Narration & Digital Storytelling

Der Blick hinter die Kulissen einer digitalen Multimedia-Reportage

veröffentlicht: 30.09.2017 · Franziska Köppe | madiko

New Century Hotel - Reportage nachhaltig Bauen im Bestand

Vielleicht hast Du Dich schon gefragt, warum es in meinem Blog in den letzten Monaten so ruhig geworden war. Aus Begeisterung für ein nachhaltiges Bauprojekt eines Kunden und Partners, nahm ich die Herausforderung an, über dieses Vorhaben zu berichten. Was ich zu diesem Zeitpunkt zu wenig bedachte war die Komplexität und Dynamik, die die Reportage bei den Beteiligten und vor allem bei mir auslösen würde. Ein Projekt, das oft drohte, komplett an die Wand zu fahren – nun doch noch gelungen ist. Eine Unternehmung, an der ich gewachsen bin, mich weiterentwickelt habe – in vielerlei Hinsicht.

New Century Hotel // Making-of
[ 2016-07 Franziska Köppe | madiko ]

Meine letzten Monate waren von vielen Hochs und Tiefs geprägt. Ohne es zu ahnen, wagte ich mich letztes Jahr an ein Vorhaben, das zu diesem Zeitpunkt deutlich eine “Nummer zu groß” für mich war. Die Komplexität und die schiere Arbeitsmenge erforderten es, dass ich das Projekt in gefühlt tausende winzig kleine Arbeitsschritte unterteilte und diese dann mit viel Mühe und Geduld einzeln abarbeitete.

Für alle Beteiligten und auch für mich ein sehr frustrierender – weil langwieriger, ständig von neuen Hürden und Umwegen geprägter – Prozess, bei dem die Ergebnisse nur allmählich sichtbar wurden. Nun ist die Publikation doch noch gelungen. Ich bin ein klein wenig stolz darauf, nicht aufgegeben zu haben.

Im Folgenden lade ich Dich ein, wieder ein Stück des Weges auf meiner Reise des Verstehens mit mir zu gehen. Lass Dich inspirieren!

Worum ging es? Nun, in Summe war es ein hoch komplexes Projekt, das mich auf vielen verschiedenen Ebenen forderte — meine erste große Multimedia-Reportage:

Nachhaltig Bauen im Bestand:
New Century

1988 eröffnete die Tourismus-Gruppe Kaiyuan (New Century) im chinesischen Hangzhou das erste Hotel. Seither entwickelte sich der Konzern zu einem der angesehensten Hotel-Ketten in China. Im Kerngeschäft investiert und betreibt die Gruppe heute 250 Hotels und Ressorts vor allem für internationale Geschäftsreisende.

Mit dem 4-Sterne-Plus-Hotel am Kaiserlei in Offenbach am Main wagt Kaiyuan nun den Sprung nach Deutschland. 15 Minuten entfernt vom Flughafen in Frankfurt fungiert das New Century Hotel (NCH) als Dreh und Angelpunkt für die Internationalisierung der Marke. Mit der Integration chinesischer und europäischer Kultur will der Touristik-Konzern auch hier Standards im Bereich der exklusiven Business-Hotels setzen.

New Century Hotel - Reportage nachhaltig Bauen im Bestand. Bild: copy copternauten

New Century Hotel // Luftaufnahme
[ 2017-09 copternauten ]

Bis zur Eröffnung des NCH mussten sich die Beteiligten in einem interkulturellen wie dynamischen Umfeld behaupten. Mit dem Anspruch, das Bestandsgebäude gemäß den Wünschen und Anforderungen eines chinesischen Nobel-Klientels aufzuwerten sowie funktional, energetisch und technisch zu sanieren, hatte sich der Investor und heutige Betreiber viel vorgenommen. Nun muss sich das Gebäude am Main im Hotelbetrieb bewähren.

Ich hatte letztes Jahr die Gelegenheit, mit den Hauptakteuren des Bauvorhabens aus China und Deutschland zu sprechen. Sie gewähren uns einen Blick hinter die Kulissen internationaler Großbaustellen. In den sehr persönlichen Gesprächen erfahren wir mehr über die Menschen, ihre Herausforderungen und wie sie sie alltäglich meistern:

Nachhaltig Bauen im Bestand: New Century Hotel / Multimedia-Reportage
Nachhaltig Bauen im Bestand: New Century Hotel

Ein internationales Bauprojekt. Hohe Ansprüche an die Sanierung des Hotelbaus. Eine Vielzahl an Akteuren in einem komplexen wie dynamischen Vorhaben. Wir schauen über die Schultern der Bauherren, des Architekten, des Oberbauleiters sowie des Projektleiters eines der zahlreichen Gewerke. Es geht um Lebens- und Arbeitswelt im Tourismus und Hotelbetrieb, in Architektur sowie im Bau anspruchsvoller Hotelbau-Vorhaben.

zur Multimedia-Reportage

2017-09-27 · Franziska Köppe | madiko

Narration für Lebens- & Arbeits­welten mit Zukunft

Was ist das Besondere an einer Multimedia-Reportage? Dieses erzählerische Format ist noch relativ jung und liegt im Trend der allgemeinen Digitalisierung. In Form von Geschichten werden alltägliche Herausforderungen von Leben und Arbeiten erzählt.

Bei den Beteiligten setzt ein Reflexionsprozess ein, den ich aktiv auf der individuellen wie kollektiven Ebene begleite. Im ersten Schritt erarbeiten wir uns die klugen Fragen, den Kontext, die Zusammenhänge und gehen quasi gemeinsam auf Erfahrungsschatzsuche. Dies ist ein wichtiger Teil beim Professionalisieren des eigenen Tuns hin zur bewussten Kompetenz von fachlichen, methodischen, sozialen und persönlichen Ressourcen und dem eigenen (Selbst)Wertempfinden. Ein wichtiges Element von Führen mit Sinn.

Neben diesem Nutzen für die Beteiligten selbst, entsteht bei dieser Form der Online-Publikation ein gesellschaftlicher (Mehr)Wert: Der narrative Ansatz der Wissensvermittlung erhöht die Merkfähigkeit des Lesers sowie die emotionale Bindung zu den Protagonisten. Erreicht wird dies durch die Mischung aus Texten (erzählerisch, in Form von Zitaten oder Gesprächen), Fotos, Sketchnotes zum Vermitteln von Zahlen, Daten, Fakten sowie Kurzfilmen oder auch Audios in Interview-Form.

Unternehmerisch gesprochen bedeutet dies: Aufbau von Vertrauen unter Menschen und ein Angebot zur Sinnkopplung. Oder wie ich es auch nenne: Geschäfte machen ohne zu verkaufen.

Digitales Scrollytelling

Nachdem wir uns zumeist aus den unterschiedlichsten Perspektiven dem Thema nähern – beim New Century Hotel den Perspektiven des Investors, des Betreibers, des Architekten, des Oberbauleiters und einem der Projektleiter der zahlreichen Gewerke plus meiner beschreibenden Sicht, ist nun meine Herausforderung, dieses Wissen zu strukturieren, zu verschriftlichen, mit Schlagworten zu kategorisieren, zu filmen plus Audio und Video zu bearbeiten, zu fotografieren, Grafiken, Zeichnungen und Sketchnotes anzufertigen plus schließlich in eine online lesbare Form zu bringen.

All dies erfordert eine Vielzahl an Kompetenzen – von der Regie, Moderation der Gespräche, über Transkription, Codierung, Redaktion, Lektorat, Fotographie inklusive Bildbearbeitung und Retusche, Film, Audio und Ton, Animation, Zeichnen, bis hin zur Film-Postproduktion und der Kunst, dies alles sinnvoll miteinander zu verbinden – ohne es zu überfrachten.

Sketchnotes Badwelt New Century Hotel
Alles eine Frage der Relation(en)

Eine der zahlreichen Sketchnotes, die ich rund um die Sanierung der Badwelt im New Century Hotel anfertigte. Zunächst errechneten wir die Zahlen/Daten/Fakten. Dann galt es, die Zahlen in eine Relation zu setzen, die die schiere Größe verdeutlichen. Hier war Kreativität und die Kunst der Recherche gefragt. Als die Idee zum Vergleich gefunden war, zeichnete ich das erste Mal in meinem Leben einen Buckelwal ;-)

Sketchnotes Badwelt New Century Hotel

Doch damit nicht genug. Als nächste riesige Herausforderung erwies sich das oben so lapidar daherkommende “in eine online lesbare Form bringen”. Web-Nutzer haben (zu Recht) den Anspruch, Inhalte in ihrem bevorzugten Medium zu konsumieren: via Smartphone, Tablet oder Desktop ihrer Wahl. iOS, Windows, Android, Unix, Blackberry, … you name it! Im Design und technisch ist dies jedoch eine extrem difizile Sache, die mich einiges an Hirnschmalz konzeptionell wie auch in der Programmierung kostete.

Auch diese komplexe Aufgabe löste ich nur, in dem ich sie in Mini-Aufgaben einteilte und Schritt für Schritt abarbeitete. Mein Weg war, mir zunächst zu überlegen: Wie treffen Menschen Entscheidungen und wie kommen sie danach ins Handeln? (Dazu ein anderes Mal mehr.) Wie kann ich diese Erkenntnisse auf das Medium Web und explizit auf Online-Journalismus und digitales Storytelling anwenden?

Konzept und technische Realisierung
von Digitalem Storytelling

Daraus entwickelte ich das Konzept zur Darstellung für Inhalte für die einzelnen Bildschirm-Formate, grob gesprochen für small, medium, large und xlarge. Die Übergänge sind fließend (responsive Webdesign). Ich achtete dabei auch darauf, dass alle Medien möglichst bedienerfreundlich und integrativ die Geschichten unterstützen. Dabei lasse ich Raum zum Selberdenken und setzte auf Minimalismus: Weniger ist mehr. Das gilt auch für den Programmcode und damit den digitalen Fußabdruck beziehungsweise die Ladezeiten für den Nutzer. Ein Feld, in dem ich jedoch auch noch weiteres Verbesserungspotenzial sehe.

Besondere Herausforderung dabei war das Bedien- und Navigationskonzept. Dafür entwarf ich drei Szenarien:

  • Der Einseiter (in der Fachsprache One-Pager) hat oben Anker-Links, die es dem Leser ermöglichen, die Website linear von oben nach unten zu lesen und auf Wunsch schnell zur gewünschten Information zu springen.
  • Für komplexe Webpräsenzen, wie beispielsweise auch EnjoyWork sein wird, entwickelte ich ein mehrstufiges Navigationskonzept, bei dem ich den Nutzer möglichst intuitiv durch seinen Entscheidungs- / Handlungsprozess führe.
  • Beim digitalen Storytelling stehen die Inhalte im Fokus. Ich verzichte daher ganz auf eine übergeordnete Navigation und biete dem Leser am rechten Seitenrand eine interaktive, mitlaufende Lesezeichen-Liste von Anker-Links für die einzelnen Kapitel sowie die Sprungmarke auf das Inhaltsverzeichnis und Möglichkeiten zur Interaktion.

In parallelen Iterationsstufen zum Konzept setzte ich selbiges als html-Dummy um und entwickelte es auf diese Weise stets an “Real-Daten” meiner redaktionellen Arbeit (wie oben NCH) weiter. Den Web-Dummy ließ ich von kompetenter Seite prüfen. Vielen Dank Sven Wolfermann von maddesigns! Ohne Dich wäre mein Weg deutlich länger gewesen und ich wäre vermutlich heute noch nicht dort, wo ich nun stehe.

Gemeinsam entstand die nächste Iterationsstufe für’s Webdesign: der html-Prototyp. Ein Schritt, bei dem ich gleichzeitig die Arbeit mit dem Software-Entwicklungstool und Versions­verwaltungs­system github erlernte. Es ist alles kein Hexenwerk. Mich forderte jedoch die Menge, die ich in kurzer Zeit erlernen musste. Quasi in meinen Mittagspausen oder nachts zwischen 23 und 24 Uhr… Gleichwohl bin ich darin bestärkt: Lernen am konkreten Projekt ist die effizienteste Form von Wissensaufnahme.

Aktueller Stand und Ausblick

Wo stehe ich nun? Aktuell implementiere ich den html-Prototyp in mein Content Management System REDAXO (REX5, wen es genauer interessiert). Vielen Dank an Yakamara, die das CMS entwarfen und den core stets weiterentwickeln sowie FOR, die Friends of REDAXO, die unter MIT-Lizenz eine Vielzahl an AddOns und PlugIns entwickeln. Auch Jens Fuchs von d-mind gebührt ein großer Dank. Er unterstützte mich konzeptionell und half, den core meines Masters und die zahlreichen AddOns und PlugIns in Betrieb zu nehmen sowie das html5-Video-Modul zu programmieren.

Mit dem CMS hole ich mir die Komplexität zurück ins Vorhaben und schaffe mir ein gutes Handwerkszeug für Multimedia-Reportagen und meine Web-Applikationen allgemein. Es wird mir die Online-Redaktion (deutlich!) vereinfachen. Ich freue mich schon darauf, mich dann als Webeditor wieder stärker auf die Inhalte und wie ich sie vermittle konzentrieren zu können.

Hierfür ist notwendig, ein System zu programmieren, das mitwachsen kann. Es soll möglichst flexibel und erweiterbar sein. Dafür entwickle ich die einzelnen, im Konzept enthaltenen, redaktionellen Module zu Bauelementen und Bausätzen weiter und implementiere sie. Hierbei sind also nicht nur meine konzeptionellen Fähigkeiten, sondern auch schlicht aktuelle(!) technische Kenntnisse in HTML, PHP, MySQL, CSS, jQuery … gefragt. Ich bin froh, dass es so viele Angebote für frei verfügbaren Code im Web und eine hilfsbereite und konstruktive REX-Community gibt. So kann ich mir viel von anderen abschauen und für mich adaptieren.

Sobald auch dieser große Meilenstein vollbracht sein wird, geht die Arbeit erst richtig los: Dann kann ich redaktionell aus dem Vollen schöpfen und Lebens- & Arbeitswelten mit Zukunft die inspirierenden Geschichten entlocken. Einen gut gefüllten Fundus dafür habe ich auch schon.


Nachklapp & update

Jetzt, da ich diesen Blogbeitrag aus dem Jahr 2017 hier ins neue Portal überführe, sehe ich einmal mehr, wie schwer mir dieser Entwicklungsschritt fiel. Es erfüllt mich doch auch mit Staunen über den bereits zurückgelegten Weg. Im Alltag — mit dem Blick nach vorn gen Zukunft gerichtet — übersieht man ja doch leicht, wie viel des Lernwegs bereits hinter einem liegt. Auch mal schön, inne zu halten und das sich selbst gegenüber anzuerkennen (auch wenn mir, selbst jetzt da ich diese Zeilen schreibe, schon wieder das kleine Teufelchen auf der Schulter sitzt und sich mahnend meldet. Verflixter Perfektionismus…).

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