Aus der Werkstatt

Wochenrückblick KW45/2022

veröffentlicht: 11.11.2022 · Franziska Köppe | madiko

Zeichnung eines Bunsenbrenners mit Kolben an einem Stativ, Reagenzglas mit Setzling und ein Prisma als Symbole für eine wissenschaftliche Werkstatt / Wissensarbeiter:innen. Dazu der Titel Aus der Werkstatt 2022.

Die Themen der Woche: Buchprojekt auf der Zielgeraden. Fedinautin: Die Nachwirkungen auf meine Langstrecke zu Mastodon. Twitter: Die Würfel sind gefallen. Sinn und Nutzen von Social Media: neue Erkenntnisse (Informationsbedürfnis, Existenz-Angst, Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Verbundenheit). 2-Faktor-Authentifizierung mit FreeOTP+ (F-Droid). Memes, Bohnen & Klima-Aktivismus.

Aus der Werkstatt 2022
[ 2022-01-01 Franziska Köppe | madiko ]

Was für eine Woche! Ich fühle mich heute erschöpft und ernüchtert. So, als wäre ein mächtiger Sturm über mich hinweggefegt. Mein Haus steht noch. Es ist stabil und alle sind wohl auf. Und doch ist irgendwie alles anders.

Ich hätte nicht gedacht, dass ein Verkauf von Twitter einen lebensverändernden Einfluss auf mich als Person haben würde. Gleichwohl begrüße ich das. Ich sehe darin die Chance, Grundannahmen zu überdenken und kritisch zu prüfen. Das ist gut. Es eröffnet mir die Möglichkeit, Dinge zukünftig anders zu tun und sie meinem Leben sinnstiftender anzupassen. Es ist anstrengend und tut weh. Ich werde eine ganze Weile brauchen, die Konsequenzen zu verarbeiten und das Neue für mich zu erschließen. Dazu unten mehr.

Ruhepole und menschliche Wärme erfuhr ich durch Freunde – privat wie beruflich. Ich hatte wunderbare Gespräche. Ich spüre Aufbruchstimmung. Vielen Dank an die liebenswerten Menschen in meinem Umfeld. Mir schwirrt der Kopf und ich hoffe, mir gelingt mit diesem Werkstatt-Bericht, wieder Ordnung in meine Gedanken zu bringen.

Buch-Projekt

Wenn Du hier länger mitliest, weißt Du es schon: Gemeinsam mit Gebhard Borck arbeite ich an der Neuauflage seines Grundlagenbuchs für sinnvolles Wirtschaften: “Affenmärchen – Arbeit frei von Lack & Leder”. Es ist erstaunlich, wie aktuell sein Inhalt zehn Jahre nach Erstveröffentlichung ist.

Der komplett überarbeitete plus ergänzte Text kommt von Gebhard. Meine Rollen sind die der Lektorin, Illustratorin und Setzerin. Das Weiterentwickeln der Buch-Konzeption sowie Produktion und Veröffentlichung übernehmen wir gemeinschaftlich.

Unser ursprüngliches Ziel war, die neue Version direkt in Deutsch und Englisch herauszubringen. Daran arbeiten wir in Schüben schon seit einigen Jahren. Das Projekt kommt jedoch immer wieder ins Stocken. Diese Woche entschieden wir nun, die beiden Publikationen zu trennen und unabhängig voneinander zu veröffentlichen. Ich bin sehr froh darüber – auch wenn ich es begrüßt hätte, hätten wir das ambitionierte Ziel geschafft. Wir hatten uns festgefahren im Projekt und kamen nicht weiter. Jetzt löst sich die Bremse. Das fühlt sich gut an.

Version Englisch

Wir haben zwar eine rudimentäre Erst-Übersetzung. Doch erfüllt sie nicht unseren Anspruch an Qualität. Gleichwohl kommen wir beide im Lektorat an unsere Grenzen – sprachlich, vor allem jedoch zeitlich. Wir hoffen, eine:n Übersetzer:in oder besser Muttersprachler:in (bevorzugt aus UK und sich europäischer Philosophie zugehörig fühlend) zu finden, die uns im Korrektorat unterstützen würde.

Solltest Du Dich angesprochen fühlen oder jemanden wissen, die:der sich für Sinnvoll Wirtschaften als Alternative zur konventionellen Betriebswirtschaft interessiert – wir freuen uns über den Kontakt. Dankeschön.

Version Deutsch

Aktuell stehen wir in der letzten Korrektur-Phase. Ich werde so bald wie möglich die Rückmeldungen komplett durchgehen. Zumeist sind es Zustimmungen zu meinen Vorschlägen, die es nun umzusetzen gilt. Ein paar Kleinigkeiten noch an textlichen Änderungen und Ergänzungen.

Zudem fühlen wir beide uns nun nicht mehr wohl mit der männlichen Schreibweise und werden angemessen(er) Gendern. Am aufwändigsten werden vermutlich die Wünsche für die Illustrationen im neuen Kapitel. Da hat mir Gebhard das ein oder andere Nüsschen zum Knacken gegeben. Ferner deckten wir einen Fall von Social Impact Washing auf, den wir daher als Fallbeispiel ersetzen und etwas anderes finden wollen. Kopfzerbrechen macht mir zudem der Umschlag. Die Idee ist gut. Dem Titel-Design fehlt jedoch eine Prise Salz oder ein anderes Gewürz, um ihn abzurunden. Ich hoffe, ich komme bald darauf, was es genau ist.

Im Großen und Ganzen sind wir auf der Zielgeraden. Ich hoffe, Dir in einem der nächsten Werkstattberichte dann endlich den Titel verraten zu können. Noch muss ich ihn geheim halten. Ich bin so gespannt auf Deine bzw. Eure Reaktion(en). Er ist sehr provokant.

Internetseite fürs Buch

Sobald die Arbeiten an der Druck-Version des Buches abgeschlossen sind, sind Feinarbeiten an unserer Indie-Verlagsseite für Edition Sinnvoll Wirtschaften nachzuziehen. Ein paar Sätze “über uns”. Dann natürlich die Seite zum neuen Buch inklusive Bestell-Möglichkeiten. Die Angebote, mit uns zu den Themen des Buchs ins Gespräch zu kommen…

Insbesondere Letzteres ist mir momentan nicht klar. Da ändert sich ja gerade viel für mich. Ein bisschen Zeit bleibt, das weiterzudenken und auf den Weg zu bringen.

Wenn Du Ideen, Anregungen und Wünsche hast, würden wir uns freuen, von Dir zu hören. Es hilft mir, gemeinsam mit Gebhard etwas für Dich / Euch zu entwickeln. Uns geht es ja nicht um Selbstbeweihräucherung. Uns geht es um den interaktiven Dialog und das Umsetzen in gelebte Praxis.

Fedinautin

Anfang der Woche hatte ich meinen Sonderbericht aus der Werkstatt zu Mastodon veröffentlicht. Nicht nur, dass diese Reflexion selbst für meine Verhältnisse eine laaaange Langstrecke wurde, ich hatte wohl bei anderen etwas zum Schwingen gebracht. Eine der schönsten Rückmeldungen kam von Bernhard Lücke. Er schrieb mir:

Ich lese die Kapitel gerade nochmal. So wie man in der leeren Tüte Gummibärchen schaut, ob nicht doch noch eins übrig ist…

Bernhard Lücke

Die Resonanz hat mich umgehauen. Hugh Rundle schrieb in seiner Reflexion “Home invasion – Mastodon’s Eternal September begins”, dass fünf ReTroots im Fediverse als “viral” gelten. Ohne gezählt zu haben (was im Fediversum ohnehin keinen Sinn macht): Ich erhielt zeitweise so viele Favoriten und Boosts, dass ich die Benachrichtigungen mittlerweile abgeschaltet habe. Ich kann nur hoffen, dass ich sämtliche Fragen, Anregungen und Wünsche, die seither an mich herangetragen wurden, beantwortet und eingearbeitet habe. Dafür an dieser Stelle allen Leser:innen ein dickes Danke.

Nicht alle Fragen sind direkt zu beantworten. Manches muss sich erst zeigen und entwickeln. Mich auf den Veränderungsprozess einzulassen und ein angemessenes Tempo dafür zu finden, ist mir wichtig. Gern nehme ich Dich und Euch auf dieser Reise weiter mit.

Wie steht es um Twitter?

Zwei Wochen Chaos

Zum einen kristallisiert sich für mich klar heraus, dass meine Tage bei Twitter gezählt sind.

Nachdem mir bekannt wurde, welch Nazi Mark Zuckerberg ist und wie er Rechte mittels Meta und in Kooperation beispielsweise mit Cambridge Analytica unterstützt, war mir klar, dass ich bei Facebook und Instagram meine Zelte abbreche. Für diesen Prozess habe ich seinerzeit viel zu lange gebraucht. Nachzulesen hier: “HackingEthik: Facebook wirklich wirklich löschen”.

Mit welcher Kaltblütigkeit und vor allem menschlicher Rücksichtslosigkeit Elon Musk seit zwei Wochen bei Twitter agiert, erleichtert mir die Entscheidung für meinen Ausstieg. Zudem zeigt er immer unverhohlener, dass auch er rechtes Gedankengut kultiviert. Ein Mensch, der autonome Fahrzeuge und die damit verbundene Software programmieren lässt – also über die entsprechenden ethischen Implikationen der Prozesse entscheidet. Ah, darüber besser nicht weiter nachdenken.

Ich finde die Entwicklungen der letzten Wochen nicht überraschend. Das hatte ich ja im Kapitel 1 meiner Reflexion zur US-amerikanischen Kultur schon geschrieben. Nun ist Elon Musk nicht Twitter. Und Twitter nicht Elon Musk. Für mich ist es jedoch nur eine Frage der Zeit, bis das Unternehmen und die Technik kollabieren. Welches von beidem zuerst, wird sich ebenfalls zeigen.

Es wird noch interessant, wie die Community auf die Erschütterung reagiert. Und wann dies seine gesellschaftlichen Auswirkungen zeigt. Die ersten Wetten “Twitter : Salatkopf” laufen. (Und ich frage mich, ob wir diesen Scherz in ein-zwei Jahren verstehen?)

[ 1 ] Two Weeks of Chaos: Inside Elon Musk’s Takeover of Twitter (Kate Conger, Mike Isaac, Ryan Mac and Tiffany Hsu von der New York Times interviewten 36 Personen von bzw. im direkten Umfeld von Twitter für diesen Bericht.) Vielen Dank für den offenen Link an Ed Bott.

Geordneter Rückzug

Fazit für mich: Ich werde nicht mehr twittern. Ich leitete daher meinen Abschied von der Plattform ein. Die Archive forderte ich an. Insbesondere die von mir über zehn Jahre mühevoll und mit viel Herzblut kuratierten Themen-Listen mit ihren Impulsgeber:innen hoffe ich, rekonstruieren zu können. Die Abwanderungswelle ist zumindest in meinen Filterblasen enorm.

Ich gehe aktuell in mühsamer Handarbeit vor: Über das Tweetdeck richte ich mir von all meinen Listen jeweils eine Spalte ein. Dort gehe ich auf “Einstellungen” und wähle “Editieren”. Dort wiederum habe ich dann die Möglichkeit, die Twitter-Accounts zu kopieren. Diese übertrage ich erst einmal in eine stupide LibreOffice-Calc-Liste und ergänze den Namen der Liste und von welchem meiner Twitter-Accounts die Liste generiert ist. Über Debirdify kann ich dann nach und nach die Listen abklappern und so meine Migration zu Mastodon weiter voranbringen. Ein aufwändiger Prozess. Nun, was soll’s.

Was fällt mir dabei auf?

Bereits heute zeigen sich bei mir erste Risse im Fundament und Gebäude meiner langjährigen Social Media-Arbeit. Damit hatte ich nicht gerechnet. Noch vor einer Woche hing ich an dem, was ich mir via Twitter über eine Dekade aufgebaut habe. An dem, in das ich so viel Zeit und Herzblut gesteckt hatte.

Mit dem gewonnenen Abstand von nur sieben Tagen realisiere ich, dass für mich der Wert drastisch gesunken ist. Ich möchte nicht weiteren Aufwand und Geld (zum Beispiel für den benötigten Speicher für Archive samt Nutzbar-Machens) investieren. Im Grunde möchte ich nur noch loslassen. Keine Mühe mehr reinstecken. Am ehesten kann ich mir vorstellen, meine Daten einer:einem Computer-Historiker:in zur Verfügung zu stellen. Doch sind wir ehrlich: Wie wichtig ist dafür mein Beitrag auf einem Micro-Blogging-Dienst?

Daher werde ich mich vorerst auf den Export meiner Listen fokussieren. Diese sind unwiederbringlich. In ihnen steckt das größte Know-how. An den schwindenden Accounts sehe ich, dass hier Eile geboten ist. Viele verlassen Twitter und reißen sämtliche Brücken hinter sich ab. Ich kann das gut verstehen. Das ist Teil des schmerzhaften Prozesses, den es zu verarbeiten gilt. Auch da heißt es loslassen.

Zumal ich es gut verstehen kann. Mir geht es ja nicht anders.

Sinn und Nutzen von Social Media

Fragen, die mich weiterhin stark umtreiben, kreisen um Sinn und Nutzen von sozialen Medien. Im Austausch mit (Geschäfts)Freunden entschlüssle ich meine Grundannahmen und (widerstreitenden) Bedürfnisse. Es öffnet sich gleichwohl ein Spielfeld, die Dinge anders angehen zu können. Und – besonders schön – Verhaltensmuster loslassen zu können. Aus der Vielfalt an Diskussionssträngen greife ich für heute drei Aspekte heraus, die eine grundlegende, ja lebensverändernde Wirkung auf mich haben:

  • Das Bedürfnis, gut informiert zu sein.
  • Existenz-Angst.
  • Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Verbundenheit.

Bevor ich darauf eingehe, ein paar Worte zu mir als Person und was prägt, wer ich bin.

Meine Sozialisierung

Ich wuchs auf in einer Familie, in der es wichtig war, nicht “hinter dem Mond” zu leben. Dazu gehörte, eine fundierte Allgemeinbildung zu erarbeiten – also im humanistisch-musischen Sinne gebildet zu sein. Dazu zählte, in aktuellen gesellschafts-politischen Themen halbwegs auf neuestem Stand zu sein. Ferner wurde geschätzt, ein gutes persönliches Netzwerk zu pflegen. Darauf zahlte ein, ein exzellentes Namensgedächtnis zu haben und zu den Namen den Kontext der Personen, ihre Interessensschwerpunkte und Talente zu kennen.

Gleichwohl lag für mich – und hier zeigen sich erste Unterschiede zu meiner biologischen Familie – stets der Schlüssel darin, mit diesem Wissensschatz und den Fähigkeiten nicht hausieren zu gehen. Es ist eher die Kompetenz, situationsadäquat Sachkenntnise zu kombinieren und Anwendungsbereiche zu verknüpfen. Auf Nachfrage und Wunsch, antworten zu können. Anderen offen, vertrauensvoll und hilfsbereit gegenüberzutreten. Und ein bisschen auch Selbstschutz: nicht dumm und naiv dazustehen. Wissen, statt glauben zu müssen. Sapere aude war bei mir früh angelegt. Selbst Beiträge in eine gepflegte Konversation einzubringen. Eine Person zu sein, der man gern zuhört, der man vertraut.

Zwei Menschen aus meinem engsten Familienkreis haben mich in dieser Sozialisierung besonders geprägt: Ein negatives Exempel und ein inspirierender Lehrmeister.

Abschreckendes Beispiel

Der eine, weil er polternd, überheblich und dominant auftrat. Weil er Redewendungen und Fachbegriffe dermaßen häufig falsch anwendete, dass seine (natürliche) Autorität von Mal zu Mal sank. Der endlose Monologe hielt, deren Informationsgehalt umgedreht proportional zur Länge waren.

Weil er andere nicht ausreden ließ und ihre Sätze vollendete (und ich wahrnahm, dass das nicht das war, was sie sagen wollten). Weil er alles besser wusste – insbesondere dann, wenn er keine Ahnung hatte. Der keine Fehler eingestehen konnte. Weil alles nach seinem Gutdünken vonstatten gehen musste.

Der gewalttätig (körperlich und kommunikativ) war, wenn er unsicher wurde. Weil er andere manipulierte durch Falsch- / Fehlinformationen, Lügen und dem Vorenthalten von Informationen. Weil er speziell an Letzterem seine Freude hatte. Weil er alles ad hoc und aus einer Laune heraus entschied – ausschließlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht, ohne moralisch-ethischen Kompass oder Sinn für Gemeinwohl.

Inspirierendes Vorbild

Und dann der andere – mein Großvater – weil er die Kunst der Philosophie und Diplomatie meisterlich beherrschte. Ein Mensch, der stets freundlich, zugewandt und hilfsbereit auftrat. Der klar wusste, was er wollte und auf charmante Weise seine Mitmenschen in seinen Bann zog.

Rudibatschi war ein wandelndes Lexikon. Ich konnte ihm Löcher in den Bauch fragen zu Naturwissenschaften – Mathematik, Biologie, Chemie, Physik, Klima, Geographie usw. – wie Musik, Kunst, Kultur als auch Geschichte, Soziologie, Ökonomie. Wenn er etwas nicht im Kopf parat hatte oder sich unsicher war, wusste er, wo man es nachschlagen und bei wem in Erfahrung bringen konnte. Einer seiner Lieblingssprüche war: “Das weiß ich nicht. Komm, lass uns nachschauen.” Dann ging er zum Bücherregal und holte eines der Werke raus. Und so schmökerten wir auf dem Fußboden im Schneidersitz, den Rücken ans Regal gelehnt in so manchem Lexikon, Atlas, Fachbuch oder Roman.

Ich bastelte mit ihm aus drei alten, kaputten Plattenspielern einen neuen. Wir schraubten zusammen am Fahrrad oder Trabbi. Wir spielten Schach. Wir unternahmen lange Streifzüge durch die Natur. Am meisten aber beeindruckten mich seine sozialen Kompetenzen. Wie es ihm gelang, Menschen in ihren Entscheidungen zu begleiten – ohne ihnen die Verantwortung für ihr eigenes Denken und Handeln abzunehmen. Er unterstützte mich und andere, uns die richtigen Fragen zu erarbeiten, sie anschließend selbst zu beantworten und eigenverantwortlich umzusetzen.

Dabei begegnete er seinen Mitmenschen stets wertschätzend und liebevoll – vom Ministerial-Direktor, Wissenschaftler, Künstler bis hin zum Arbeiter oder Handwerker (ja, es waren mehr Männer als Frauen). Wenn sie zusammensaßen, rauchten die Köpfe und es wurde viel gelacht. Von klein auf saß ich ganz selbstverständlich mit dabei. Erst heute wird mir bewusst, wie außergewöhnlich das war und wie viel ich allein dadurch lernte.

Zum Scheitern verurteilt?

Was hat das alles mit Social Media zu tun? Nun, über die letzten Tage ist mir klar geworden, dass mein Verhalten in und mit Social Media stark von dieser Sozialisierung geprägt ist. Mir wird erst mit dieser Reflexion bewusst, wo meine Denkfehler im Umgang mit diesen Kommunikationsmedien sind. Wo ich in meinem Bestreben – so wie ich Twitter, LinkedIn, Mastodon usw. bisher nutz(t)e – scheitern muss.

Das Bedürfnis, gut informiert zu sein

Es ist mittlerweile mehr als 20 Jahre her, dass ich meinen Fernseher abschaffte. Es war bei einem meiner vielen Umzüge, dass ich den Apparat nicht in die neue Wohnung wuchtete. Etwa zur selben Zeit stellte ich auch das Lesen der Tageszeitung ein. Stattdessen hatte ich überall und ständig die Nase in einem Buch. Während meiner Examenszeit studierte ich so viel Fachliteratur, dass ich kaum Romane las. Das holte ich damals alles nach.

Zu dieser Zeit war ich Managerin in mittelständischen Unternehmen. Aktuelle Nachrichten bekam ich über Kolleg:innen mit – zumeist mehr als mir lieb war. Als ich mich 2009 selbständig machte, fiel diese Quelle für aktuelle gesellschaftspolitische Themen weg. Ich atmete auf, denn damit war viel Negatives verbunden, das mir Energie entzog. Großereignisse, fundamentale gesetzliche Neuerungen oder wichtige demokratische Entscheidungen (z. B. Wahlen) bekam ich dennoch mit. Ich informierte mich spezifisch und nach Interesse.

2012 entdeckte ich dann, dass ich über Twitter gezielt einzelne journalistische Ressorts abonnieren kann – zum Beispiel die investigativen Sparten oder die Umwelt-Fachbereiche. Kurz darauf sah ich, dass es sogar noch besser ging: Ich konnte den Journalist:innen, Unternehmer:innen und Wissenschaftler:innen direkt folgen, saß also näher an den Quellen und profitierte davon, früh Informationen und Hintergrundberichte verfügbar zu haben. Ich entdeckte Sparten-Blogger:innen, wie beispielsweise die Mobilitäts- und die Energie-Wende-Blogger:innen. Twitter fungierte als Feed-Reader, der es mir zudem sehr einfach machte, Beiträge zu kuratieren und mit meiner Community zu teilen. Ich unterstützte meine Community in der Sichtbarkeit oder auch in so manchem Hilferuf (FollowerPower). Es war eine Fundgrube für mich Generalistin und Kuratorin von EnjoyWork.

Mit der Zeit wurde es jedoch immer schwerer, auf dem neuesten Stand zu bleiben. Die Perlen unter den Beiträgen wurden rar. Es wurde zunehmend mühsamer, sie zu entdecken. Das Rauschen und vor allem die Stimmung via Twitter kippte. Immer öfter wurden wir genötigt, Meinungen und Haltungen einzunehmen. Es gab Tage, da bestand meine Timeline aus einer Petition nach der anderen. Wir waren fast ausschließlich mit Werbung konfrontiert – für irgendwelche Produkte, Dienste, Veranstaltungen. Überall schallte es uns das “Kauf mich! Buche mich!” entgegen. Aus einem Medium für konstruktiven Wissens- und Erfahrungsaustausch war ein Käseblatt geworden. Aus einem Platz für Wertschätzung und Anerkennung, bei dem wir stets für den ein oder anderen Spaß untereinander zu haben waren, war schleichend eine Echokammer für Trolle, Schreihälse und von Social Media “Experten” fehlgeleitete Marketing-Fuzzis geworden.

Wir haben die Chance, das im Fediverse via Mastodon anders zu gestalten. Uns zurückzubesinnen. Ich hoffe, die Strukturen und die Kultur sind stark genug, das in den Menschen zu bewirken. (Wir können nur Rahmenbedingungen ändern, nicht Menschen.) Mal sehen.

Mit der Reflexion zu meiner Sozialisierung ist mir noch etwas anderes bewusst geworden: Es ist unmöglich, bei allen Themen und bei allen interessanten Impulsgeber:innen meiner Themen auf dem neuesten Stand zu bleiben. Es ist ok, etwas nicht zu wissen. Es ist die Kunst, zu wissen, wo etwas steht und an wen ich mich wenden kann, wenn ich etwas wissen möchte. Die Menschen im Fediverse habe ich als hilfsbereit und offen im Wissens- und Erfahrungsaustausch erlebt. Darauf lernen zu vertrauen, dass ich bei Bedarf stets fragen kann und eine Antwort erhalte. Ich also loslassen kann, alles selbst im Kopf haben zu müssen.

Davon ganz abgesehen bin ich in einer Lebensphase, wo ich viel Wissen ansammelte. Es ist Zeit, es zu verarbeiten – zu remixen mit meinen eigenen Erkenntnissen und Praxiserfahrungen. Ich brauche momentan keine Impulse von außen. Gleichwohl verstehe ich jetzt besser, warum es mir in den letzten Jahren so schwer gefallen ist, mich Social Media zu entziehen. Warum sie mich immer wieder reinzogen, obwohl sie mich doch abstießen.

Existenz-Angst

Ein starker Auslöser für das Hineingezogen-Werden, ist meine Existenz-Angst. Sie äußert sich in der Sorge, via Social Media nicht ausreichend vernetzt zu sein. Mir ist diese Furcht schon lange bewusst. In den letzten Tagen war sie besonders stark und ich fragte mich warum.

Ich bin Socialpreneurin. Ich strebe danach, Herausforderungen rund um planetare Grenzen und das soziale Fundament unserer Gesellschaft zu lösen. Dabei ist mir wichtig, meinen Lebensunterhalt mit den Lösungen und Dienstleistungen bestreiten zu können, die ich Interessierten anbiete. Dahinter steht die Überzeugung: Nur wenn ich wirtschaftlich unabhängig bin, kann ich inhaltlich und in den Schwerpunkten, derer ich mich annehme, souverän sein. Mich immer wieder aufs Neue auf den Social Impact und die Bedürfnisse der Menschen aus kleinen und mittelständischen Firmen, aus Wissenschaft, Kunst und Kultur zu fokussieren ist essentielle Basis meiner Geschäftsmodelle.

Ich setze auf Schwarmfinanzierung, die auf Sinnkopplung fußt. Dir ist vielleicht schon der steady-Button unten rechts aufgefallen. Im Crowdfinancing gibt es grob drei Gruppen:

  • Die einen, die mich unterstützen, weil sie wichtig finden, dass es Bewegungen und Kooperativen wie EnjoyWork gibt. Die mir als Person finanziell unter die Arme greifen, damit ich mich voll auf diese Arbeit fokussieren kann.
  • Dann gibt es diejenigen, die meine Dienste, meine Wissenschaftskommunikation und das offene Wissen, das ich teile, in Anspruch nehmen – und die Leistungen in einem Mini-Beitrag honorieren.
  • Auf einer erweiterten Ebene meines Geschäftsmodells stehen die Geschäftspartner:innen, mit denen ich konkrete Vorhaben – wenn Du so willst Unternehmen ;-) – realisiere. Hier nutzen wir das Denkwerkzeug WertVerträge, bei dem wir anhand von marktgesteuerten Wert-Beiträgen Aufwände und Erträge untereinander aufteilen.

In meiner Überzeugung macht einen Großteil des Erfolgs von uns Socialpreneur:innen aus, dass wir via Social Media gut vernetzt sind. Unser Erfolg fußt auf Vertrauen. Vertrauen, das uns geschenkt wird. Es lässt sich nicht kaufen. (Es lässt sich nur sehr schnell verspielen.) Wir leben von Mundpropaganda, von Kooperation(en) und Kollaboration. Von gemeinschaftlichen Zielen und einer optimistischen Einstellung der Zukünfte gegenüber. Wir leben davon, gesehen und als wertvoll für die Gesellschaft erachtet zu werden.

In meinem Fall kommt noch hinzu, dass ich gern Gastgeberin bin. Ich möchte es Menschen dieser genannten Gruppen vereinfachen, sich zu vernetzten. Ich tue das nicht uneigennützig. Ich mache es, weil ich glaube, dass der gesellschaftliche “Hebel” für die Transformation höher ist, wenn wir uns gegenseitig inspirieren, miteinander in den Wissens- und Erfahrungsaustausch kommen und zusammen anpacken in der Umsetzung.

Wir Sozialunternehmer:innen brauchen gleichwohl eine starke Gefolgschaft. Nicht jede:r unserer Follower ist bereit und hat das Geld, uns finanziell zu unterstützen. Um wirtschaftlich tragfähig zu sein, ist eine kritische Masse nötig. Im Rahmen vom steady-Growth-Day 2021 teilten wir unser Wissen und unsere Erfahrungen zu Schwarmfinanzierung und digitalen Geschäftsmodellen. In meiner Rückblende findest Du meine Zusammenfassung:

Sinnvoll Wirtschaften mit Schwarmfinanzierung

Wie kann ich unabhängig bleiben, Geld verdienen und nachhaltig wachsen? Diese Fragen stellen sich heute viele Menschen, die neue Wege der Schwarmfinanzierung frei von Werbe-Partnerschaften für sich etablieren wollen. Steady aus Berlin bietet eine einfach zu implementierende Lösung für Medienmacher, Kreative, Freiberufliche. Anders als bei Crowdfunding, das jeweils ein in sich abgeschlossenes Projekt voraussetzt, kann eine wirtschaftliche Stabilität erarbeitet werden. Beim “Steady Growth Day” tauschte sich die Community über digitale Geschäftsmodelle, geeignete Strategien zur Umsetzung und Kommunikation mit der eigenen Community aus. Es war ein Feuerwerk an interessanten Impulsen und ein wertschätzender, interaktiver Wissens- & Erfahrungsaustausch untereinader. Hier meine Rückblende zu einem inspirierenden Tag.

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2021-12-13 · Franziska Köppe | madiko

Also versuchte ich in der Vergangenheit, möglichst auf allen Social Media-Plattformen präsent zu sein. Ich richtete Foren ein und moderierte sie. Ich abonnierte viele Accounts, die ich als gleichgesinnt, als inspirierende Impulsgeber:innen und Verbündete in Sachen Sinnvoll Wirtschaften und Nachhaltigkeit betrachtete. Ich kuratierte offen zugängliche Listen, um anderen den Zugang zu diesem tollen Netzwerk zu erleichtern.

Für mich und zur eigenen Inspiration abonnierte ich zudem meine Vorbilder. Andere Social Innovateur:innen, von denen ich lernen konnte. Ich beobachtete ihren Umgang mit den Communitys. Ich beteiligte mich an ihren Realexperimenten. Auf diese Weise lernte ich wunderbare Menschen kennen und wir fingen an, uns gegenseitig zu unterstützen.

In der Auseinandersetzung mit Hartmut Rosas Buch “Unverfügbarkeit” wurde mir bewusst, dass ich die von mir so sehnlichst gewünschte Reichweite nur durch Resonanz-Beziehungen und Angebote zur Sinnkopplung erreichen kann. So sehr wir uns bemühen – je mehr wir uns mühen – desto eher weicht die Welt vor uns zurück.

Unablässig versucht der moderne Mensch, die Welt in Reichweite zu bringen: Dabei droht sie uns jedoch stumm und fremd zu werden: Lebendigkeit entsteht nur aus der Akzeptanz des Unverfügbaren.

Hartmut Rosa

Ich habe auf die Fragen nach der Balance zwischen meinem Wunsch nach Reichweite und einem stabilen Netzwerk, das mich wirtschaftlich zukunftsrobust und antifragil tragen kann, meiner Existenzanst, das nicht zu schaffen, und der überbordenen Überforderung, dem gerecht zu werden (noch) keine Antwort. Mir war zunächst wichtig, mir das erneut zu vergegenwärtigen. Es mir vor Augen und in Erinnerung zu rufen. Nicht blind und voller Aktionismus loszulaufen. Innehalten.

Unverfügbarkeit

Es scheint einfach geworden zu sein, eigene Wünsche wirklich werden zu lassen – mit Kapital, der geeigneten Technik oder hinreichendem Wollen. Wir sind es gewohnt, dass verfügbar ist, wonach wir uns sehnen. Dass kein Wunsch unerfüllt bleibt, daran wird akribisch gearbeitet. Uns wird suggeriert: Wenn Du Dich nur ausreichend bemühst, kannst Du alles haben und alles sein. Also sind die Menschen fixiert darauf, abzuarbeiten und effizient zu erledigen, was getan werden muss. Nichts wird dem Zufall überlassen. Die Annahme jedoch, dass wir Resonanz und Lebendigkeit erfahren, bekämen wir die Welt nur endlich in den „Griff“, erweist sich als Trugschluss.

zur EnjoyWork LeseLust

2018-12-12 · Hartmut Rosa

Resonanz

Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung. Dies ist – auf die kürzestmögliche Formel gebracht – die Kernthese des neuen Buches von Hartmut Rosa, das als Gründungsdokument einer “Soziologie des guten Lebens” gelesen werden kann. An seinem Anfang steht die Behauptung, dass sich die Qualität eines menschlichen Lebens nicht in der Währung von Ressourcen, Optionen und Glücksmomenten angeben lässt. Stattdessen müssen wir unseren Blick auf die Beziehung zur Welt richten, die dieses Leben prägt und die dann, wenn sie intakt ist, Ausdruck stabiler Resonanz-Verhältnisse ist.

zur EnjoyWork LeseLust

2018-03-12 · Hartmut Rosa

Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Verbundenheit

Social Media fungieren für mich als Tummelplatz, als Eck-Kneipe und Coworking-Space. Ich bin da, begegne anderen. Bestenfalls den Gleichgesinnten, die mit mir aus den verschiedensten Perspektiven auf das schauen, was uns umtreibt. Ich erfahre vom Neuesten. Ich sehe und höre, was sie bewegt. Ich bekomme direkt – zeitnah und ungefiltert – mit, welche Erkenntnisse sie mit der Gemeinschaft teilen (fachlich wie persönlich). Das ist diese Integration von Leben und Arbeiten, von der immer alle reden. ;-)

Gleichwohl sind Social Media kurze Appetit-Häppchen und Aufmerksamkeiten. Richtig spannend wird es für mich erst, folge ich den Hinweisschildern meiner Communitys zu ihrem eigenen Web-Refugium. Wenn ich auf ihren Blogs und Internet-Präsenzen mit ihnen tief eintauche in das jeweilige Thema.

Meine Vielseitigkeit an Interessen und mein buntes Netzwerk sind eine große Herausforderung. Ich begreife, warum mich eine Timeline hineinziehen kann: Es ist der Wunsch, ihnen nah zu sein und zu wissen, was sie bewegt. Es ist der Wunsch, ihnen zuzuhören, um sie zu verstehen. Es ist das Bedürfnis, für sie dazusein und Fragen zu beantworten.

Genau hier zeigt sich mein Problem: Das ist nicht schaffbar! Kein Wunder, dass ich heillos überfordert bin. Und wo meine Zeit verloren geht. Die sich permanent erweiternde Startseite, das Internet und die (Online)Bibliotheken werde ich niemals zu Ende lesen können. Von diesem Anspruch an mich selbst muss ich mich lösen – will ich zufriedener und glücklicher mit Social Media werden.

Vom Kopf her ist mir das schon lange klar. In den letzten Tagen wurde mir die emotionale Bindung bewusst. Im Grunde geht es für mich darum, mich von meinem Vorbild Rudibatschi zu lösen. Seine Art und sein Vorgehen im Umgang mit Mitmenschen lässt sich mit Social Media nicht reproduzieren. Mir war nicht einmal bewusst, das ich das versuchte.

Was gäbe ich darum, mit ihm jetzt darüber reden zu können! Das wäre eine der Fragen gewesen, denen wir uns im sokratischen Dialog meiner Lösung angenähert hätten.

Wie könnte es mir also gelingen? Das werde ich wohl ausprobieren müssen. Noch vor ein paar Jahren verabredete ich mich jede Woche zu zwei persönlichen Gesprächen. Eins mit einer Geschäftspartnerin oder einem Geschäftspartner. Eines mit einer Freundin oder einem Freund. Dazu kamen die Kennenlern-Gespräche, wo Menschen auf mich zukamen und über das Gesprächsangebot meiner Website mit mir Kontakt aufnahmen.

Bewusst waren es nur zwei-drei geplante Verabredungen pro Woche. Mir ist wichtig, meinem Gegenüber gut zuhören können. Das Ganze sollte nicht in Termin-Stress ausarten. Ich möchte mich auf die Gesprächspartner:innen einlassen. Über die Pandemie-Jahre ist das leider eingeschlafen. Vielleicht auch, weil ich zu häufig in Social Media unterwegs war? Ich versuchte so vielen Menschen gleichzeitig zuzuhören, dass ich froh war, wenn ich meine Tür vor der Welt verschließen und mich zurückziehen konnte.

Vielleicht ist es an der Zeit, diese alte Tradition wiederzubeleben. Und dafür in Social Media einen Schritt zurückzutreten. Das hier aufzuschreiben, fühlt sich an wie kurz vorm Sprung ins kalte Wasser. Es ist diese Mischung aus Muffensausen und Entschlusskraft.

Zusammengenommen mit all dem, was ich oben schreibe, glaube ich jedoch daran, dass ich auf einem guten Weg bin. Mir eröffnet sich die Chance, in meinen konkreten Projekten besser vorwärts zu kommen. Das ist etwas, das mich motivieren kann und die Wahrscheinlichkeit für “Rückfälle” in alte Verhaltensmuster senkt. Das wäre ja schön und wünschenswert. Für mehr Klack im Alltag – um es in den wunderbaren Worten von Maximilian Buddenbohm auszudrücken.

Damit beschließe ich meine Reflexion zu Sinn und Nutzen von Social Media für heute. Wenden wir uns noch einmal praktischeren Dingen zu:

2-Faktor-Authentifizierung
mit FreeOTP+ (F-Droid)

Ich kann noch von einem kleinen persönlichen Triumph berichten. Wie fange ich an? Hm.

Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben,
Wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.

Friedrich Schiller

Wilhelm Tell, 4. Aufzug, 3. Szene.

Leider gibt es Menschen, die selbst so wenig zu sagen haben, dass sie mutwillig das zerstören, was sich andere aufbauten. Mithin wird für unsereiner wichtig, das eigene Gut und die persönliche Identität in Digitalien zu schützen. Es wäre mir anders lieber, doch sind Dinge wie 2-Faktor-Authentifizierung im Internet unserer Tage notwendig.

Ich unternahm zahlreiche Anläufe, mir eine quell-offene Lösung einzurichten. Mangelnde IT-Kompetenz vor allem im Umgang mit Smartphone-Security führte jedoch dazu, dass ich verzweifelt aufgab. Ich verstand es einfach nicht (gut genug), um eine Auswahl treffen zu können und umzusetzen. Und so setzte ich lange auf SMS und E-Mail für die Identitätsprüfung.

Diese Woche hatte ich die Chance, André Jaenisch dazu zu fragen. Ich schätze André für seine Hacking-Ethik-Kompetenz und sein umfassendes Anwender-Wissen rund um Open Source. Bereitwillig und offen gab er mir Auskunft. Lass mich seine Empfehlung mit Dir teilen:

FreeOTP+ (Achtung: Das Plus ist wichtig.) Angeboten wird die App via F-Droid, dem Marktplatz für freie Open-Source-Apps für Android. Du kannst diesen App-Store parallel zum Play-Store installieren. Dabei solltest Du nur Acht geben, dass Du nicht versehentlich eine Applikation von beiden Marktplätzen in Betrieb nimmst. Das wird zu Problemen führen.

Für mich fühlte es sich zunächst an, als würde ich mutwillig eine Sicherheitslücke ins Smartphone einbauen. Zudem hatte ich große Sorge, mir mein Gerät zu zerschießen und damit unnutzbar zu machen. Während der Inbetriebnahme musste ich nämlich die Gerätesicherheit vorübergehend ausschalten, um “unbekannte Apps” zu installieren. Das war es, was mich lange davon abgehalten hatte. Ich brauchte den Stubbs von André. ¯\_(ツ)_/¯

Was für mich auf der Arbeitsstation (desktop) selbstverständlich und Routine ist, war für mich ein ganz anderes Kaliber auf dem Smartphone. Ich habe gelernt, Open Source einer großen Community mehr zu vertrauen als proprietärer Software. Jetzt wage ich es auch bei meinem Smartphone. Ja, ein kleiner persönlicher Triumph ist das schon.

Die Entscheidung, dieses Vertrauen zu teilen, kann ich Dir nicht abnehmen. Ich kann Dich nur ermutigen. Gemeinsam erobern wir uns unsere Souveränität und Unabhängigkeit von US-amerikanischen Tech-Konzernen zurück.

Memes, Bohnen & Klima-Aktivismus

Ende Oktober erschien “Das Klima-Buch” von Greta Thunberg. Gemeinsam mit mehr als hundert Wissenschaftler:innen – Expert:innen aus Geophysik, Mathematik, Ozeanographie, Meteorologie, Ökonomie, Psychologie und Philosophie – stellte sie ein Kompendium rund um Klimafolgenforschung zusammen. Ein wahrlich beeindruckendes Werk.

Um dafür zu werben, war sie zu zahlreichen Interviews und in Talk-Shows eingeladen. Nun bin ich überhaupt keine Freundin von Talk-Shows. Ich halte sie für vergeudete Lebenszeit. Und doch möchte ich Dir zum Abschluss meines Berichts aus der Werkstatt eine Folge “The Russell Howard Hour” ans Herz legen. Ich habe lange nicht so herzlich bei einem so ernsten Thema gelacht. Russel gelingt es mit seinem britischen Humor, eine Seite von Greta zum leuchten zu bringen, die ich seit ihrem Besuch bei Trevor Noah an ihr schätze: Ihre Schlagfertigkeit. So schön kann es sein, wenn man Menschen nimmt wie sie sind, ihnen Raum und Bühne gibt:

Zuguterletzt

Soweit für heute! Es war wieder viel zum draufrumdenken. Danke, dass Du mir bis hierher gefolgt bist. Möglicherweise der richtige Zeitpunkt, noch einmal zu überlegen, ob Du mich unterstützen magst. Jeder Beitrag zählt. Danke.

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Weitere Beiträge “Aus der Werkstatt” findest Du in der Komplettübersicht für alle Jahre.
Hier die neuesten:

Adieu Andreas

2024-02-08

Mein persönlicher Nachruf auf Natenom – lang-jähriger Freund, Weggefährte und Verbündeter im Bestreben, Fahrrad-Fahren in Deutschland sicherer zu machen. Welch Tragik in diesem Satz steckt. Doch von vorn…

Aus der Werkstatt [ KW51 ]

2023-12-22

Die Themen der Woche: Jahres-Endspurt mit Organisatorischem, Sortieren, Lochen, Scannen, Ablegen und Ausmisten. Strukturen und Prozesse für 2024 anlegen. Reflexionen zu meiner Informations-Sammel-Wut als Auftakt zur Besserung hinsichtlich der all-jährlichen Zettel-Wirtschaft. WandelMut: keine Neuigkeiten sind gute Neuigkeiten. Scientists For Future 2024: Ankündigung und Angebote zum Wissens- & Erfahrungsaustausch – inklusive Abwägen der Neuausrichtung unserer Rolle(n). Podcast-Liebe: Kreative Blockaden erkennen und auflösen – Analyse und Lösungsansätze. Zuguterletzt: Endlich ein neues zitatinte.

Aus der Werkstatt [ KW50 ]

2023-12-16

Die Themen der Woche: Keine drehenden Teller für mich: COVID-19 ist nicht vorbei – die gemeinschaftliche Fürsorge von Vulnerablen sowie Eigenschutz. REXlive am Lagerfeuer: REDAXO und Maschinen-Lernen. Mein Engagement für quell-offene Programme: GitHub ausgepackt. Verkehrssicherheit für Radfahrende: zum aktuellen Stand von OpenBikeSensor. PodcastLiebe: WandelMut beim Tagesspiegel, mediasres zu künstlicher Intelligenz. Rechtsanwälte sind die wahren Künstler:innen: konstruktiver Aktionismus vom Zentrum für politische Schönheit. Zuguterletzt: 199 kleine Held:innen.


Ausblick & Flurfunk

Meine Berichte aus der Werkstatt erscheinen unregelmäßig. Ich strebe an, alle ein, zwei Wochen von meiner Arbeit und dem, was mich beschäftigt, zu erzählen. Meine Erkenntnisse und Einsichten zu teilen.

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