Die Farben der Freiheit: Freier Wille

Rückblende Philosophisches Forum Esslingen, 2023-09

veröffentlicht: 30.09.2023 · Franziska Köppe | madiko

Der Philosoph Dr. Peter Vollbrecht im Portrait. Fotografisch wurde der Moment eingefangen, da er wohl von einem Buch aufschaut. Die Lesebrille noch auf der Nase blickt er fröhlich lächelnd in die Kamera. Er trägt ein graues Jacket und darunter ein blaues Hemd (ohne Krawatte).

Haben wir einen freien Willen? Denk-Angebote von Martin Luther (Mittelalter), Max Planck (Drittes Reich) und Hannah Arendt (Nachkriegszeit) laden uns ein, darüber nachzudenken. Es ist gleichwohl die Einladung, unser Menschen- und Weltbild zu hinterfragen. Was können wir uns von diesen Vordenkern anverwandeln? Was (wie) im Hier und Heute aufgreifen? Dr. Peter Vollbrecht setzte Impulse und öffnete den Raum, über unser Innerstes in den Austausch zu kommen. Es war der Auftakt zu einer drei-teiligen philosophischen Reise rund um all die zahlreichen Facetten, Dimensionen und Wertvorstellungen, die sich um Freiheit ranken.

Dr. Peter Vollbrecht, Philosophisches Forum Esslingen
[ 2022 Peter Vollbrecht | Philosophisches Forum Esslingen ]

2022 hatte ich gemeinsam mit Hannah Chodura und Dr. Peter Vollbrecht im Rahmen unseres Philosophischen Salons “Angst & Macht” die Teilnehmenden zum Draufrumdenken eingeladen. Das war im Rahmen der ArtSocial22. Seither stehen wir in losem Austausch.

Als mir Peter kürzlich die Einladung zum 25. Jubiläum seines Philosophischen Forums Esslingen sandte, sagte ich kurzentschlossen zu. Es war der Auftakt zu einer drei-teiligen Serie, die er mit “Die Farben der Freiheit” übertitelt. Am Mittwoch lag der Schwerpunkt auf der Freiwilligkeit des Willens. Dazu gleich mehr. Im Oktober beschäftigen wir uns mit “Freiheit in Gemeinschaft” und im Januar mit der Frage “Wie können wir uns selbst regieren?” Die Termine und nähere Infos findest Du bei ihm unter Aktuelles.

Philosophisches Forum
Esslingen am Neckar

25 Jahre mit je sechs Veranstaltungen pro Jahr – das sind 150 Philosophische Cafés mit unterschiedlichsten Themen. Wow. Peter ließ sich beim Konzept inspirieren von Marc Sautet, einem Autor, Dozent, Übersetzer (hauptsächlich Nietzsche) und Philosoph aus der Normandie. Grundprinzip ist die “sokratische Methode”, die eine allgemeine Beteiligung in einer respektvollen Atmosphäre des Gesprächs und verständlicher Sprache sicherstellt. Philosophische Cafés (Café Philo) sind offen für Menschen jedweden Alters, Bildung, Sozialisierung. Im Idealfall bilden sie den Bevölkerungsquerschnitt interessierter, mündiger Bürger ab. Von den 1992 sonntäglich im Café des Phares stattfindenden Diskussionsforen verbreitete sich das Format über ganz Europa und die Welt. Heute kann man in New York, Hamburg, Tokio – oder in Esslingen – Philosophische Cafés besuchen.

Peter Vollbrecht, ein Mann (70 Jahre) mit grau-mellierten Locken ins Gespräch vertieft. Er trägt verwaschene, schwarze Jeans und ein blaues Hemd. Seine Hände gestikulieren vor seinem Körper und sind Ausdruck eines intensiven Diskurses.. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

Dr. Peter Vollbrecht, Philosophisches Forum Esslingen 2023-09
[ 2023-09-20 Franziska Köppe | madiko ]

Während beim Café Philo das Gesprächsthema von den Teilnehmenden zu Beginn gefunden wird, lädt Peter zu seinen Cafés mit einem von ihm gesetzten, vorbereiteten Impuls ein. Zudem entsteht mittels seiner Art der Moderation – meiner Einschätzung nach diesem allerersten Eindruck vom Mittwoch – ein Dialog zwischen ihm und seinem Publikum. Es ist also weniger ein Austausch unter den Menschen als Gruppe. So, wie ich es zum Beispiel von den Philosophischen Salons Marga Biebelers kenne. Auch das ein Unterschied, den Peter bewusst wählt. Das tat dem Abend indes keinen Abbruch.

Was mich zurück zum Philosophischen Forum vom 20.09.2023 bringt. Haben wir einen freien Willen? Peter lud uns ein, diese Frage aus drei Denkrichtungen heraus zu betrachten. Sie stehen gleichsam für sehr unterschiedliche Welt- und Menschenbilder, die wir erkundeten. Wir konnten sie konfrontieren mit unseren eigenen Vorstellungen und Haltungen. Du ahnst das Ergebnis sicher schon: So vermeintlich einfach ist das mit dem freien Willen nicht. Ich bin keine Philosophin und auch keine Theologin. Gleichwohl scheitere ich gern und werde zumindest versuchen, das Gelernte für mich und Dich nach bestem Wissen und Gewissen zusammenzufassen. Wohlan!

Denk-Angebote zu Willensfreiheit

... aus drei Epochen

Peter teilte das Thema und damit den Abend in drei Blöcke. Er gab je den Auftakt und stellte sowohl den historischen Kontext und dann die (Hypo)These der von ihm gewählten Impulsgeber:innen vor. Anschließend ließ er uns jeweils über die Hypothesen diskutieren und kommentierte die Rede-Beiträge der Forums-Teilgebenden. Die Spannbreite reichte vom Mittelalter und Reformation über das Deutsche Reich und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis ins Heute. Erstaunlich, wie “aktuell” die Denkschulen sind. Sie alle lösen in uns Widerstände aus. Alle auf ihre Weise. Und so formen wir im philosophischen Diskurs unser eigenes Welt- und Menschenbild.

Der Wille ist nicht frei – Martin Luther

In seiner Schrift “De servo arbitrio” (Vom unfreien Willen) argumentiert der Augustiner-Mönch und Theologie-Professor Martin Luther (42), dass der Mensch selbst keinen freien Willen habe. Er sei vielmehr “in die Mitte gestellt wie ein Zugtier” zwischen Gott und Satan. Beide wiederum kämpften miteinander, “ihn (den Menschen) zu erlangen und zu besitzen. […] Der freie Wille ohne die Gnade Gottes (ist) wahrlich nicht frei, sondern unwandelbar ein Gefangener und Sklave des Bösen, dass er sich nicht von allein zum Guten hinwenden kann.”

Der eigene Wille ist nicht determinierbar, also frei – Max Planck

Zweihundert Jahre später fragt sich der 78-jährige Physiker Max Planck: “Können wir, wenigstens grundsätzlich, unsere eigenen gegenwärtigen Willensmotive so genau und vollständig durchschauen, dass wir imstande sind, die aus ihrer Wechselwirkung notwendig entspringenden Willensentscheidungen mit Sicherheit vorauszusehen?” In “Vom Wesen der Willensfreiheit” kommt er zum Schluss, dass wir “alle verschiedenen sich darbietenden Möglichkeiten ins Auge fassen, sie einzeln in Bezug auf ihre Vorteile und Nachteile prüfen und daraus die entsprechenden Willensmotive nach Richtung und Stärke abzuleiten suchen”.

Dem Verstand zur Seite gestellt sei dabei ein Beobachter, der den Willensbildungsprozess permanent kommentiert und damit – er ist nicht neutral – beeinflusst. So sind wir in der Lage, rückblickend Kausalitäten herzustellen. Wir werden jedoch scheitern, wollen wir die Zukunft vorhersagen. Denn letztlich ließe sich der Wille vom Verstand “wohl beeinflussen, aber niemals vollständig beherrschen”.

“Denn mag der sinnende Mensch die Motive einer von ihm vorzunehmenden Handlung noch so genau und vollständig gegeneinander abwägen, im entscheidenden Augenblick hindert ihn nichts, die Kette der Schlussfolgerungen doch noch zu durchbrechen und plötzlich gerade das Gegenteil von dem zu tun, was er vorher nach langen Überlegungen als richtig befunden hatte.”

Zauber des Neuanfangs – Hannah Arendt

Ein dritter Sprung in der Welt-Geschichte. Nun ist es die politische Theoretikerin und Publizistin Hannah Arendt (59), die sich dem Thema Willensfreiheit widmet. Ihrer Auffassung nach beruht der Wille auf “kreatürlichem Begehren und vernünftigem Denken”. Der Wille sei “ein dem Menschen eigenes Talent, das Alte zu überwinden, um mit dem Neuen beginnen zu können”.

“Sprechend und handelnd schalten wir uns in die Welt der Menschen ein. […] Aber wiewohl niemand sich diesem Minimum an Initiative ganz und gar entziehen kann, so wird sie doch nicht von irgendeiner Notwendigkeit erzwungen […]. Die Anwesenheit von Anderen, denen wir uns zugesellen wollen, mag in jedem Einzelfall als ein Stimulans wirken, aber die Initiative selbst ist davon nicht bedingt; der Antrieb scheint vielmehr in dem Anfang selbst zu liegen […]. In diesem ursprünglichsten und allgemeinsten Sinne ist Handeln und etwas Neues Anfangen dasselbe.”

Sie führt weiter in “Der Zauber des Neuanfangs” aus: “Es liegt in der Natur eines jeden Anfangs, dass er, von dem Gewesenen und Geschehenen her gesehen, schlechterdings unerwartet und unerrechenbar in die Welt bricht. Die Unvorhersehbarkeit des Ereignisses ist allen Anfängen und allen Ursprüngen inhärent. […] Die Tatsache, dass der Mensch zum Handeln im Sinne des Neuanfangens begabt ist, kann daher nur heißen, dass er sich aller Absehbarkeiten und Berechenbarkeit entzieht […].”

Im posthum 1989 veröffentlichten Werk “Denken, Wollen, Urteilen” führt sie ferner aus, dass Wille verbunden mit der Natalität (Gebürtlichkeit) nicht gleicher, sondern voneinander abweichend denkender Menschen, Freiheit ermöglicht. Gleichwohl berge er die Gefahr des rein spontanen, intuitiven Handelns.

Quellen: zitiert nach Jonas Pfister (Hg.): Texte zur Freiheit. Stuttgart 2014, Seite 61-65 (Luther), 140-147 (Planck) – aus dem Arbeitspapier von Dr. Peter Vollbrecht zum Philosophischen Forum.

Lass uns nach diesem Auftakt die einzelnen Thesen der Protagonist:innen nun noch einmal genauer unter die Lupe nehmen:

Der Wille ist nicht frei
– Martin Luther

1525 · Reformation und Mittelalter

Deutschland im Mittelalter. Unter den Gelehrten der katholischen Kirche findet ein leidenschaftlicher Wettstreit statt zur Frage, ob der geneigte Büßer sich mittels Ablassbrief von seinen Sünden freikaufen könne. Insbesondere geht es um den Missbrauch des Ablasses und geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen, bei dem die Angst der Bevölkerung vor dem Fegefeuer geschürt und so das kirchliche Säckel gefüllt wird.

Parallel verbünden sich Bauern, Städter und Bergleute, um sich aus ökonomischen und religiösen Gründen vom Joch ihrer (freiheitlichen) Unterdrückung und aus der Armut zu befreien. Ihr Engagement geht in die Geschichte ein als Deutscher Bauernkrieg, die “Revolution des gemeinen Mannes”. Die von ihnen formulierten “Zwölf Artikel” können als frühe Formulierung von Menschen-Rechten und Gemein-Gütern verstanden werden. Darin berufen sie sich auch auf die Reformation (kirchliche Erneuerungsbewegung im 16. Jahrhundert).

Erasmus von Rotterdam, Universalgelehrter und Renaissance-Humanist aus den Niederlanden, sah die Gunst der Stunde, die katholische Kirche zu reformieren. Mit ihm stand der Augustiner-Mönch und Theologie-Professor Martin Luther im regen Schriftwechsel. Unter anderem diskutieren sie die Freiheit des Willens. In seiner Schrift “De servo arbitrio” (Vom unfreien Willen) argumentiert Luther gegenüber Erasmus: Gott sei “von Natur aus gerecht und grundgütig”. Weiter leitet er ab, dass “Gottes Wille unveränderlich” und “seine Weisheit allwissend” sei. Was ihn “unwiderstehlich” zur Schlussfolgerung führt:

Alles, was wir tun, alles, was geschieht, wenn es uns auch veränderlich und zufällig zu geschehen scheint, geschieht dennoch tatsächlich zwangsnotwendig und unwandelbar. Denn der Wille Gottes ist wirksam. Er kann nicht gehindert werden, denn er ist Gottes natürliche Wirkungsmacht. […]

Unser Wille nämlich und unsere Hände greifen nur zu dem, was sich gleichsam durch Zufall anbietet, ohne dass wir vorher dran gedacht oder es gewollt hätten. […] So ist der menschliche Wille in die Mitte gestellt (zwischen Gott und Satan) wie ein Zugtier. Wenn Gott sich draufgesetzt hat, will er und geht, wohin Gott will. […] Wenn Satan sich draufgesetzt hat, will und geht er, wohin Satan will. Und es steht nicht in seiner freien Entscheidung, zu einem von beiden Reitern zu laufen oder ihn sich zu verschaffen zu suchen, sondern die Reiter selbst kämpfen miteinander, ihn zu erlangen und zu besitzen. […]

Du (Erasmus) veranschlagst die Kraft des freien Willens als sehr klein und so beschaffen, dass sie ohne die Gnade Gottes geradezu unwirksam ist. […] Der freie Wille ohne die Gnade Gottes (ist) wahrlich nicht frei, sondern unwandelbar ein Gefangener und Sklave des Bösen, dass er sich nicht von allein zum Guten hinwenden kann.

Martin Luther

Augustiner-Mönch und Theologie-Professor

zititert aus “De servo arbitrio” (Vom unfreien Willen)

Quellen: zitiert nach Jonas Pfister (Hg.): Texte zur Freiheit. Stuttgart 2014, Seite 61-65 – aus dem Arbeitspapier von Dr. Peter Vollbrecht zum Philosophischen Forum.

Der eigene Wille ist
nicht determinierbar, also frei
– Max Planck

1936 · Deutsches Reich

Zweihundert Jahre später – es ist die Zeit nach dem Ersten (1914 … 1918) und vor dem Zweiten Weltkrieg (1939 … 1945). Die National-Sozialisten hatten 1933 die Macht ergriffen und de facto die Weimarer Republik, die erste parlamentarische Demokratie in Deutschland, beendet. Als Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften stellt Max Planck 1933 sich und die Gesellschaft systematisch in den Dienst des Reiches hinsichtlich der rassen-hygienischen Forschung. Seine Parole an die Kollegen war “Durchhalten und Weiterarbeiten”, politische Stellungnahmen vermeiden – was allerdings ebenso zu Konsequenzen führen konnte (siehe beispielsweise die Folgen für Albert Einstein, ebenda).

Das alles ist nicht unerheblich, da er spätestens durch seinen Nobelpreis im Bereich Quanten-Physik (1918) zur obersten Autorität der deutschen Physik avanciert war. Sein Sohn Erwin Planck wird sich 1944 am Attentat auf Hitler beteiligen. Eine interessante Familien-Geschichte also, nachzulesen bei Steffen Schroeder “Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor”. Ich hatte in meinem Bericht aus der Werkstatt KW06 / 2023 schon einmal auf das Werk hingewiesen.

In dieser Zeit also fragt sich der 78-jährige Physiker:

Können wir, wenigstens grundsätzlich, unsere eigenen gegenwärtigen Willensmotive so genau und vollständig durchschauen, dass wir imstande sind, die aus ihrer Wechselwirkung notwendig entspringenden Willensentscheidungen mit Sicherheit vorauszusehen?

Max Karl Ernst Ludwig Planck

Physiker auf dem Gebiet der theoretischen Physik

Quelle: “Vom Wesen der Willensfreiheit” (Vortrag)

Aus Beobachtung an sich selbst und im Gespräch mit anderen gelangt er zur Erkenntnis, dass wir Menschen in Abwägungs- und Willensbildungsprozessen “alle verschiedenen sich darbietenden Möglichkeiten ins Auge fassen, sie einzeln in Bezug auf ihre Vorteile und Nachteile prüfen und daraus die entsprechenden Willensmotive nach Richtung und Stärke abzuleiten suchen.” Weiter schreibt er:

Bei diesem Verfahren üben wir die Tätigkeit eines Beobachters, welcher von außen die sich im Geiste des Überlegenden abspielenden Vorgänge durchschaut und das Entstehen der einzelnen einander bekämpfenden Willensmotive kontrolliert. Aber dieser Beobachter verhält sich nun durchaus nicht passiv. Vielmehr teilt er das Ergebnis jedes einzelnen Befundes sofort dem Beobachteten mit […].

Jede neu gewonnene Erkenntnis löst […] ein neues Willensmotiv aus, und die Erkenntnis dieses Motivs schafft abermals eine neue Situation, in endloser Folge, und da der Beobachtete, das wollende Ich, dem Beobachter, dem erkennenden Ich, keinen Gehorsam schuldig ist, so wird man niemals mit Sicherheit behaupten können, dass die schließliche Willensentscheidung im Sinne der zuletzt gewonnenen Erkenntnis ausfallen wird, vielmehr werden stets auch unterbewusste Willensmotive dabei mitwirken.

Die Selbsterkenntnis hat hier eine prinzipielle Grenze. Während also ein kausales Verständnis für die eigene Vergangenheit […] wenigstens grundsätzlich wohl möglich ist, bleibt eine vollkommene Einsicht in die eigenen gegenwärtigen Willensmotive und mit ihr ein kausales Verständnis für die eigene Zukunft für immer unerreichbar. […]

Die Willensfreiheit ist nicht unnahbar fern, sie ist in jedem von uns unmittelbar gegenwärtig und verbürgt durch das mit ihr aufs engste verknüpfte Bewusstsein der sittlichen Verantwortung, das uns bei allem unserem Tun und Lassen täglich und stündlich bedrängt. […] Wer alle seine Willensmotive nach Stärke und Richtung wirklich vollständig kennte, wäre der Mühe jeder weiteren Überlegung enthoben und würde die schließliche Entscheidung als notwendig empfinden. Aber so weit wird und kann es ja niemals kommen. Denn mag der sinnende Mensch die Motive einer von ihm vorzunehmenden Handlung noch so genau und vollständig gegeneinander abwägen, im entscheidenden Augenblick hindert ihn nichts, die Kette seiner Schlussfolgerungen doch noch zu durchbrechen und plötzlich gerade das Gegenteil von dem zu tun, was er vorher nach langen Überlegungen als richtig befunden hatte. […]

Die Freiheit des Willens beruht ebenso wenig auf einer Unvollkommenheit des Erkenntnisvermögens wie auf einer vollkommenen Einsicht in die eigenen Willensmotive. […] Der Wille eines Menschen geht seinem Verstand vor, oder, wie man auch sagen kann, dass sein Charakter mehr wiegt als sein Intellekt. Der Wille lässt sich vom Verstand wohl beeinflussen, aber niemals vollständig beherrschen. Wie tief auch die verstandesmäßige Einsicht in das Dunkel der eigenen Willensmotive eindringen mag, bei der Endentscheidung ist der Wille souverän und gibt den Ausschlag unabhängig vom Verstand. […] Der eigene Wille ist nur für vergangene Handlungen kausal verständlich, für zukünftige Handlungen ist er frei. Eine eigene zukünftige Willenshandlung lässt sich unmöglich, auch bei noch so hoch ausgebildeter Intelligenz, rein verstandesmäßig aus dem gegenwärtigen Zustand und den Einflüssen der Umwelt ableiten.

Max Karl Ernst Ludwig Planck

Physiker auf dem Gebiet der theoretischen Physik

Quelle: “Vom Wesen der Willensfreiheit” (Vortrag)

Interessant ist hier noch, dass Max Planck für seine abschließende Hypothese zur Freiheit oder Unfreiheit des Willens auf die Physik und das in der Wissenschaft anerkannte Bezugssystem der Betrachtungen zurückgreift. So kommt er zum Schluss (und ich kürze hier stark auf die aus meiner Sicht wesentlichen Punkte, was mir die:der geneigte Leser:in bitte nachsieht):

[…] finden wir zwei verschiedene Betrachtungsweisen, die von vornherein gleichberechtigt nebeneinanderstehen und zwischen denen wir uns nach freier Wahl entscheiden müssen, ehe wir eine bestimmte Aussage über die Willensfreiheit machen können.

Die objektive Betrachtungsweise, wie sie die Wissenschaft anwenden muss, entspricht dem Standpunkt des absolut passiv bleibenden Beobachters. Für ihn herrscht das Kausalgesetz in voller Allgemeinheit, der menschliche Wille ist, wie jegliches Geschehen, streng determiniert. […] Allerdings bedarf es für das kausale Verständnis genialer schöpferischer Leistungen einer Intelligenz von unbegreiflich hoher, von göttlicher Art […].

Der objektiv-wissenschaftliche Standpunkt, der Standpunkt der höchsten Intelligenz, ist nicht der einzig berechtigte […]. Ebenso berechtigt und unmittelbar gegeben ist der subjektiv-persönliche Standpunkt […]. Von ihm, das heißt von uns selbst aus gesehen, ist […] der eigene Wille undeterminierbar, also frei. […] Bei der Selbstbeobachtung handelt es sich ja nicht darum, dass wir frei sind, sondern darum, dass wir uns frei fühlen. Man mag diese Freiheit immerhin als eine Illusion bezeichnen. Dann ist aber überhaupt jedes Gefühl eine Illusion. Denn auch Gefühle lassen sich niemals objektiv-wissenschaftlich erfassen, sie können nur persönlich erlebt werden, und wenn sie erlebt werden, sind sie einfach unmittelbar gegeben und tun ihre Wirkung, einerlei wie von anderen über sie geurteilt wird.

Nach allem diesem erscheint der Streit um die Willensfreiheit im Grunde als ein Streit um die Betrachtungsweise. Ein eigentliches Problem, das einer bestimmten endgültig abschließenden Lösung fähig wäre, liegt nach meiner Meinung gar nicht vor, und daran wird sich auch wohl nichts ändern, so lange es wollende und denkende Menschen auf Erden gibt.

Max Karl Ernst Ludwig Planck

Physiker auf dem Gebiet der theoretischen Physik

Quelle: “Vom Wesen der Willensfreiheit” (Vortrag)

Quellen: zitiert nach Jonas Pfister (Hg.): Texte zur Freiheit. Stuttgart 2014, Seite 140-147 – aus dem Arbeitspapier von Dr. Peter Vollbrecht zum Philosophischen Forum.

Zauber des Neuanfangs
– Hannah Arendt

1965 · Nachkriegszeit, Wirtschaftswunder & Bürgerrechtsbewegungen

Ein dritter Sprung in der Welt-Geschichte: 1945 atmet die Welt auf, der Zweite Weltkrieg ist mit einem Sieg der Großmächte beendet. Mit Gründung der „Organisation der Vereinten Nationen“ (UNO) und dem Inkrafttreten der Charta der Vereinten Nationen im Oktober 1945 wird der Versuch unternommen, das informelle Kriegsbündnis der Anti-Hitler-Koalition in eine permanente Institution zur Wahrung des Weltfriedens zu transformieren.

Infolge des Zweiten Weltkriegs scheiden Deutschland, Italien und Japan aus dem Kreis der militärischen Großmächte aus. Die westeuropäischen Staaten Frankreich, Niederlande und Großbritannien wurden so weit geschwächt, dass sie in den auf das Kriegsende folgenden Jahrzehnten ihre Kolonialreiche aufgeben. Es beginnt die De-Kolonisation Afrikas. Die USA und die Sowjetunion treten als neue Weltmächte und aufgrund der atomaren Rüstung als sogenannte Supermächte auf.

Die 1960er sind die Zeit des Vietnam-Krieges, der Bürgerrechts- und Studenten-Bewegung(en) und der sexuellen Revolution. Die Sehnsucht nach Frieden, Ent-Nazifizierung, Gleichberechtigung und einem Ende des Kapitalismus bringen zahlreiche – vor allem junge – Menschen auf die Straßen. Kuba-Krise, der Bau der Berliner Mauer und der Prager Frühling – viel Unruhe bestimmt das Welt-Geschehen. Juri Gagarin ist der erste Mensch im Weltall (1961). The Beatles erobern mit ihrer Musik die Kontinente. Es ist die Epoche des Flower-Power’ und des Jazz’. Es ist auch die Zeit des Wirtschaftswunders, eines schnellen Wirtschaftswachstums insbesondere in West-Europa.

Interessante Zeiten also, in die Hannah Arendt geworfen ist. Auch sie, die politische Theoretikerin und Publizistin, widmet sich dem Thema Willensfreiheit. Ihrer Auffassung nach beruht der Wille auf “kreatürlichem Begehren und vernünftigem Denken”. Der Wille sei ein “dem Menschen eigenes Talent, das Alte zu überwinden, um mit dem Neuen beginnen zu können”.

Sprechend und handelnd schalten wir uns in die Welt der Menschen ein. […] Aber wiewohl niemand sich diesem Minimum an Initiative ganz und gar entziehen kann, so wird sie doch nicht von irgendeiner Notwendigkeit erzwungen […]. Die Anwesenheit von Anderen, denen wir uns zugesellen wollen, mag in jedem Einzelfall als ein Stimulans wirken, aber die Initiative selbst ist davon nicht bedingt; der Antrieb scheint vielmehr in dem Anfang selbst zu liegen […]. In diesem ursprünglichsten und allgemeinsten Sinne ist Handeln und etwas Neues Anfangen dasselbe. […]

Es liegt in der Natur eines jeden Anfangs, dass er, von dem Gewesenen und Geschehenen her gesehen, schlechterdings unerwartet und unerrechenbar in die Welt bricht. Die Unvorhersehbarkeit des Ereignisses ist allen Anfängen und allen Ursprüngen inhärent. […] Die Tatsache, dass der Mensch zum Handeln im Sinne des Neuanfangens begabt ist, kann daher nur heißen, dass er sich aller Absehbarkeiten und Berechenbarkeit entzieht […].

Hannah Arendt

Politische Theoretikerin und Publizistin

Quelle: zitiert aus dem Arbeitspapier von Dr. Peter Vollbrecht zum Philosophischen Forum.

Im posthum 1989 veröffentlichten Werk “Denken, Wollen, Urteilen” schreibt sie ferner, dass Wille verbunden mit der Natalität (Gebürtlichkeit) nicht gleicher, sondern voneinander abweichend denkender Menschen, Freiheit ermöglicht. Gleichwohl berge er die Gefahr des rein spontanen, intuitiven Handelns.

Quellen: zitiert aus dem Arbeitspapier von Dr. Peter Vollbrecht zum Philosophischen Forum.


Kniff für die Meisterin / den Meister

Gönn Dir eine kurze Pause vom Lesen.
Welches der Denk-Angebote ist stimmig mit Dir und Deinen Vorstellungen?
Wo gehst Du in Den Widerstand? Warum?
Wo ploppen Fragen auf?


Philosophische Suche
nach dem freien Willen

Im philosophischen Gespräch, das den einzelnen Denk-Angeboten zum Thema Willensfreiheit folgte, rief uns Peter in Erinnerung:

Wahrheit war und ist ein wichtiger Orientierungswert im Leben. Heute besteht Konsens darüber, dass kein Mensch beanspruchen kann, einen objektiven, unverrückbaren und für alle anderen Menschen verbindlichen Zugang zur Wahrheit zu haben. Wahrheit kann also nur in einem freiheitlichen Klima gesucht werden. Dabei ist sehr viel weniger vom Finden als vielmehr vom Suchen nach der Wahrheit die Rede.

Verlegt man sich vom Finden aufs Suchen, gesteht man zu, dass es mehrere Suchwege gibt. Im Primat des Suchens über das Finden weht also eine frische Brise Pluralität – und damit Freiheit – ein. Aber was ist Freiheit?

Es macht Sinn, hier vorab für Klarheit zu sorgen und zu definieren, was wir (in unserem Gespräch) unter Freiheit verstehen. Dabei haben wir die Warnung im Ohr: Es geht um das Suchen und nicht um das Finden. Auf den Freiheitsbegriff gemünzt hieße das, auch hier gehen wir fehl, wenn wir glauben, den wahren Begriff gefunden zu haben. Wenn wir uns auf Definitionen verlassen.

Sinnvoll erscheint mir, die Farben der Freiheit zu betrachten, ihre Aspekte und Wirkungsfelder. Im Rahmen dieser Veranstaltungsreihe betrachten wir die individuelle Freiheit. Sie gehört jedoch genauso auf die gesellschaftliche Bühne.

Dr. Peter Vollbrecht

Philosophisches Forum Esslingen

Quelle: 2023-09-20 (O-Ton)

Darüber hinaus ist mein Verständnis für Denk-Angebote davon geprägt, die Denkschulen in den geschichtlichen Kontext einzusortieren, sie jedoch nicht anhand unserer heutigen Vorstellungen, Welt- und Menschenbilder zu bewerten. Sie rückwirkend für gut oder schlecht zu befinden. Sie genauso wenig zu ent-schulden und zu beschönigen. Ich sehe es so, sie im Sinne von hilfreich und produktiv für aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu hinterfragen.

In gewissen Grenzen erscheint mir ferner sinnvoll, den Mensch vom Text zu trennen. So sollten wir beispielsweise Max Plancks Denk-Angebot nicht rundweg ablehnen, weil er sich 1933 aus unserer Sicht von heute, moralisch verwerflich verhalten hat. Das ist nicht immer leicht. Indes hilft dieser gedankliche Spagat, sich auf die Argumente der Autorin, des Autors einer philosophischen Abhandlung einzulassen und ihr:ihm mit der gebotenen Offenheit, konstruktiv-kritisch zu begegnen. Also unsere Voreingenommenheit in Schach zu halten, uns ihrer bewusst zu sein.

Und so mäanderte das Café Philo in alle Richtungen. Wir sprachen über die aktuelle Politik. Wir setzten gesellschaftliche Beobachtungen und Wahrnehmungen aus persönlichen Erlebnissen in den Zusammenhang mit Klima-Wandel und Anpassungsstrategien. Wir ergründeten Putin und den Krieg in der Ukraine. Wir waren dann beim moralischen Dilemma des Tötens oder Nicht-Tötens im Rahmen von kriegerischen Handlungen. Wir schauten auf Schuld und Sühne. Wir hinterfragten Gerechtigkeit. Wir kamen auf schwierige Themen wie Folter und Kindes-Entführung zu sprechen. Es war ein wilder Ritt durch alle nur erdenklichen Facetten des Willens und der Freiheit des Individuums.

Mir wurde im Rahmen des Gespräches klar, dass ich stets darauf bedacht bin, präzise zwischen dem Willen und dem Handeln – der Willensfreiheit und der Handlungsfreiheit, dem Wollen und dem in Aktion bringen – unterscheide. Der Wille entwirft sich in meiner Vorstellung aus dem inneren Wunsch, dem Gedanken, der Emotion, der (professionalisierten) Intuition, die ich im Verlaufe des Lebens entwickle. Die sich permanent verändert. Dahingehend ist mir das Denk-Angebot von Max Planck nah, der der Willensfreiheit den Beobachter an die Seite stellt. Oder auch dem, was Hannah Arendt über die Natalität (Geburtlichkeit) des Neuen formuliert, mit dem wir unserem Wunsch nach kreativem Gestalten nachgehen.

Als Atheistin fremdel ich stark mit der Annahme, unser Wille wäre prä-determiniert. Rein kognitiv kann ich mir vorstellen, dass es Menschen gibt, denen es tröstlich ist, sich in die Obhut Gottes zu begeben. Denen es Sicherheit und Geborgenheit ermöglicht, der göttlichen Allmacht und Allwissenheit zu vertrauen. Aus einer rein theoretischen Sicht ist dabei einerlei, an welchen der Götter (welch Blasphemie!!) die Person ihren Glauben hängt.

In mir indes weckt dieses Aufgeben der eigenen Willensfreiheit zutiefst Unruhe, wenn nicht gar Panik. Aus dem Sprachgebrauch meiner Großmutter kenne ich Ausdrücke wie: “Da sitzt ein Engel und ein Teufel auf deinen Schultern.” Sie fügte jedoch stets hinzu: “Achte darauf, wem du dein Ohr leihst.” Mir also vorzustellen, es läge nicht in meiner Hand, wer die Macht über mich errinnt, Gott oder Teufel. Und dass ich mich von göttlicher Gnade abhängig mache, ob ich mich dem Göttlichen zuwende (was ich interpretiere als “das Gute”) oder dem Teufel anheim falle (dem “Bösen”). Hm. Nein, damit werde ich wahrlich nicht warm.

Dabei ist mir deutlich bewusst, dass unser öffentliches Leben in Europa stark vom (christlichen) Glauben durchzogen ist. Ich wage mal die Behauptung, dass uns Atheisten das vermutlich offenkundiger ist als gläubigen Menschen. Mach Dir gern mal den Spaß, Geschäftsmodelle oder die Sprache der Unternehmen daraufhin zu prüfen. Dann verstehst Du, wovon ich rede. 😉

Lass mich zum Abschluss dieser Betrachtungen hinterfragen: Was machen wir nun mit dieser Suche nach der Wahrheit, mit der Suche nach der Willensfreiheit, insbesondere im beruflichen Kontext? So im Sinne einer praktischen Philosophie wiederum ein Denk-Angebot von mir an Dich, liebe:r Leser:in:

Freier Wille & Sinn-Kopplung

Aufbauend auf den Denk-Angeboten von Max Planck und Hannah Arendt (ich mogel auch noch Immanuel Kant und seinen kategorischen Imperativ und das sapere aude der Aufklärung mit rein) ist dies der Stand der Erkenntnis auf meiner Reise des Verstehens:

Freier Wille versus Freies Handeln

Sapere aude! Habe den Mut, Deinen eigenen Verstand zu nutzen. Wenn wir Willensfreiheit und Handlungsfreiheit in Einklang bringen wollen, gilt es, sich im Spiegel (der Gesellschaft) zu betrachten. Uns zu reiben an Wertvorstellungen, an Wünschen und Wollen. Uns unserer Gefühle und zuweilen auch unserer Befindlichkeiten bewusst zu werden.

Um meinen und deinen Willen zu erkunden, braucht es einen geschützten Raum. Es braucht das Reflektieren über unser Innerstes. Es braucht die Zeit (innere Ruhe), den Ort und die Aufgeschlossenheit, ins ergebnis-offene Gespräch gehen zu können. Zuhören, um zu verstehen (nicht, den anderen zu widerlegen beziehungsweise zu kontern). Idealerweise lassen wir uns – beide bzw. alle im Raum – ein auf den Planckschen Beobachter und steten Kommentator unseres Willens-Bildungs-Prozesses – wohlwissend, dass dieser Prozess ein Kontinuum darstellt, dass von sich aus kein Ende findet. Wir sind eingeladen, einen “Status” oder “Sachstand” im (Berufs)Alltag bewusst zu setzen. So geben wir dem freien Willen die Kraft und öffnen uns des Menschen eigenen Talents, “das Alte zu überwinden, um mit dem Neuen beginnen zu können”.

Zu theoretisch? Gut, dann konkretisiere ich das an zwei Fallbeispielen:

Mir begegnet dieser offene, geschützte Raum (oder sein Fehlen) zum Beispiel in jenen Momenten, wenn wir vor großen und kleinen unternehmerischen Entscheidungen in Gruppen stehen. Sich zuzugestehen, erst einmal zu schauen und zu ermitteln, was wir uns wünschen – ohne Restriktionen, frei nach dem Prinzip: Ressourcen spielen keine Rolle. Und erst dann, Stück für Stück die Rahmenbedingungen, die Begrenzungen, Einschränkungen die Bedürfnisse und Anforderungen anderer in die Betrachtungen einzubeziehen. In meiner Beobachtung entstehen so die viel besseren Strategien und Konzepte, als wenn ich mir dieses Raums der “unbeschränkten Möglichkeiten” im Denken (Willensbildung) von Anfang an nehme.

Gleichwohl erscheint mir wichtig, zu gegebener Zeit den Punkt zu setzen, von wo wir aus unserem Wünschen und Wollen ins Handeln überleiten. Wille und Handeln dabei nicht gleichsetzen. Hier geht es um einen klugen Umgang mit kognitiven Dissonanzen. Zu akzeptieren, dass wir es nicht allen (auch nicht uns) Recht machen können. Dessen ungeachtet Vernunft walten zu lassen und im Sinne des Gemeinwohls zu handeln, also die Freiheit(en) der Mitmenschen – einschließlich zukünftiger Generationen– in unser (Nicht-)Handeln einfließen zu lassen.

Und schließlich anzuerkennen, dass freier Wille sein Eigenleben hat. Dass wir lang und breit über etwas sinnieren, diskutieren und zu einem Entschluss gelangen – um dann verwundert festzustellen, dass wir (oder unsere Mitmenschen) doch ganz anders handeln als es unsere beziehungsweise ihre Überzeugungen nahelegen. Dieses Überraschungsmoment bei uns und dem Gegenüber annehmen, es respektieren. Gleichgesinnte mag das erinnern, dass wir uns vornehmen, klima-neutral oder zumindest klima-freundlich zu agieren und dann im Alltag an unserem freien Willen und seiner Unverfügbarkeit, Unberechenbarkeit und Unbeherrschbarkeit scheitern.

Was mich zum nächsten Punkt bringt:

Freier Wille im Einklang mit freiem Handeln

Aus meiner Sicht stärkt es freiheitliches Denken und Tätig-Sein, wenn wir im (beruflichen) Alltag uns und unseren Mitmenschen einen freien Willen, freies Urteilen und freies Handeln zugestehen. Es stärkt unseren und ihren Selbstwert, laden wir sie dazu ein und sie auch nicht aus dieser Verantwortung entlasten. Denn dann wird möglich, dass sie frei-willig(!) Sinn-Koppeln an die gemeinsame Sache.

Diese Sinn-Kopplung, Nicht-Kopplung beziehungsweise das Ent-Koppeln sollten wir situations-adäquat konfrontieren. Mit dem Widerstand arbeiten und ihn uns zunutze machen im kontinuierlichen Verbesserungsprozess der Zusammenarbeit und unserer alltäglichen Entscheidungen. Wohlwissend, dass dieser Prüf-Prozess beständig weiterläuft und wir im Austausch mit anderen an unseren Herausforderungen und an uns selbst wachsen.

Handskizze mit 3 Zeichnungen, die jeweils für die Urzustände von Sinnkopplung stehen: sinn-gekoppelt (zwei sich umarmende Brüder), nicht sinn-gekoppelt (2 Nerds, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen jedoch nebeneinander stehen) und sinn-aus-gekoppelt (Mann, dem ein Kinnhaken mit einem Boxhandschuh verpasst wird und entsprechend ärgerlich dreinschaut). Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Fazit & Ausblick

Hannah Arendt war davon überzeugt, das “Böse” sei ein Oberflächen-Phänomen, das selbst keine Tiefe hat. Die Gefahr, die vom “Bösen” ausgehe, ist vielmehr ein schleichender, sich streuend überhandnehmender Pilz. Sinngemäß sagt sie: Wenn wir Mitläufer werden. Wenn wir aufhören (eigenständig) zu denken. Dann breitet sich die Infektion des “Bösen” aus und zieht alles in sich hinein.

In diesem Sinne: Bleiben wir wach. Erlauben wir dem inneren Beobachter, zu uns zu sprechen. Hören wir auf unseren Verstand und nutzen unsere Vernunft für das Gute. Es schlummert in uns. Ob es von einem göttlichen Funke erweckt wird oder wir uns frei-willig dazu entschließen, nun das erkunden wir weiter.

Bleib neugierig,
Franziska (handschriftliche Signatur)

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Werde Teil der Kooperative WandelMut (Schwarmfinanziert & WertVerträge)