis seit Anfang 2021. Auch alles nachzulesen in der Presse-Info “Pandemie, Papierkrise, Konsumflaute – Wie geht es dem Buchmarkt 2021/2022?”, Seite 21f. Nehmen wir ferner die Entwicklungen in Sachen Klimawandel ins Kalkül, wird sich an der Verknappung der Rohstoffe für den Druck zukünftig wenig ändern. Selbst wenn es innovative, umweltfreundliche Alternativen wie beispielsweise Graspapier gibt.
Das macht das Festsetzen eines – gebundenen, inflexiblen – Buchpreises enorm schwierig. Mir ist bewusst, dass die viele Zeit, die Gebhard und ich investierten, ohnehin nicht in Geld messbar honoriert wird. Dennoch hegen wir natürlich den Wunsch, dass sich unser Buch verbreitet. Das wiederum setzt voraus, dass es nicht allzu teuer sein darf.
Ich schaute in den Wirtschaftszahlen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels nach. Der durchschnittliche Ladenpreis für Neuerscheinungen im Jahr 2021 lag für Wirtschafts-Sachbücher bei 40,75 Euro. 18,81 Euro für Taschenbücher, 42,78 Euro für übrige Bücher. Statistisch gehört das in die Sachgruppe Sozialwissenschaften. Dort liegen die durchschnittlichen Preise bei 41,82 Euro (21,15 EUR / 43,52 EUR) (Quelle: Tabellen-Kompendium, Seite 18f).
Das ist höher, als ich erwartet hatte. Mal schauen. Sobald ich Kapitel 10 grob gesetzt habe, können wir eine erste Schätzung der Druckkosten vornehmen. Dann wissen wir, ob wir Geld mitbringen müssen für jedes verkaufte Werk, wir kostendenkend oder gar mit etwas Marge für uns arbeiten können.
Auch interessant (ebenda gefunden): Der Umsatz-Anteil für Sozialwissenschaften, Recht, Wirtschaft am (Sortiments)Buchhandel liegt für Hardcover/Softcover bei 2,6%, Taschenbuch bei 1,6%, Hörbücher bei 0,3%. Wir konkurrieren mit 1.735 Erstauflagen in derselben Sparte. Jo. Das ist doch mal ‘ne Hausnummer!
Barrierefreiheit und PDF-Version
Aus den vorgenannten Gründen werden wir in jedem Fall eine PDF-Version anbieten. Hier liegt für mich die Herausforderung, sie barrierefrei zu rendern. Ich hatte letztes Jahr begonnen, mich dazu aufzuschlauen. Guckst Du Barrierefreiheit von Office-Dokumenten via EnjoyWork / WandelMut. Vieles hatte ich von Beginn an richtig in InDesign angelegt. Ein paar Kleinigkeiten sind noch umzusetzen, wie beispielsweise Alternativ-Texte für die Illustrationen. Beim Export und Zusammenbauen des PDFs ist einiges zu beachten. Das sollte indes alles im Rahmen des Machbaren liegen.
E-Books
Eine etwas größere Herausforderung stellt noch die Produktion der E-Books für Kindle (Mobipocket) und im EPUB-Format für mich dar. Da muss ich mich einlesen. Da ich keinen E-Book-Reader besitze, bin ich als Anwenderin komplett blank. Es wäre ideal, mir auf Zeit ein Gerät zu leihen. Mal schauen, ob ich da eine Möglichkeit finde. Ich glaube, mich zu erinnern, dass es fürs Smartphone Apps gab. Doch auch hier: Keine Vorkenntnisse.
Adobe InDesign (mit dem ich das Buch setze) bietet den Export zu EPUB. Das kommt von Haus aus mit. Da muss ich mich nur schlau machen, was ich fürs Layout beachten muss. Zudem sollten wir austesten, wie gut die Illustrationen und Randnotizen eingefügt und angezeigt werden. Das hört sich für mich alles nach Fleißarbeiten an.
Bezüglich Kindle meinte Gebhard, dass das Umwandeln von PDF zu Mobipocket via kDP ein Anfang sein könnte. Mir wäre lieber, wir generieren die Version vom Original aus. Meine Erfahrung aus der Vergangenheit ist: Jede Schnittstelle, die man in Design-Prozesse einbaut, bietet Tür und Tor für Fehler und technische Bugs. Hm. Auch da werde ich recherchieren, wie wir das am sinnvollsten angehen. Für sachdienliche Hinweise (zu guten Tutorials oder ähnlich) bin ich dankbar. ;-)
Um abwägen zu können, wie viel Zeit ich investieren kann, schaute ich nach den durchschnittlichen Preisen. Via Börsenverein des Buchhandels lese ich fürs erste Halbjahr 2022: Der von den Käufer:innen im Schnitt für ein E-Book bezahlte Preis erhöhte sich leicht um 0,4% auf 6,48 Euro. Lehr- und Fachbücher sind davon ausgenommen. Gezählt wird ab einem Preis ab 0,49 Euro.
Interessant ist das Wachstum des Marktes. Das Statistische Bundesamt schreibt:
Die Digitalisierung der Buchbranche schreitet auch bei den Buchformaten beziehungsweise Angeboten des Buchmarkts voran. So ist der Absatz von E-Books in den vergangenen Jahren immens gestiegen. Wurden im Jahr 2010 noch 1,9 Millionen E-Books verkauft, so waren es 2020 bereits 35,8 Millionen. Parallel zu dieser Entwicklung nahm auch die wirtschaftliche Bedeutung der E-Books im Gesamtbuchmarkt zu. Von 2010 bis 2020 erhöhte sich der Anteil des mit E-Books erzielten Umsatzes am Gesamtumsatz der Branche von 0,5 % auf 5,9 %. Gleichzeitig sank der durchschnittlich bezahlte Preis für ein E-Book von 10,71 Euro auf 6,63 Euro.
Statistisches Bundesamt
Online lesen
Einfach und schnell getroffen war unsere Entscheidung zum Online-Lese-Angebot. Wir werden für kleines Geld eine Version auf unserer Indi-Verlagsseite Edition Sinnvoll Wirtschaften anbieten. Die Idee ist, das in Verbindung mit steady anzugehen. So können wir mit Schwarmfinanzierung ein niederschwelliges Angebot unterbreiten.
Gestern besprach ich den groben Rahmen mit Gebhard. Das wird richtig schön. Ich freue mich darauf. In jedem Fall wird das einfach zu realisieren. Gebhard ist nämlich mit REDAXO einverstanden. Ein Heimspiel also.
Hörbuch
Sagte ich schon, dass wir ein Angebot für die Produktion einer Hörbuch-Version haben? Nächste Woche habe ich den Auftakt mit dem Sprecher. Ich bin neugierig. Wir kappeln uns unter anderem noch über das Thema Gendern. Da sind Gebhard und ich wenig kompromissbereit. Ich schrieb es oben.
Wissenschaften & WissenschaftsKommunikation
Diese Woche flatterten mir zwei Anfragen für Kooperationen in Forschungsprojekten ins Büro. Eines davon ist im Bereich künstliche Intelligenz für Angebote der Erwachsenenbildung. Ich bin froh, meine Vorurteile mit dem Besuch der letzten Futures Lounge “Beyond the Hype – KI zwischen Feuilleton und Science” abgebaut zu haben. Sonst hätte ich diese Anfrage rundweg abgelehnt. Nun ist mein Interesse geweckt. Der Auftakt ist Anfang März. Danke Christina! Danke Marco! Im anderen geht es um WissenschaftsKommunikation für kleine und mittelständische Unternehmen. Dazu zu gegebener Zeit mehr.
Apropos künstliche Intelligenz. Dass die Aufzeichnung unserer Futures Lounge nun verfügbar ist, öffnet mir die Chance, meine Rückblende zu veröffentlichen. Sehr schön. Das vormerken. Mal schauen, wie bald ich die Zeit finde. Die nächsten Wochen werden turbulent. Es ist viel zu tun. Gleichwohl ist das Thema aktuell, denn…
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestags hat eine Studie zu Auswirkungen von ChatGPT und vergleichbaren Systemen gestartet. Im Fokus stehen die Bildungsprozesse in Schule, Hochschule und Aus- und Weiterbildung. Schüler/innen wie Studierende arbeiten mittlerweile mit personalisierten Empfehlungssystemen und KI-basierten Lern-Apps. Auch wenn wir im europäischen und internationalen Vergleich weit abgeschlagen liegen: In Deutschland haben sich Unterricht, Seminare und Kurse auf digitale Plattformen verlagert. Wenn wir die neuen Möglichkeiten gut nutzen – mensch-zentriert und auf Resonanz ausgerichtet, orientiert an humanistischen Bildungsidealen und fürs eigenverantwortliche Lernen optimiert, halte ich das für eine positive Entwicklung.
TAB hat nun den Auftrag erhalten, ChatGPT und vergleichbare Computer-Modelle zur Sprachverarbeitung vertieft zu untersuchen und ihre Auswirkungen in technischer, sozialer und ethischer Hinsicht zu analysieren. Auf Basis der Ergebnisse wird der Bundesausschuss im April 2023 in einer öffentlichen Sitzung gemeinsam mit Fachleuten beraten.
FRESCO
FediveRsE SCholcom Observatory
Von TAB zu TIB: Gestern rief Lambert Heller, Leiter des Open Science Lab an der Technischen Informationsbibliothek (TIB) des Leibniz Information Centre for Science and Technology, via Mastodon auf, sich am Aufbau von FRESCO – dem FediveRsE SCholcom Observatory – zu beteiligen. Ich gebe das mal direkt weiter:
Erfahrene Kommunikationswissenschaftler:innen gesucht!
Wir wollen FRESCO aufbauen, das FediveRsE SCholcom Observatory
Das Fediverse (Mastodon und Co) macht allmählich auch Forschende neugierig. 2023 muss ja noch nicht der endgültige Abgesang auf die alten Social-Media-Plattformen kommen, aber etwas passiert. Und so viel ist bereits klar: die sozialen Interaktionen in der Wissenschaft bleiben und werden immer vielfältiger, öffentlicher und “jetzt-zeitiger”: sowohl interne als auch externe #Wisskomm, alles rund um wissenschaftliche Konferenzen, Preprints, Journals, aber auch informeller Erfahrungsaustausch, Reflexionen und Memes, bis hin zu wichtigen Kampagnen, Stichwort #IchBinHannah #IchBinReyhan.
Das alles lebt von Zugänglichkeit und Auffindbarkeit – genau hier wartet im Fediverse aber eine neue Herausforderung, denn es gibt nicht mehr “alles aus einer API”, die vom Geschäftsmodell des einen Plattforminhabers regiert wird, sondern Vertrauen, Suchbarkeit etc. müssen neu ausgehandelt werden.
Es reicht dafür noch nicht mal, Erwartungen und Policies alter und neuer Mastodon-Instanzen zu kennen und zu berücksichtigen. Bei der Wissenschaftskommunikation im Fediverse werden wir vielmehr noch mit ganz neuen Anwendungstypen zu tun haben, zum Teil weit jenseits von Microblogging.
Zwei Beispiele für pionierhafte Anwendungen, die ActivityPub sprechen, auf die ich auch in meinem Podcast “Das Mastodon im Porzellanladen” für die TIB werde kommen müssen: Sarven Capadislis Linked Research sowie SkoHub vom HBZ NRW.
Die Situation ist also kompliziert.
Wir bringen an der TIB reichlich Erfahrung mit, was den Aufbau von Forschungsinformationsdiensten angeht, das Vorantreiben von Open Data und FAIR/CARE-Prinzipien, die verantwortungsvolle und zugleich effektive Bereitstellung umfangreicher, heterogener Forschungsdaten, und mehr. Wir möchten zusammen mit anderen das Observatory für Wissenschaftskommunikation im Fediverse bauen, beginnend mit einem umfassenden Austausch mit deren Communitys und Stakeholdern. Wir sind erfahren mit drittmittelgetriebener Forschung, und gehen davon aus, dass wir dieses Projekt bald und zügig umsetzen können.
Dies ist ein Manifest, und eine Willensbekundung, das Observatory für wissenschaftsbezogene Kommunikation im Fediverse aufzubauen. Zugleich ist es ein Aufruf und eine Suchanzeige. Wir brauchen erfahrene Kommunikationswissenschaftlerinnen, die mitmachen. Institutionelle Verankerung in Niedersachsen und/oder an einer der bestehenden Nationalen Forschungsdaten-Infrastrukturen (NFDIs) sind von Vorteil, aber keine zwingende Voraussetzung.
Interessenbekundungen gerne per Direktnachricht hier auf der Plattform, oder an ‘@biblionik_at_matrix.org’ (Matrix), oder per E-Mail an lambert.heller_at_tib.eu.
Mit freundlicher Bitte um Weiterverbreitung an potentiell interessierte Kommunikationswissenschaftlerinnen – vielen Dank.
Lambert Heller
Leiter des Open Science Lab
an der Technischen Informationsbibliothek (TIB)
des Leibniz Information Centre for Science and Technology
Adobe überschreitet
eine unsichtbare Grenze
Seit 2009 ist bei mir Adobe im Einsatz. Zunächst brauchte ich einen neuen, leistungsfähigen Rechner. Das waren damals knapp 1.500 Euro. Dann kaufte ich mir die Creative Suite (CS5) für satte 3.500 Euro. Für mich als Gründerin war das viel Geld. Ich kam lange damit hin, habe die Entscheidung auch nie bereut. Im Gegenteil, nach und nach erwarb ich die genialen Pinsel von Kyle T. Webster und investierte den ein oder anderen Dollar in PlugIns. Die Schnittstellen mit Kunden, Druckereien und Agenturen klappten reibungslos.
Bis eines Tages Adobe mit Software as a Service (SaaS) ums Eck kam. Ich zögerte den Umstieg heraus. Zwei Jahre hielt ich durch, bis mir das durch mehrere verlorene Aufträge und extreme Schnittstellen-Probleme (trotz hoher Toleranz bei den Geschäftspartner:innen) auf die Füße fiel. Also Rechner hochrüsten und in den sauren Apfel des Abos beißen. Im Marketing als Freiberuflerin tätig zu sein, ist nicht nur eng mit der Zeit, die Budgets sind oft nicht kostendeckend. Irrwitzigerweise sind es vor allem die preissensibelsten Kund:innen, die die größten Ansprüche haben. Daher verabschiedete ich mich nach und nach aus diesem Geschäftsfeld. Ich nutzte Adobe nun stärker für eigene Projekte und im Rahmen der Dokumentation unserer Transformationsprozesse.
Spulen wir ins Jahr 2023 vor. Inzwischen habe ich mich mit der Creative Suite angefreundet. Fast täglich sind Photoshop, InDesign, Audition, Premiere Pro und After Effects bei mir im Einsatz. DreamWeaver ersetzte ich letztes Jahr durch Visual Studio Code. In 15 Jahren baute ich mein Anwenderin-Wissen zur Suite kontinuierlich aus. Unzählige Stunden verbrachte ich mit YouTube-Tutorials und bastelte im Studio an meinen Interpretationen. Inzwischen komme ich gut zurecht und lerne enorm schnell neue Funktionalitäten. Von daher bin ich sehr zufrieden.
Es gibt jedoch eine Kehrseite. Bisher kostete mich die Suite pro Monat 49,99 Euro. Es gilt das reverse charge Verfahren. Das ist also netto. Nicht gerade billig. Letztes Jahr erhöhte Adobe den Preis auf 52,06 Euro. Durch mein Jahresabo kam das ab Februar nun zum Tragen. Wir reden hier von 2,07 Euro pro Monat, 24,84 Euro pro Jahr mehr. Bei einer Gesamtsumme von sage und schreibe 624,72 Euro. Das heißt, auch hier überschreite ich nun eine Grenze. Es trifft mich empfindlich. Ich sehe keinen größeren Mehrwert, der den erhöhten Preis rechtfertigt. ¯\_(ツ)_/¯
Ich bin mir nicht sicher, ob sie damit nicht auch den Kipppunkt im System erreicht haben, bei denen viele Nutzer:innen aussteigen. John Pull aka garius nennt das Phänomen “thermocline”. Ich hatte im Zusammenhang mit Twitter darüber geschrieben. Gerade erst heute veröffentlichte Kiki Thaerigen eine Langstrecke, wo sie von ihren Erfahrungen berichtet und ein Tschüs, Adobe. Hallo Affinity Publisher, DaVinci Resolve und Procreate ausruft. Mir sind einige Menschen aus meinem Netzwerk bekannt, die entweder schon umgestiegen sind oder derzeit den Transformationsprozess durchlaufen. Ich werde wohl auch nicht umhin kommen, mein System zu hinterfragen.
Zuguterletzt
Christian Fischer beantwortet derzeit nebenan via “hmbl.blog – in jawls humble opinion” Fragen seiner Leserschaft. Unter anderem berichtet er in einer “Dänemark-Edition” wie es zu seiner Leidenschaft für das Nachbarland im Norden kam. Genauer: Er erzählte uns von Tina Dico. Das weckte meine Neugier. Ich mag die dänische Sprache, auch wenn ich kein Wort davon verstehe. Leider. Hier heute zum Abschluss des Beitrags also ihr Lied “Menneskedyr” (menschliche Tiere):
Menneskedyr
[ 2022-03-04 Tina Dico / Dickow | 04'08'' ]
In den Kommentaren fand ich eine englische Übersetzung:
We are all fighting for the good.
We just can not agree what the good is.
We are all fighting to make it stick together.
Here in life and in our heads.
We should have enough money.
Yes attention enough.
Yes recognizability enough.
Yes that’s where it’s located.
We’re looking there.
Yes where the light falls in where it makes sense.
Yes that’s where it’s located.
We make patterns.
There are holes everywhere.
Then we fill them in with something.
Cause and effect.
Brewing stories.
That explains who we are.
And why our reality is the only one there really is.
We should have enough money.
Yes. Attention enough.
Yes. Recognizability enough.
Yes. That’s where it’s located.
We’re looking there.
Yes. Where the light falls in.
Yes. Where it makes sense.
Yes. That’s where it’s located.
Are we humans?
Are we animals?
Are we in between?
Are we instincts or adventure.
A divine tale.
We all fight for our own.
It is sometimes difficult to see who our own are.
We stick to what we know.
Feel free to choose lies over truth.
In order not to lose our opinions.
We should have enough money. Check.
Attention enough. Check.
Recognizability enough. Check.
That’s what works.
We’re looking there.
Where the light falls in.
Where it makes sense.
That’s what works.
Are we humans?
Are we animals?
Are we in between?
Are we instincts or adventure
A divine tale
II: Are we humans?
Are we animals?
Are we in between? :II
Tina Dico
übersetzt von Pipaluk Leibhardt
(siehe entsprechender Kommentar via YouTube)
Wenn Dir Tinas Musik gefällt: Sie ist 2023 unter anderem auf Deutschland-Tournee 😉
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