Doppelte Ernte: AgriPV Veringenstadt
Agrar-Wirtschaft & erneuerbare Energie-Erzeugung (Photovoltaik)
veröffentlicht: 20.10.2025 · Franziska Köppe | madiko
Wie alles begann
Meine Faszination für AgriPV wurde von Dr. Christoph Glawe letztes Jahr geweckt. Im April hatten wir zusammen die WandelMut ImpulsZeit zum Thema organisiert. Seinerzeit hatte Christoph uns beigebracht, wie eine Technik-Folgen-Abschätzung für land-wirtschaftliche Betriebe wissenschaftlich angelegt wird.
Dr. Christoph Glawe (Portrait)
[ 2025-09-20 Franziska Köppe | madiko ]
Seither hielt ich Ausschau nach einer Gelegenheit, eine Anlage vor Ort und in Farbe zu besuchen. Bärbel Winkler machte mich vor einigen Wochen auf einen Ausflug des NABU Fellbach aufmerksam. Der Zufall wollte es, dass die Gruppe ein Kraftwerk besuchte, das von Christoph verantwortet wird. Perfekt! Ich meldete mich an und erhielt innerhalb weniger Stunden eine Zusage.
Auf der Fahrt nach Veringenstadt hatte ich das Glück, neben Tilmann Wied zu sitzen. Tilmann ist ein Kollege von Christoph und verantwortet bei wpd Wind-Energie-Projekte. Wir unterhielten uns über seine Arbeit und was ihn antreibt. Ich mag Gespräche, bei denen beim Gegenüber die Augen funkeln. Tilmann ist offen, sachkundig und ehrlich. Während wir über die Landstraße kurven und sich vor uns die Wälder, Felder und Wiesen der Schwäbischen Alb ausbreiten, erfahre ich viel über seine Vorhaben. wpd bauen weltweit Energie-Anlagen. Es gibt Unterschiede zwischen Photovoltaik- und Wind-Energie-Anlagen, indes teilen die Projektierer gewisse Herausforderungen. Gemeinsam erkundeten wir die zentralen Punkte:
Das geeignete Grundstück finden
In Deutschland und insbesondere in Baden-Württemberg ist die erste Hürde, geeignete Grundstücke zu finden. Idealerweise liegt die Fläche weder morgens noch abends im Schatten eines Berges oder von Bauwerken. Eine Süd-Ausrichtung ist nützlich – jedoch nicht so wichtig, wie ich ursprünglich angenommen hatte. Hilfreich ist ferner, wenn das Land großflächig und eben ist, was groß-formatige Module erlaubt und natürlich dazu beiträgt, dass die Anlage sich nicht selbst in der Sonne steht.
Neben dem Sonnen-Potenzial gilt es, Umwelt-Schutz-Auflagen zu beachten. Ich komme auf das Thema Bio-Diversität und Schonung von (Bio-)Böden zurück. Schließlich stellt sich die Frage, welche Form von AgriPV die geeignete Partnerin für die jeweilige agrar-wirtschaftliche Nutzung ist. Auch dazu später mehr.
Parzellen in BaWü sind ein Flecken-Teppich. Böden liegen zumeist in der Hand zahlreicher Eigentümer:innen. Diese wiederum verpachten ihre Grundstücke an Bäuerinnen und Bauern. Während der Norden von weit-räumigen Anbau-Flächen profitiert, sind die Größen landwirtschaftlicher Betriebe im Süden unserer Republik oft klein-teilig und verstreut. Sie alle müssen recherchiert, angesprochen und überzeugt werden.
Bildschirm-Foto der Karte zu den Größen landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland
[ abgerufen am 2025-10-05
Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) ]
Anschluss ans Verteil-Netz
Als nächstes braucht es am Standort grünes Licht vom Verteil-Netz-Betreiber – auch das nicht immer ein leichtes Unterfangen. Sie sind verantwortlich für eine stabile Versorgung mit Strom. Photovoltaik indes unterliegt starken Schwankungen. Das muss ausgeglichen werden und ist für Netz-Betreiber aktuell noch eine enorme Herausforderung. Es führt zu weit, das hier im Detail zu erklären. Dazu zwei Hör-Tipps:
Wie wird Deutschland klimaneutral?
Wolf-Peter Schill (DIW) spricht mit Prof. Dr. Gunnar Luderer vom Potsdam-Institut für Klima-Folgen-Forschung und Prof. Dr. Tom Brown von der TU Berlin über die Schlüssel-Technologien der Energie-Wende, eine bessere Strom-Netz-Planung und die Aufteilung der Strom-Preis-Zonen. Ferner stellen sie die neuen ARIADNE-Szenarien für ein klima-neutrales Deutschland bis 2045 vor. Es wird wenig überraschen, dass es kosten-günstiger ist, in die Energie-Wende zu investieren als mit den Folgen der Klima-Krise umzugehen. Sie haben die Zahlen dazu.
Podcast "fossilfrei", Folge 32
2025-05-23
Was steckt hinter dem Solar-Boom?
In Folge 23 von Fossilfrei beschäftigen sich Alexander Roth und Wolf-Peter Schill (beide DIW) ausführlich mit Photovoltaik. Unter anderem analysieren sie die Herausforderungen für Verteil-Netz-Betreiber und wie dynamische Preise und gezielte Förderungen zu einem für uns als Gesellschaft besseren Angebot führen könnten. Du erfährst jedoch noch viel mehr über die verschiedenen Konzepte und den aktuellen Stand des Ausbaus, System-Integration und Versorgungs-Sicherheit.
Podcast "fossilfrei", Folge 23
2024-08-22
Genehmigung durch die Gemeinde
Sind die Partner:innen gewonnen und entsprechende Verträge geschlossen, muss die Gruppe im Gemeinde-Rat überzeugen. Immerhin sind die Genehmigungs-Verfahren von der “Ampel-Regierung” entbürokratisiert und dadurch beschleunigt worden. Tilmann kann das aus eigener Erfahrung bestätigen und ich sehe ihm die Erleichterung darüber an.
Vier-einhalb Jahre von der ersten Unterschrift bis zur Inbetriebnahme
Der Presse-Info zur Eröffnung entnehme ich, dass wpd im August 2021 die ersten Nutzungs-Verträge mit den Land-Eigner:innen in Veringenstadt unterzeichnete. Im September 2022 entschloss sich die Gemeinde für das Aufstellen der AgriPV-Anlage. Im Mai 2023 gingen die Partner:innen erstmals an die Öffentlichkeit und beteiligten Bürgerinnen und Bürger. Im April 2024 erfolgte der Satzungsbeschluss des Plans zur Bebauung.
Im Oktober 2024 erteilte die Kommune die Bau-Genehmigung und noch im selben Monat richtete wpd die Baustelle ein. Mit Lieferung der Übergabe-Station und Transformatoren im November 2024 startete wpd das Errichten. Ein halbes Jahr später, im April 2025, schlossen sie den Bau ab und nahmen die AgriPV-Anlage in Betrieb. Insgesamt also grob vier Jahre fürs Projekt – plus die Vorarbeiten bei wpd. Christoph erzählte mir, dass das zirka ein halbes Jahr war.
Dass das alles so geschmeidig voran ging, hat zu einem gewissen Anteil mit den positiven Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger mit großen Energie-Wende-Projekten zu tun. Da wäre zum Beispiel das “Bio-Energie-Dorf Veringendorf”, das seit 2016 rund 70 Gebäude (Wohn-, Gewerbe- und kommunale Gebäude) mit Wärme versorgt.
Der überwiegende Teil der Wärme wird als Abwärme durch die örtliche Bio-Gas-Anlage bereitgestellt. Für Spitzen-Last und Notfälle steht in der Ortsmitte eine kleine Heiz-Zentrale mit einem Öl-Kessel bereit.
Bürger:innen-Service Veringenstadt
Quelle: “Bio-Energie-Dorf Veringendorf”, abgerufen 2025-10-04.
Indes, als wir auf die Gemeinde zufuhren, war es das Wind-Rad, das aus dem Wald hervorragte und uns von weitem in Veringenstadt begrüßte.
Zum nächsten Kapitel
“Die ideale Kombination: Wind & Sonne”
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