Doppelte Ernte: AgriPV Veringenstadt

Agrar-Wirtschaft & erneuerbare Energie-Erzeugung (Photovoltaik)

veröffentlicht: 20.10.2025 · Franziska Köppe | madiko

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Hier geht es zum Start meiner Reportage: “Doppelte Ernte: AgriPV Veringenstadt”

Bio-Diversität

AgriPV adressiert zahlreiche Herausforderungen unserer Zeit:

  • Sichern einer gesunden Ernährung.
  • Auflösen der Konflikte unterschiedlicher Land-Nutzungs-Bedürfnisse.
  • Versorgen mit ausreichend Energie.
  • eine sozial faire Transformation unter aktiver Beteiligung der Bürger:innen.

All dies sprach ich bereits an. Und was ist mit der Natur? Wie gut lässt sich Arten-Vielfalt und das Zusammen-Leben der Arten mit einer AgriPV-Groß-Anlage in Einklang bringen?

Solar-Strom ohne Flächenfraß: Warum Dächer und Agri-PV die Zukunft sind

Aus Sicht des Natur-Schutzes sollten Solar-Anlagen vorrangig auf versiegelten oder bebauten Flächen errichtet werden – auf Dächern, über Verkehrs-Wegen, Park-Plätzen. Dadurch sinkt die Konkurrenz am stärksten. Aufgrund der räumlichen Nähe von Erzeugung und Verbrauch der Energie lassen sich ferner Kosten des notwendigen Netz-Ausbaus optimieren.

Siedlungen, Verkehr und Industrie nehmen heute 14,5% des Terrains ein. Leider nicht am Stück. Die Zersiedelung und Versiegelung schreitet erschreckend voran. Umso wichtiger also, dass nicht zusätzlicher Druck ins System kommt durch unseren Energie-Hunger.

Knapp die Hälfte der Flächen in Deutschland verwenden wir heute auf Agrar-Wirtschaft – für den Anbau von pflanzlichen Nahrungsmitteln (27%), für Futter-Pflanzen (57%), Energie-Pflanzen (12%) und industriell genutzte Pflanzen* (2%).** Daher macht es Sinn, in der Land- und Forst-Wirtschaft ebenso nach Lösungen zu suchen, die mit der Natur im Einklang sind.


[ * ] Gewinnen von Stärke und Öl, Arzei-Pflanzen, Weihnachtsbaum-Kulturen und so weiter.
[ ** ] Quelle: Statistisches Bundesamt 2019, Umwelt-Ökonomische Gesamtrechnung: Flächenbelegung von Ernährungsgütern 2010-2017 (aufbereitet vom Umwelt-Bundes-Amt, abgerufen 2025-10-07).

Im Vergleich zu Freiflächen-Anlagen, die knapp über dem Boden stehen, bieten hoch aufgeständerte Solar-Tische mehr Licht für die Pflanzen und spenden dann Schatten, wenn die Sonne vom Himmel bretzelt. AgriPV verändert Mikro-Klima und Wasser-Haushalt am Standort. Die 20-mm-Abstände zwischen den Modulen tragen dazu bei, dass sich Niederschläge homogener über der Fläche verteilen können. Über die Abtropf-Streifen sprach ich oben schon, wo die all-tägliche Bewegung der Tracker dafür sorgen, dass sich keine ungewünschten Rinnen an der Kante bilden.

AgriPV – die Kombination aus Landwirtschaft und Energie-Erzeugung. Bei schönstem Sonnen-Schein sind die Solar-Tische der Anlage zu sehen. Mit einer Fläche von 13,4 Hektar gehört sie zu einer der größten landwirtschaftlich genutzten Sonnen-Energie-Anlagen in Deutschland. Die bi-fazialen Tracker folgen von Ost nach West dem Verlauf der Sonne.  
 
Ort der Anlage: Veringenstadt / Baden-Württemberg / Deutschland. 
Aufnahme: 2025-09-20 (im Rahmen der Eröffnung). 
Betreiber: WPD in Kooperation mit Bio-Landwirt:innen vor Ort.. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

AgriPV Veringenstadt: Solar-Paneele
[ 2025-09-20 Franziska Köppe | madiko ]

Soweit zur Flora. Und die Fauna?

Feldlerchen und wie wir sie schützen können

Feldlerche (Vogel-Stimmen)
[ 2021-10-18 hmr video | 2'36" ]

Hast Du Dir den Moment Zeit genommen? ;-)

Feldlerchen (Alauda arvensis) sind außer-gewöhnliche Tiere. Ihr Liedchen trällern sie im Flug. Sie stehen bis zu 150 Meter über Feldern und Wiesen. Mit voller Leibeskraft tirilieren, schnattern und zirpen sie. Beim Ein- und Ausatmen setzen sie nicht ab. Ihre Arien können bis zu 15 Minuten andauern. So grenzen die Männchen ihr Revier ab und locken Weibchen an. Anschließend stürzt es sich fast senkrecht zu Boden – muss vermutlich erst einmal Puls beruhigen und Luft holen. Unten angekommen spaziert es geduckt durchs flache Gras ein paar Meter zum Nest. So trickst es Feinde aus.

Als Nest dient eine Mulde im Boden, die mit Pflanzen-Material ausgepolstert wird. Das Gelege besteht aus drei bis fünf hell-bräunlichen Eiern, die dunkel gefleckt sind. Ausschließlich das Weibchen brütet (11-12 Tage). Gefüttert werden die Jungen von beiden Eltern. Nach 7-11 Tagen verlassen sie das Nest, können mit ca. 15 Tagen fliegen und mit 19 Tagen selbst Futter suchen. Nach 30 Tagen sind sie selbständig. Mitte Juli / Anfang August folgt häufig eine zweite Brut. Während die mittel-europäischen Feldlerchen ab September bis November bevorzugt nach Süd-Frankreich und Spanien ziehen, um zu überwintern, verbleiben sie in West-Europa ganz-jährig.

Vor einem kräftigen Himmel-Blau tanzt, tiriliert, schnattert und zirpt eine Feldlerche (männlich). . Bild: cc Francesco Veronesi

Singflug der Feldlerche
[ 2011-05-19 Francesco Veronesi ]

Zu meinen Kinder-Tagen gab es unzählige Feldlerchen. Hinter unserem Haus sangen sie mit Amseln, Schwalben, Blaumeisen, Rotkehlchen und so weiter um die Wette. Seit den 1970er Jahren ist ihr Bestand in Deutschland jedoch um 55% gefallen. In manchen Regionen ging ihr Bestand gar zu 90% zurück. Sie zählen daher zu den gefährdeten Arten.

Feldlerchen bevorzugen offene Lebensräume mit abwechslungsreicher und lichter Vegetation. Von Bedeutung für eine Ansiedlung sind trockene bis wechsel-feuchte Böden mit kargem, niedrigem Gras oder Kräutern. Sie leben auf Agrar-Flächen, Wiesen, Heiden und in der Nähe von Brachen. Im Sommer stehen vor allem Insekten, Spinnen, Schnecken und Regen-Würmer auf ihrem Speiseplan. Im Winter fressen sie Samen von verschiedenen Getreide-Sorten, Gräsern und Kräutern.

Intensive Agrar-Landschaften lassen Feldlerchen keinen Platz. Das Winter-Getreide steht zur Brut-Zeit zu dicht. Der starke Einsatz von Dünge-Mitteln und Bioziden führt zu einer Verschlechterung der Brut-Habitate. Entfernen von Rand-Streifen und Saum-Biotopen sowie groß-flächige Mono-Kulturen verschlechtern die Lage weiter. Es mangelt an Krabbeltieren und Futter.

Auf einer Wiese sitzt eine Feldlerche. Sie hat Insekten in ihrem Schnabel.. Bild: cc David Iliff

Feldlerche mit Insekten in ihrem Schnabel
[ 2009-06-25 David Iliff ]

Dies ist ein großes Problem der aktuellen Bio-Diversitäts-Krise: Auch einst häufige Arten werden seltener und können ihre Öko-System-Dienstleistungen im Netzwerk der Bio-Sphäre nicht mehr verrichten, wodurch dieses immer instabiler wird. […]

Um dem entgegenzuwirken, legt man vielerorts so genannte Lerchen-Fenster an. Dies sind rund 20 Quadrat-Meter große, vegetations-freie Zonen auf landwirtschaftlichen Nutz-Flächen, die den Vögeln als Lande-, Brut- und Futter-Platz dienen sollen.

Im Schnitt werden zwei Lerchen-Fenster pro Hektar Ackerfläche mit Mindest-Abständen zu Feld-Rändern und Gehölzen angelegt, um Prädatoren fernzuhalten. Die restlichen Flächen können weiterhin normal bewirtschaftet werden, und der Ernte-Ausfall durch diese Maßnahme ist mit etwa fünf Euro pro Fenster äußerst gering.

Dominik Eulberg

Spektrum

Quelle: Frühjahrsbotin im Sinkflug (publiziert: 2025-05-19, abgerufen: 2025-10-05)

Negative Auswirkungen haben außerdem eine zunehmende Versiegelung, Verbauung und Entwässerung. Zu direkten Verlusten führt ein Zertreten der Gelege infolge intensiver Weide-Wirtschaft sowie eine z.T. intensive Verfolgung in den Durchzugs- und Überwinterungs-Gebieten. Zu den natürlichen Gefährdungs-Ursachen gehören Extrem-Wetter-Ereignisse sowie eine Zunahme der Prädation (Bauer et al. 2012). Die Feldlerche wird auf der Artenliste des nationalen Artenhilfsprogramms des BfN als vom Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffene Art geführt.

Christopher König

Bundesamt für Naturschutz

Quelle: Alauda arvensis – Feldlerche” (Arten-Portraits via BFN, abgerufen 2025-10-05)

Wie können wir Feldlerchen also in AgriPV-Anlagen schützen?

Dr. Hartmut Brösamle, wpd GmbH

Bei den Vor-Untersuchungen zum Genehmigungs-Verfahren wurden auf der Fläche des Solar-Parks Feldlerchen gefunden. Wir haben deshalb im Rahmen der Bau-Maßnahmen außerhalb des Solar-Parks über 2,5 Hektar an Ausgleichs-Fläche angelegt.

Die ersten Ergebnisse des Monitorings aus diesem Jahr zeigen erfreulicherweise, dass diese Areale sehr gut angenommen werden. Witzigerweise zeigen unsere Beobachtungen jedoch auch, dass sich Feldlerchen nicht an die Fach-Literatur halten. Entgegen der Meinung der Biolog:innen leben sie innerhalb des Solar-Parks munter weiter.

Dr. Hartmut Brösamle

wpd GmbH

Quelle: Rede anlässlich der Einweihung am 2025-09-20

[ Foto: Franziska Köppe | madiko ]

Christoph weist mich ferner auf die Blüh-Streifen unter den Solar-Tischen hin. Auch sie sollen verschiedenen Arten – Insekten wie Vögeln und anderen Tieren – als Nahrungs-Quelle, Unterschlupf und Biotop dienen.

AgriPV – die Kombination aus Landwirtschaft und Energie-Erzeugung. Bei schönstem Sonnen-Schein sind die Solar-Tische der Anlage zu sehen. Unter den Solar-Tischen sind Blüh-Streifen angelegt.
 
Ort der Anlage: Veringenstadt / Baden-Württemberg / Deutschland. 
Aufnahme: 2025-09-20 (im Rahmen der Eröffnung). 
Betreiber: WPD in Kooperation mit Bio-Landwirt:innen vor Ort.. Bild: cc Franziska Köppe | madiko

AgriPV Veringenstadt: Solar-Paneele mit Blüh-Streifen
[ 2025-09-20 Franziska Köppe | madiko ]

Wer noch mehr über diesen wunderbaren Vogel erfahren möchte, dem seien diese Beiträge ans Herz gelegt:

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