Aus der Werkstatt

Wochenrückblick KW37 / 2021

veröffentlicht: 18.09.2021 · Franziska Köppe | madiko

Zeichnung eines Bunsenbrenners mit Kolben an einem Stativ, Reagenzglas mit Setzling und ein Prisma als Symbole für eine wissenschaftliche Werkstatt / Wissensarbeiter:innen. Dazu der Titel Aus der Werkstatt 2021.

Die Themen der Woche: Robotik 2030, Sokratisches Gespräch, Umgang mit Wissenschaftsleugner:innen, WalkToTalk Stuttgart, EnjoyWork LeseLust, ein Geburtstag, Dänemark, die deutsche Start-up-Szene und noch so dies und das.

Aus der Werkstatt 2021
[ 2021 Franziska Köppe | madiko ]

Nachdem ich letztes Wochenende länger am Rechner gesessen hatte, als gut für mich war, war der Start in die Woche erschöpft. Ich ließ es langsam angehen, konzentrierte mich auf Administratives und Organisatorisches. Machte ein ausgedehntes Nickerchen und gönnte mir einen frühen Feierabend mit einem gemütlichen Spaziergang durchs Quartier. Der Dienstag war dann schon produktiver. Ich nahm die Controlling-Aufgaben wieder auf und in die Hand, muss ja gemacht werden.

Robotik 2030

Grenzenlos zwischen Mensch und Maschine

Inhaltlich ging es dann am Mittwoch los, was mich endlich aus dem drögen Arbeitstrott holte. Ich hatte im Frühsommer 2020 an einer Veranstaltung von WEKA Industriemedien teilgenommen und erhalte seither die Einladungen. Rudolf Loidl vom Industriemagazin (Österreich) moderierte eine Podiumsdiskussion zu “Robotic 2030”.

Ich interessiere mich aus verschiedenen Gründen fürs Thema. Zum Einen hatte ich mich intensiv mit der Branche und ihren Zukunftstrends seit 2003 beschäftigt. Bei Pilz, meinem letzten Arbeitgeber, hatte ich den Bereich Sensorik mit aufgebaut. Im Markteinführungs- und im Marktbearbeitungsteam war für uns Robotik spannend, da an Mensch-Maschine-Arbeitsplätzen viele und unterschiedlichste Sensoren zum Einsatz kommen. Von der Überwachung von Sicherheitszäunen über Positionssensorik am Roboter und seiner industriellen Umgebung bis hin zu Lichtschranken und Kamerasystemen werden Sensoren genutzt, um die Zone der Interaktion zu überwachen und mithilfe der Steuerungstechnik zu sichern. Ich bin immer noch stolz auf unsere Sprunginnovation “SafetyEYE”, das sichere Kamerasystem, das eine barrierefreie Interaktion zwischen Mensch und Roboter ermöglicht.

Die Markteinführung war seinerzeit übrigens die erste Gelegenheit, dass ich 3D-Animationen im professionellen Umfeld einsetzte. Erst darüber konnten wir den Ingenieuren im Maschinen- und Anlagenbau vermitteln, worum es bei SafetyEYE geht und wie der innovative Ansatz von uns gedacht war. Ich werde nicht vergessen, wie das dann zu einer Vielzahl an Nominierungen für und Gewinnen von Preise(n) führte. Über die damit verbundene Aufmerksamkeit konnten wir Interesse von Pionieren und “Early adoptern” in interessanten Applikationen weltweit wecken. Unglaublich, dass das nun auch schon wieder 10 Jahre her sein soll!

In Deutschland scheint das System allerdings aktuell nicht vertrieben zu werden. Hm. Heute bietet Pilz Dinge wie beispielsweise Service-Roboter “HoLLiEs” ;-)

Mein Interesse an Robotik habe ich seither nicht verloren. Insofern war ich also an einem Update von Fachleuten zum Thema interessiert. Eine Stunde Videokonferenz schien mir eine sinnvolle Investition. Viel Neues war für mich zwar nicht dabei. Es war jedoch eine gute Gelegenheit, aktuelle Marktzahlen für Österreich zu erhalten und den derzeitigen Stand zur rechtlichen Lage rund um arbeitsrechtliche Aspekte aufzufrischen. Ich hoffe, bald die Zeit zu finden, meine Erkenntnisse daraus zusammenzufassen und zu veröffentlichen. Gestern am späten Nachmittag erhielt ich die Präsentationen der Vortragenden. Das macht es leichter.

Wer bestimmt was du denkst?

Rückblende auf ein sokratisches Gespräch

Am Donnerstag Abend nahm ich an einem virtuellen, sokratischen Gespräch teil. Thomas Rahehäuser hatte uns eingeladen, die Frage “Wer bestimmt, was Du denkst?” zu erkunden und den Raum für das Gespräch eröffnet und gehalten.

Wir waren zu sechst – vier Männer und zwei Frauen, was ich als sehr angenehme Gruppengröße empfand. Andrea, Béla (zugeschaltet vom Balaton in Ungarn), Daniel, Ziad und ich. Es fiel mir sehr schwer, in der Vorstellungsrunde vorgabegemäß meinen Namen nicht zu nennen. Das zeigt, wie gewohnt ich das bin. Dass ich hier nun doch alle Namen aufschrieb zeigt, dass wir im Verlauf des Gesprächs uns dann doch auf Vornamen verständigten. Ich vermute, uns allen war wohler damit, weil wir es höflicher empfanden als “Du da” zu sagen. ¯\_(ツ)_/¯

Wir sprachen zunächst darüber, warum wir hier sind und welche Erfahrungen im soziokratischen Gespräch wir mitbringen. Und dann ging es direkt in die Frage und die Erkundung dessen, was wir an innerem Wissen dazu einbringen und was durch den Austausch entsteht.

Ich mochte die Ruhe, mit der wir uns austauschten. Zu keinem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, nicht zu Wort zu kommen oder zu einer Antwort gedrängt zu werden. Wir hatten (angenehme) Denkpausen. Wir stellten offene Fragen. Wir sprachen über Gedanken, Emotionen, Erkenntnisse. Insofern waren die drei Stunden kurzweilig.

Begegnung der anderen Art –
Umgang mit Wissenschaftsleugner:innen

Irritiert wurde ich erst in der letzten Stunde als klar wurde, dass wir zwei Wissenschaftsleugner:innen unter uns hatten. Ich glaube an Wissenschaften und den Erkenntnisgewinn, den sie der Menschheit bringen. Insofern war ich doch sehr perplex, wenn naturwissenschaftliche, soziologische, geisteswissenschaftliche, philosophische, medizinische Erkenntnisse so grundlegend in Frage gestellt werden. Denn plötzlich stand folgende Aussage im Raum “Wissen macht dumm”. Uff.

Ich denke dazu eher: “Wer nichts weiß, muss alles glauben.” (Marie von Ebner-Eschenbach). Ich halte es für falsch, unkritisch alles zu glauben. Ich hinterfrage, möchte verstehen. Dort, wo es mich interessiert, schaue ich genauer hin, ob mir das alles plausibel erscheint. Ich möchte wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ich glaube auch Dinge, die ich nicht mit eigenen Augen und Händen erfahren habe, wenn sie mir gut und schlüssig erklärt werden. Insbesondere wenn sie verifiziert / falsifiziert zur objektiven Erkenntnis geführt wurden. Eine humanistische Allgemeinbildung und mein Wissensdurst sind mir wertvoll. Ich möchte sie nicht missen.

Ich vertraue ebenso in wissenschaftliche Erkenntnisprozesse, in denen Thesen aufgeworfen und dann von – idealerweise interdisziplinären – Teams in einem offenen Dialog und Review-Prozess hinterfragt und geprüft werden. Ich mag die Grundhaltung von Wissenschaftler:innen, die von “aktuellen Erkenntnissen” sprechen und stets offen bleiben für neue Einsichten, Beobachtungen und Studienergebnisse. Mir erscheinen wissenschaftliche Ergebnisse, die von einer Vielzahl an Wissenschaftler:innen studiert wurden plausibler, als Ergebnisse von Wissenschaftler:innen, die mit Einzelmeinungen das Gegenteil behaupten. So glaube ich zum Beispiel an den menschgemachten Klimawandel. Und tue mich mit Klimawandelleugnern echt schwer. Wohlwissend, dass es so manche:r Wissenschaftler:in mit neuen Erkenntnissen schwer hat. Kopernikus und Galileo Galilei kommen mir direkt in den Sinn. Oder, um einen aktuellen Fall heranzuziehen, Dieter Willbold mit seiner Forschung zu Alzheimer.

Im soziokratischen Gespräch also auf eine Gruppe von Menschen zu treffen, die Wissenschaften grundweg kritisieren, hat mich zum Teil sprachlos gemacht. Und ich stellte fest: Ja, ich kann es nicht mit Sicherheit wissen. Ich glaube daran. Und es irritiert mich doch stark, wenn ich mit Personen zu tun habe, die dieses Grundhaltung nicht teilen – ja meine Grundannahmen komplett ablehnen. Gleichwohl wird dort eine Toleranzgrenze meinerseits erreicht, die das Fortführen eines Austauschs weiterhin möglich macht, wo ich jedoch eine wichtige Basis meines Vertrauens verliere. Etwas, das mir zum Beispiel für eine Zusammenarbeit essentiell erscheint. Und ich lege keinen gesteigerten Wert darauf, ein Gespräch in der Zukunft wieder aufzunehmen. Interessant und gut, dies von mir so klar zu wissen.

WalkToTalk Stuttgart

Gestern nun war der lang ersehnte, erste WalkToTalk Stuttgart nach der pandemie-bedingten Zwangspause. Ursprünglich waren 13 Personen angemeldet. Als ich die Erinnerungen versandte, kam die übliche Absagewelle. 10 Personen waren das dieses Mal. Sehr schade! 2 Angemeldete erschienen leider nicht. So stiefelten Jens und ich schließlich zu zweit los. Was der Qualität des Gesprächs überhaupt keinen Abbruch tat. Im Gegenteil. Ich freute mich über seine Teilnahme, da sie erstmals über mein Engagement für die Entrepreneurs For Future Stuttgart zustande kam. Sehr schön. Das also für die Zukunft im Hinterkopf behalten und weiterführen.

Treffpunkt war die “Waldau” in Stuttgart-Degerloch. Wir liefen eine meiner Lieblings-WalkToTalk-Strecken durch den Wald und Eichenhain in Sillenbuch. Unsere Themen waren vielfältig, angefangen von gesunder Ernährung und Flüssigkeitshaushalt im Körper (ein Thema, das mich zurzeit umtreibt) über die aktuelle Bundespolitik (noch eine Woche bis zur Bundestagswahl. Ich mache echt XXX, wenn dieser Wahlkampf endlich vorbei ist) bis hin zu Ingenieurwesen im Speziellen, unser ehrenamtliches wie hauptberufliches Engagement, Netzwerke in Stuttgart und Esslingen und Einstellungs- wie Haltungsfragen zu unterschiedlichsten Themen. Wir hatten blauen Himmel mit kleinen Wölkchen und angenehme Temperaturen. Mit anderen Worten: Es war sehr schön und wiederholungswürdig. :-)

Aufstockung der EnjoyWork LeseLust

Wenn in meinem Briefkasten mehr als nur Rechnungen und Steuerbescheide landen, freue ich mich schon allein deshalb. Diese Woche fand ich das Buch “Anthropozän – Klimawandel – Biodiversität” darin. Vielen herzlichen Dank für die Sachspende, Georg Toepfer!

Das Buch verspricht “transdisziplinäre Perspektiven auf das gewandelte Verhältnis von Mensch und Natur”. Ich bin gespannt. Ein erstes Blättern verrät mir: Das wird eine Herausforderung für mich, da es arg “wissenschaftlich”, “fachspezifisch” daherkommt. Ich lege mir also am besten gleich das Fremdwortlexikon daneben, wenn ich es dann anfange zu lesen.

Derweil lese ich weiter in “Die Entdeckung der Nachhaltigkeit”. Die Kapitel tun sich sortierter als die Einführung an. Ich fremdle dennoch weiter mit dem sprachwissenschaftlichen Stil des Werks. Also weiterlesen und eingewöhnen, offen und lernbereit bleiben.

Vielleicht kann ich damit sogar eine Basis für das neue Buch oben legen? Ich werde es sehen.

Silke Schemer hat da übrigens auch eine wunderbare Idee. Sie nennt es “Lesen.Denken.ArbeitVerändern!” Nächste Woche soll es losgehen. Ich bin schon sehr gespannt und freue mich, dass sie “Im Grunde Gut” von Rutger Bregmann als Auftakt ausgesucht hat. Tolles Buch!

Im Grunde gut - Eine neue Geschichte der Menschheit

Der Historiker und Journalist Rutger Bregman setzt sich in seinem neuen Buch mit dem Wesen des Menschen auseinander. Anders als in der westlichen Denktradition angenommen ist der Mensch seinen Thesen nach nicht böse, sondern im Gegenteil: von Grund auf gut. Von dieser Prämisse ausgehend, ist es möglich, die Welt und den Menschen in ihr komplett neu und grundoptimistisch zu denken. In seinem mitreißend geschriebenen, überzeugenden Buch präsentiert Bregman Ideen für die Verbesserung der Welt. Sie sind innovativ und mutig und stimmen vor allem hoffnungsfroh.

zur EnjoyWork LeseLust

2020-03-10 · Rutger Bregmann

Glückwunsch zum Geburtstag
Alexander von Humboldt

Am 14. September war der Geburtstag des deutschen Forschungsreisenden. Ich widmete ihm 2017 ein zitatinte und kramte dies anlassbezogen wieder aus:

zitatinte: Alexander von Humboldt -- Weltanschauung
[ 2017-09-08 Franziska Köppe | madiko ]

Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer,
die die Welt nie angeschaut haben.

Alexander von Humboldt

Wenn wir gerade schon den Blick über den eigenen Kesselrand wagen, so blickte ich sehnsüchtig nach Norden. Und nicht mal nur der tollen Fahrrad-Infrastruktur wegen:

Oh, wie schön ist Dänemark!

Auch Prof. Sandra Ciesek ist aus der Sommerpause zurück. In der letzten Folge des Corona Virus Update (NDR) Oh, wie schön ist Dänemark (98) ging es noch einmal um die traurig geringe Impfquote in Deutschland. Wir schauen wohl alle etwas neidisch ins nördliche Nachbarland. Dort sind mehr als 86% der älter als 12-jährigen einmal geimpft. Die Impfquote bei über 50-jährigen liegt sogar bei 96% (einmalige Impfung). 74,36% sind vollständig geimpft (Quelle Our World in Data).

Impfquoten Dänemark, Deutschland, Europa im Vergleich. Bild: cc Our World In Data

Impfquoten Dänemark, Deutschland, Europa im Vergleich
[ 2021-09-18 Our World In Data ]

Impfquoten Dänemark nach Altersgruppen. Bild: cc Our World In Data

Impfquoten Dänemark nach Altersgruppen
[ 2021-09-18 Our World In Data ]

Ist die
deutsche Start-up-Szene innovativ?

Heute Morgen zum Aufwachen den SPRIND-Podcast gehört: Thomas Ramge im Gespräch mit Christian Miele. Gibt es zu viel Kapital für schlechte Ideen und zu wenig Geld für gute? Hm, so recht weiß ich jetzt auch nach dem Podcast nicht, ob ich diese Frage bejahen oder verneinen würde. Mir wurde noch einmal bewusst, wie wenig über gesellschaftsverändernde Innovationen auch im Risiko- und Beteiligungskapitalmarkt nachgedacht wird. Und dass Risiko stets interpretiert wird als “wo kann ich mein Geld maximieren” und zu wenig: Wo können wir heute sinnvoll investieren, um die menschlichen Lebensbedingungen für die Zukunft zu sichern.

Eine Tatsache, die angesichts des gestern veröffentlichten Berichts der World Metereological Oranisation (WMO) “Climate change and impacts accelerate” schwer zu verstehen. Wir steuern nämlich aktuell auf 2,7° und mehr Erderwärmung zu. Das Thema Verlust der menschlichen Lebensgrundlagen ist ja nur eines der großen Themen, um die wir uns aktuell eigentlich kümmern sollten.

Ungeachtet dessen ist es ein sehr spannendes Gespräch. Vor allem gibt es einen guten Einblick in die Berliner Start-up-Szene, wie sie entstand und wer und was sie heute trägt.

Und sonst so?

In meiner Mittagspause am Donnerstag schlenderte ich ein wenig durchs Internet und fand diese Perle bei Christian. Großartig! Herzlichen Dank. Ich grinse gerade noch einmal von einem Ohr zum anderen.

Zuguterletzt

Neben den bereits erwähnten guten und den durchwachsenen Gesprächen hatte ich heute eine wunderbare Plauderei mit Martin Priebe. Eigentlich hatte ich ihm nur kurz Gesellschaft leisten wollen, bis seine Workshop-Teilnehmer eintrudeln. Da diese leider ausblieben, unterhielten wir uns ein wenig länger als geplant. Das war sehr schön.

Ich freue mich auf Morgen. Da werde ich als radelnde Reporterin unterwegs sein. Zunächst beim CargoBike Day. Mein Bericht aus dem letzten Jahr, hatte ich recht spät erst veröffentlicht. Das klappt hoffentlich dieses Mal besser. Am frühen Abend geselle ich mich zum Fancy Woman Bike Ride. Geplant ist eine gemütliche Runde durch die Innenstadt.

Nächste Woche habe ich täglich Termine. Das wird also eine anstrengende Woche der Nachhaltigkeit. Ich hoffe, dass ich besser schlafen können werde als in den vergangenen Tagen. Das war nicht optimal.

Soweit für heute.

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